Die Kreatur
kleinen Vögelchen von der Stromleitung purzeln.«
Während Michael diese Worte sprach, kam, weniger als eine Minute nachdem er das Telefongespräch mit Deucalion beendet hatte, der Riese durch den Flur im Erdgeschoss und betrat die Pfarrhausküche. Carson hatte sich schon so sehr an das unerklärliche Auftauchen und das mysteriöse Verschwinden des Kerls gewöhnt, dass die Desert Eagle, die sie mit beiden Händen hielt, keinen Millimeter ruckte und weiterhin unbeirrt auf die Brust des Geistlichen gerichtet blieb.
»Was – hast du mich etwa von der Veranda aus angerufen?«, fragte Michael.
Deucalion mit seiner riesigen, Furcht einflößenden Gestalt und dem tätowierten Gesicht nickte Lulana und Evangeline zu und sagte: »›Gott hat uns nicht Furcht, sondern Kraft und Liebe und einen gesunden Verstand gegeben.‹«
»Timotheus«, sagte Lulana erschüttert, »Kapitel eins, Vers sieben.«
»Ich mag zwar vielleicht aussehen wie ein Teufel«, sagte Deucalion zu den Schwestern, um sie zu beruhigen, »aber falls ich jemals einer war, dann bin ich es nicht mehr.«
»Der Kerl ist in Ordnung«, beteuerte ihnen Michael. »Ich kenne zwar keinen Bibelspruch für diese Gelegenheit, aber ich garantiere euch, dass er einer von den Guten ist.«
Deucalion setzte sich an den Tisch. Er nahm auf dem Stuhl Platz, auf dem Lulana noch vor kurzem gesessen hatte. »Guten Abend, Pastor Laffite.«
Die Augen des Geistlichen waren glasig gewesen, als hätte er durch den Schleier zwischen dieser Welt und einer anderen gestarrt. Jetzt richtete er seinen Blick auf Deucalion.
»Ich habe Timotheus eins, Vers sieben, nicht erkannt«, sagte Laffite. »Immer mehr fällt aus meinem Programm heraus. Ich bin dabei, meine Identität zu verlieren. Nenn mir noch eine andere Bibelstelle.«
Deucalion zitierte: »›Siehe, er ist stolzgeschwellt. Seine Werke sind nichts. Seine geschmolzenen Bilder sind Wind und Verwirrung.‹«
»Die kenne ich nicht«, sagte der Geistliche.
»Jesaja«, sagte Evangeline, »aber er hat ihn ein bisschen verdreht. «
Laffite sagte zu Deucalion: »Du hast einen Vers gewählt, der … Helios beschreibt.«
»Ja.«
Carson fragte sich, ob sie und Michael ihre Waffen jetzt senken konnten. Sie entschied, wenn das ratsam wäre, hätte Deucalion es ihnen bereits zu verstehen gegeben. Daher ließ sie in ihrer Wachsamkeit nicht nach.
»Wie kannst du etwas von Helios wissen?«, fragte Laffite.
»Ich war sein Erster. Primitiv, an euren Maßstäben gemessen. «
»Aber deine Programmierung ist noch nicht zusammengebrochen. «
»Ich habe in dem Sinne überhaupt keine Programmierung. Oder jedenfalls nicht das, was du dir darunter vorstellst.«
Laffite erschauerte heftig und schloss die Augen. »Gerade eben ist wieder etwas verloren gegangen. Was war das bloß?«
Seine Augen unter den Lidern bewegten sich von neuem hastig auf und ab und von einer Seite zur anderen.
»Ich kann dir das geben, was du dir am meisten wünschst«, sagte Deucalion zu ihm.
»Ich glaube … ja … ich habe gerade die Fähigkeit verloren, mein Schmerzempfinden abzustellen.«
»Fürchte dich nicht. Ich werde dir keine Schmerzen zufügen. Aber eines will ich dafür von dir haben.«
Laffite sagte kein Wort.
»Du hast seinen Namen genannt«, sagte Deucalion, »und du hast auch auf andere Weise gezeigt, dass deine Programmierung dich nicht mehr am Reden hindern kann. Also sage mir … wo du geboren wurdest und wo er seine Werke vollbringt. «
Laffite sprach mit schwerer Zunge, als würde sein IQ rasch sinken, während er sagte: »Ich bin ein Kind der Barmherzigkeit . In der Barmherzigkeit geboren und in der Barmherzigkeit aufgewachsen.«
»Was hat das zu bedeuten?«, drängte ihn Deucalion.
»Die Hände der Barmherzigkeit «, sagte Laffite. »Die Hände der Barmherzigkeit und die Höllentanks.«
»Das ist ein altes katholisches Krankenhaus«, fiel Carson ein. »Die Hände der Barmherzigkeit .«
»Es ist geschlossen worden, als ich noch ein kleiner Junge war«, sagte Michael. »Heute wird es anders genutzt, als Lagerhaus. Sie haben alle Fenster zugemauert.«
»Ich könnte euch jetzt alle töten«, sagte Laffite, doch er schlug die Augen nicht auf. »Früher wollte ich euch alle töten. Ich habe es mir ja so sehr gewünscht, so sehr.«
Lulana fing an, leise zu weinen, und Evangeline sagte: »Nimm meine Hand, Schwester, und halte sie fest.«
Deucalion sagte zu Carson: »Führt die Damen hinaus. Bringt sie jetzt nach Hause.«
»Einer von uns
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