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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Ursulas. „Nein, Ursula, wir werden Wege finden, wie wir zurechtkommen. Schau, wo gekämpft wird, gibt es Wunden, die können wir versorgen und dafür etwas verlangen. Und wenn uns ein Ritter gefällt, können wir ihm für ein paar Münzen oder Beutegut zu Gefallen sein. Verlier nicht den Mut, sondern denke an das, was dich zur Wallfahrt trieb.“
    „Ja, du hast recht. Wir werden nach Jerusalem gehen, Verzeihung all unserer Sünden erlangen und ein neues Leben beginnen. Wir haben mit dem Kreuz ein Gelübde abgelegt, wenn wir umkehren, wären wir verloren.“
    „Lass uns schlafen gehen, Ursula. Die trüben Gedanken bringen uns nicht weiter.“
    Hilde schob die Glut des Feuers zusammen. Ursula stand auf, und beide begaben sich in ihr Zelt, wo sie sich gleich auf die Strohsäcke niederließen. Noch lange kreisten Ursulas Gedanken um all die Ungewissheit, die vor ihnen lag.

Vor den Toren Arqas,
15. April 1099
    Mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, presste Ursula das Kind im Geburtskanal vorwärts. Nach Luft schnappend bereitete sie sich auf die folgende Wehe vor, stemmte sich gegen den Fels in ihrem Rücken und drückte mit beiden Händen auf ihren Bauch. Sie biss die Zähne zusammen, dass es knirschte, und dann, mit dem anschwellenden Schmerz, legte sie all ihre Verzweiflung in die Kontraktion ihrer Muskeln. Auf einmal schienen der Schmerz, das Brennen und Ziehen sich aufzulösen. Ursula langte zwischen ihre Beine und ertastete ihr Kind. Vorsichtig hob sie es auf. Sie konnte kaum etwas sehen. Ihre Finger glitten über den kleinen, zitternden Leib. Sie ertastete die Nabelschnur, folgte ihr mit einer Hand, gelangte so zum Hals des Kindes. Der Schlauch hatte sich um seinen Hals geschlungen. Ursula löste diese Schlinge und nahm das Kind fester in den Arm. Sie lauschte, aber das Neugeborene gab keinen Laut von sich. Vorsichtig wischte Ursula mit ihrer Schürze über das kleine Gesicht. Dann ertastete sie Mund und Nase. Sie öffnete behutsam mit einem Finger das Mündlein. Dann legte sie ihren Mund über die winzige Nase und saugte vorsichtig. Als sie sich sicher war, dass die Atemwege frei waren, pustete sie das Gesicht des kleinen Menschleins an. Ein winziges Zusammenzucken des Babys war zu spüren, ein schwaches Quäken und dann ein ängstliches Schreien, unterbrochen von heftigem Luftholen. „Es lebt! Gott sei Dank, es lebt“, schoss es durch Ursulas Kopf, und auf der Stelle vergaß sie all ihre Not und Einsamkeit. Rasch nahm sie das zitternde Bündel und wollte es schon in ihr Tuch wickeln, da erinnerte sie sich an die Nabelschnur. Sie legte das Kind in ihren Schoß, tastete nach den dünnen Lederriemen und dann nach der Verbindung, die sich zwischen ihrem Unterleib und dem Bauch des Kindes wand. Zwei Fingerbreit über dem Bauch des Kindes schnürte sie den Riemen um die Nabelschnur und zog so kräftig, wie sie konnte, den Knoten zu. Mit dem zweiten Riemen wiederholte sie das Ganze etwas oberhalb des ersten Knotens. Dann fingerte sie nach ihrem Messer und durchtrennte die Nabelschnur zwischen den Knoten. Das Kind schrie die ganze Zeit. Ursula nahm es wieder in den Arm, wischte mit der Schürze den ganzen Körper des Säuglings ab. Als sie zwischen dessen Beine fuhr, entdeckte sie, dass sie gerade einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Eine Welle des Glücks rauschte durch ihr Gemüt. „Einen Sohn, oh wie schön, ein Sohn. Wie wird Roderich sich freuen!“ Sie wickelte den Säugling sorgfältig in ihr Tuch und presste das Bündel an ihre Brust. Die Schreie verebbten. Ein sanftes Schnaufen war zu hören, und Ursula hielt ihren Sohn still und warm umschlungen.
    Ein Ziehen in ihrem Unterleib erinnerte sie daran, dass noch nicht alles vorbei war. Ihr Leib zog sich erneut zusammen, und Ursula griff mit einer Hand nach der Nabelschnur, die aus ihrem Schoß heraushing. Vorsichtig wickelte sie sich das Ende um die Hand, und bei der nächsten Kontraktion ihres Leibes zog sie sanft daran. Sie spürte in sich so etwas wie einen kleinen Riss, und da gab die Schnur ihrem Ziehen nach, und ihr Inneres klatschte zwischen ihre Beine auf den Rock. Ursula faltete ihre Schürze zusammen und legte sich die längliche Binde zwischen die Beine. Kurz hob sie ihren Hintern und schob den Stoff unter sich, anschließend legte sie die Binde über ihre Scham und stopfte sie unterm Kleid hinter ihren Gürtel. Den blutigen Rest ihrer Leibesfrucht griff sie und warf ihn ein Stück weit von sich weg. Erschöpft sank sie zurück an den

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