Die Kreuzfahrerin
und Ursula taten es den anderen gleich und krochen unter die Wagen. Die Pfeilwolken schienen von allen Seiten zu kommen, doch aus der Ferne im hohen Bogen geschossen hatten sie nicht allzu große Durchschlagskraft, und die Schilde der Soldaten fingen viele Geschosse ab. Die Staubwolke, die Ursula gesehen hatte, war nun viel näher, und aus ihr lösten sich nun Unmengen von Reitern. Sie stürmten heran, hielten kurz inne, um einen Pfeil vom Bogen schnellen zu lassen, und waren schon wieder außer Reichweite für die Bogenschützen der Normannen. In immer neuen Wellen ritten die Seldschuken auf ihren kleinen wendigen Pferden heran und ließen hunderte von Pfeilen auf die Umzingelten herniederprasseln. In der Ferne hinter dem Sturm der Reiter konnte Ursula immer wieder das Aufblitzen von Waffen und Rüstungen wahrnehmen. Da warteten wohl die restlichen Truppen des Sultans. Einige Ritter versuchten dem Feind nachzujagen, wurden aber von den wendigen Reitern in die Zange genommen und von beiden Seiten im Pfeilhagel niedergestreckt. Die Ritter waren mittlerweile alle abgesessen. Knappen rannten mit den Reisepferden zu den anderen Tieren, während andere die Kampfrösser sattelten. Die Ritter hatten mit Schilden und Lanzen einen Schutzwall gegen die feindlichen Reiter rund um den gesamten Heerzug aufgebaut. Offensichtlich ließen es die Seldschuken nicht auf einen Nahkampf ankommen. Ein Ritter kam an den Wagen, unter dem Ursula und Hilde Schutz gesucht hatten. „Ihr da!“, brüllte er sie an. „Wir müssen so lange wie möglich standhalten. Füllt Schläuche mit Wasser und Wein. Wenn ich euch ein Zeichen gebe, kommt ihr nach vorne und bringt sie den Kriegern. Auf dem Rückweg könnt ihr Verwundete mitnehmen und sie verbinden.“ Wieder sirrten Pfeile durch die Luft, und der Ritter konnte gerade noch rechtzeitig sein Schild hochreißen. Dumpf schlug der Pfeil dagegen, und das Holz des Schildes splitterte. Bedrohlich ragte die Spitze aus der Rückseite des Schildes heraus. Die folgende Pause im Beschuss nutzte der Ritter, um wieder nach vorne zu eilen. Ursula und Hilde gaben sich Mühe, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Ursula krabbelte unter dem Wagen hervor und fragte den Nächstbesten, wo das Wasser der Ritter sei. „In den Fässern auf dem Wagen“, rief ihr jemand zu. Auf dem gemeinten Wagen kauerte bereits ein Knappe und holte leere Schläuche zwischen den Fässern hervor. Gemeinsam mit ihm füllte Ursula einen Schlauch nach dem anderen und reichte ihn Hilde unter dem Wagen. Immer wieder mussten sie sich ducken. Hilde rief: „Ursula, komm! Wir sollen jetzt das Wasser bringen.“ Ursula hängte sich so viele Wasserschläuche wie möglich um. Sie warteten eine Pfeilwolke ab, und kaum hatten die Geschosse eingeschlagen, rannten sie los. Auf halber Strecke lag ein Mann mit einem Pfeil in der Brust reglos neben seinem Schild. Ursula griff ihn sich und hielt ihn über sich selbst und Hilde. Sie rannten, bis sie gegen die hinterste Reihe der Ritter stießen. Man reichte die Schläuche durch die Reihen, und die Frauen warteten voller Angst, bis die geleerten Behälter zurückkamen. Zwei Verletzte wurden ihnen anvertraut. Der eine hatte einen Pfeil im Oberschenkel stecken. Der andere blutete heftig aus einer klaffenden Wunde an seiner Schläfe. Beide konnten noch ganz gut laufen und hatten einen Schild. Sie duckten sich zu viert unter die beiden Schilde und traten den Rückweg an. Ursula kam es wie eine Ewigkeit vor, bis sie sich wieder im Schutze des Wagens befanden. Hilde kümmerte sich bereits um den Mann mit der Wunde am Kopf. Ursula reichte die leeren Schläuche zum Füllen auf den Wagen und kniete sich dann neben den Mann mit dem Pfeil im Bein. „Da kannst du nichts machen.“ Der Mann schüttelte den Kopf. „Den muss der Bader rausschneiden.“ Ursula sah sich das Bein genauer an. Der Pfeil war nicht in der Mitte des Schenkels eingedrungen, sondern etwas seitlich davon. Vorsichtig tastete Ursula den Muskel ab. Dann bewegte sie vorsichtig den Pfeilschaft ein kleines bisschen. Der Mann schrie auf. „Bist du noch bei Trost?“ Ursula sah ihm fest in die Augen. „Der Pfeil hat deine Knochen verfehlt. Er steckt zu tief, um ihn rauszuziehen. Aber wir können ihn durchstoßen.“ Die Augen des Mannes weiteten sich. Ursula rief den Knappen vom Wagen zur Hilfe. „Halt ihn fest“, befahl sie und wunderte sich über ihren eigen Ton. Sie nahm ihr Messer und hielt dem Ritter den Griff hin. „Hier, beiß darauf.“ Als
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