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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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wieder schien es Ursula, als hätte sich da etwas ganz von selbst gerührt. Die alte Frau nahm ihre Hand, ergriff die Schale und zog Ursula hinter sich her durch den Raum und einen Flur. Dahinter öffnete sich ein kleiner Innenhof, der vom Sonnenlicht erleuchtet war. Neben einem kleinen, runden, reich verzierten Tisch standen zwei Hocker. Die Alte forderte Ursula auf, sich zu setzen, und stellte die Schale auf den Tisch. Ursula war, als wäre das Knäuel nun grüner als zuvor. Sie saß da und beobachtete weiter. Währenddessen verschwand die alte Frau wieder im Haus und kam mit einer Kanne und zwei Bechern zurück. Sie goss Ursula etwas in den einen Becher und bediente sich dann selber. Ursula nahm einen Schluck und schmeckte. Es war ein erfrischender Sud aus Kräutern, nur war er nicht warm, sondern angenehm kühl. Sie strahlte und nickte, um der Frau zu zeigen, dass es ihr schmeckte. Dann saßen sie beide still nebeneinander und beobachteten das pflanzliche Knäuel in der Schale. Ursula merkte, sie hatte sich nicht getäuscht. Ganz langsam wurde das Knäuel grüner und breitete nach und nach seine Zweiglein aus. Es war ein Wunder. Mit hellem Lachen quittierte die Frau Ursulas Staunen. Dann deutete sie mit ihrem gekrümmten Zeigefinger auf das rote Stoffkreuz auf Ursulas Brust. „Christos“, sagte sie.
    „Ja, ich bin Christin“, antwortete Ursula.
    „Franken?“, fragte die Alte.
    Ursula nickte, sie kam zwar nicht aus dem Frankenland, aber es war doch grob die Richtung, aus der sie stammte. Die Alte schüttelte betrübt den Kopf. Ursula verstand nicht. Da ertönte auf einmal eine Männerstimme aus dem Hausflur, und im nächsten Moment stand ein Soldat im Innenhof. Ursula erschrak etwas, sie war sich nicht sicher, ob sie hier sein durfte. Der Soldat sprach die alte Frau an, und diese antwortete ihm ebenso unverständlich für Ursula.
    „Meine Großmutter sagt, du kennst die Kräuter“, sagte der Soldat plötzlich in der Sprache, die Ursula kannte. „Sie hat dich eingeladen, aber sie fragt sich jetzt, ob du etwas mit den Franken zu tun hast.“
    „Nein!“, antwortete Ursula entschieden und spontan. „Nein und ja. Auch ich gehöre zu der Pilgerschaft, aber ich bin keine Fränkin.“
    „Die Ritter und Leute dessen, den ihr den Einsiedler nennt, haben viel Leid in die Stadt gebracht. Sie haben gestohlen und gebrandschatzt. Meine Großmutter will sicher sein, dass du nicht zu diesen schlechten Menschen gehörst.“
    „Nein, ich habe damit nichts zu tun. Ich will nur nach Jerusalem zur Verzeihung meiner Sünden“, beteuerte Ursula.
    Der Soldat übersetzte, was sie gesagt hatte, der Alten, und diese nickte offensichtlich beruhigt. Sie sagte etwas zu dem Soldaten und schaute Ursula fragend an.
    Der Soldat zeigte auf den Tisch. „Das ist die Rose von Jericho“, erklärte er. „Diese Pflanze übersteht lange Zeiten der Trockenheit, und sobald sie Wasser bekommt, erblüht sie wieder.“ Ursula sah auf die Schale, das Knäuel hatte sich mittlerweile entfaltet und begann immer grüner zu werden.
    „Aus dieser Pflanze kann man eine Kraft für Frauen gewinnen“, ließ die Alte den Soldaten übersetzen.
    Jetzt ergriff Ursula die Initiative. „Sagst du ihr bitte, dass ich mich für ihre Gastfreundschaft bedanke. Ich heiße Ursula und ich habe auch schon viel über Kräuter gelernt.“
    Der Soldat übersetzte. Seine Großmutter lächelte, deutete auf sich selber und sagte langsam, damit ihr junger Gast verstehen konnte: „Ich, Kyrilla.“ Dann deutete sie auf den Soldaten: „Straton.“
    Ursula verstand und nickte eifrig. Sie hob nochmal ihren Becher und sagte: „Danke, Kyrilla.“
    Die Alte lachte und redete dann wieder in ihrer eigenen Sprache auf Straton ein.
    „Meine Großmutter lädt dich ein, ihr Gast zu sein. Sie möchte sich mit dir über die Kräuter austauschen und etwas mehr von deiner Sprache lernen. Sie lädt dich ein, hier bei ihr zu wohnen.“
    Ursula staunte. „Ich habe vor der Mauer noch eine Gefährtin, die ich nicht alleine lassen kann“, gab sie zu verstehen.
    Straton übersetzte, und Kyrilla schüttelte antwortend den Kopf.
    „Du kannst sie mitbringen. Das Haus ist groß. Meine Großmutter lebt hier alleine und sie freut sich darauf, Gäste deiner Art zu haben.“
    Ursula war völlig verdattert, in einem Anflug von Rührung und Freude sprang sie von ihrem Hocker und umarmte Kyrilla. Die alte Frau lachte wieder hell auf. „Gut, gut, Ursula“, sagte sie. „Du hier kommen, ja?“
    Ursula

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