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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Felsen und spürte nach dem Atem ihres Sohnes. Behutsam legte sie ihre Wange an seinen kleinen Kopf und schloss die Augen. „Herr Gott, ich danke dir“, betete sie in Gedanken. „Du bist der Herr über alles Leben. Bis hierher hast du mich gebracht, durch alle Gefahren und Nöte. Herr Gott, bitte beschütze mich und das Kind. Bitte, mein Gott, bitte lass es leben, segne und behüte es. Segne und behüte Roderichs Sohn!“
    Ursula suchte ihren Wasserschlauch. Sein Gewicht prüfend hob sie ihn an. Um zu trinken, musste sie das Kind ablegen. Ganz sanft bettete sie es neben sich, setzte sich auf und nahm einige kräftige Züge Wasser. Sie spürte ihre Erschöpfung. Ihr Kleid war nassgeschwitzt, und es fröstelte sie. Vorsichtig rutschte sie etwas vom Felsen weg, nahm das kleine Bündel zu sich, hielt es umschlungen und bettete auf der Seite liegend ihren Kopf auf ihren Oberarm. Ihr Sohn schlief, und auch ihr schloss die Erschöpfung die Augen.

Belgrad,
6. Juli 1096
    Heiß und drückend zog sich der Tag in die Länge. Ursula und Hilde hatten so gut wie nichts zu tun. Die Männer hingegen waren damit beschäftigt, die Flöße neu zu ordnen, Seile zu überprüfen und Verbindungen zu verstärken.
    „Das Eiserne Tor“, erklärte ihnen Jobst, „ist wie die schmale Öffnung eines Gatters. Wenn die Schafe alle da hinaus wollen, drängen sie sich davor und kommen erst nicht weiter, doch wenn sie bis zur Öffnung gelangen, geht alles ganz schnell. So wird der Fluss in den nächsten Tagen, je näher wir der Schlucht kommen, immer langsamer werden. Das Tor ist der Weg, den sich die Donau durch ein Gebirge gesucht hat. Sie schießt zwischen den Felswänden hindurch, und abgesehen von den Wänden zu beiden Seiten gibt es im Wasser Felsen und Untiefen, die uns durchaus gefährlich werden könnten. Deshalb verstärken wir die Seile und bereiten alles vor. Die losen Baumstämme werden wir sich selbst überlassen, zuerst wird das vordere Floß durchfahren. Dann werden wir das Holz in die Schlucht treiben, und das erste Floß wird die Stämme auf der anderen Seite in Empfang nehmen und versammeln. Dann, nach etwas Warten, wird das zweite Floß durch das Tor fahren. Wenn alles gut geht, werden wir uns dann jenseits der Berge wieder zusammenbinden und weiterfahren. Es wird gut sein, wenn ihr bis spätestens morgen Abend all eure Sachen gut verstaut und sicher mit Schnüren und Seilen befestigt habt“, riet der Flößer den Frauen noch.
    Ursula und Hilde, die jede Tätigkeit willkommen hießen, die ihnen etwas die Zeit vertrieb, begannen sogleich, ihre Habe zu ordnen und neu zu verpacken. Sie verstauten alles fest im Kasten ihres Karren.
    Am Nachmittag kamen die anderen aus der Stadt zurück. Peter erzählte aufgeregt davon, wie Gilg es verstanden hatte, mit den Stadtoberen zu verhandeln. Er erzählte auch von der großen Zerstörung in der Stadt und den vielen Toten, die er gesehen hatte. Bertram trat auf Hilde zu und reichte ihr einen Schlauch und ein Huhn. „Wein und frisches Fleisch“, sagte er schlicht, und Hilde grinste ihn fröhlich an.
    Den Wein legte sie beiseite, dem Huhn drehte sie den Hals um und machte sich gleich daran, es zu schlachten. In einem Kessel brachte sie Wasser zum Kochen, und nachdem sie das Huhn ein paar Mal hineingetaucht hatte, ließen sich die Federn des Tieres ganz leicht ausreißen. Den nackten Vogel schnitt sie auf, entfernte die Innereien und sortierte die Organe aus, die sie noch gebrauchen wollte. Dann gab sie das Fleisch, Leber, Herz und den gereinigten Magen in frisches Wasser und stellte den Kessel auf das Feuer. Ursula ging ihr zur Hand. Mit etwas Wurzelgemüse und frischen Zwiebeln kochten sie eine gute Suppe. Ursula bereitete Fladenbrot, und zusammen mit verdünntem Wein kam ihnen das Abendbrot wie ein kleines Festmahl vor. Bertram lobt Hilde für die Suppe und meinte mit einem Augenzwinkern: „Diese Suppe war es wert genug, dich mitzunehmen. Was für einen Gewinn wir doch zusätzlich haben, da du für diese Gelegenheit auch noch vierzehn Kreutzer berappst.“
    „Ja, eine Menge Geld“, erwiderte Hilde, „da wir noch nicht einmal wissen, ob deine Eigenschaften als Flößer groß genug sind, uns auf die andere Seite des Eisernen Tors zu bringen.“
    Am nächsten Tag durften die anderen Männer in die Stadt. Bertram, Peter, Kilian und Lentz führten die Vorbereitungen für die Weiterfahrt fort. Sie bauten sogar die Zelte ab und bedeckten mit den Planen ihre Sachen. Hilde und Ursula taten es

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