Die Kreuzfahrerin
Krieger, als sie wieder aus dem Zelt kamen.
„Warnin ist mein Name. Und ihr?“
„Ich bin Ursula, und das ist meine Freundin Hilde.“
„Jetzt kommt“, Warnin war sichtlich ungeduldig, „die anderen werden uns alles wegtrinken, wenn wir uns nicht bald die eigenen Becher füllen lassen.“
Hilde und Ursula folgten dem humpelnden Hünen zwischen den Zelten hindurch. Schon von weitem konnten sie den Schein eines großen Feuers sehen und die grölenden Stimmen der Männer hören. Zu den Männerstimmen gesellte sich allerdings ein Klang, den Ursula bereits einmal gehört hatte. Als sie auf den Platz traten, waren sie anfangs fast geblendet vom Schein der hochauflodernden Flammen. Um das Feuer herum saßen und standen etliche Normannen, die lauthals miteinander redeten und sich immer wieder zuprosteten. Etwas seitlich standen zwei Männer, der eine blies auf einer Sackpfeife, und der andere schlug dazu eine Trommel, die fast so groß war wie ein Wagenrad. Es war ein schmaler Rahmen, bespannt mit einer Tierhaut, und ihr Besitzer verstand es, indem er mit den Fingern an unterschiedliche Stellen schlug, dem Instrument ganz unterschiedliche Töne zu entlocken. Der Gesang der Sackpfeife war schrill und gewöhnungsbedürftig. Wild reihten sich die Töne aneinander. Nicht weniger wild tanzten drei Frauen zu der Musik. Sie drehten sich unerlässlich mit erhobenen Armen und verstanden es gut, sich immer wieder den zulangenden Griffen der Männer zu entziehen. Warnin führte Ursula und Hilde zu einem Platz am Feuer. Er deutete ihnen an, sich zu setzen, und besorgte ihnen zwei Becher mit Wein. Interessiert schauten die anderen Männer auf die Neuankömmlinge.
„Warnin, was bringst du uns da? Willst du die beiden mit uns teilen, oder ist dir ein Weib nicht genug?“, rief einer seinem humpelnden Kameraden zu.
Die Musik hatte aufgehört, die Tänzerinnen ließen sich zwischen die Männer fallen, und unter Lachen und Johlen wichen sie nun nicht mehr den grabschenden Händen der Männer aus.
Warnin stand neben Ursula und gab den Feiernden Auskunft: „Das sind Hilde und Ursula. Sie“, und er deutete auf Ursula, „hat mir den Pfeil aus meinem Bein entfernt. Sie hat Kräuter und Salben und vermag zu heilen. Sie hat mein Bein versorgt und verbunden. Ich habe kaum noch Schmerzen.“
Auf diese Worte hin sprangen gleich mehr als eine Handvoll Krieger auf, zogen an ihrer Kleidung und entblößten geschundene Haut und andere Verletzungen. „Hier, das tut gar weh“, rief einer, und wie kleine Kinder riefen die übrigen: „Meins auch, bei mir ebenso.“
Ursula hob abwehrend die Hände. Hilde konnte mit der Situation besser umgehen. „Einer nach dem anderen. Aber heute Nacht nicht mehr. Kommt morgen zu unserem Zelt, und Ursula wird sich um eure Plagen kümmern. Aber vergesst nicht, von Dankesworten allein werden wir nicht satt. Ihr könnt uns Essen bringen und Wein, aber auch Münzen sind uns willkommen. Nun aber lasst uns den heutigen Sieg und die reiche Beute feiern“, rief sie und erhob lachend ihren Becher. Die Männer grölten, und die Musik setzte wieder ein. Ursula nahm einen kräftigen Schluck aus ihrem Becher. Sie war das Trinken von Wein nicht gewohnt, doch es schmeckte ihr, und sie spürte, wie sich in ihr eine wohlige Wärme ausbreitete. Sie hätte große Lust gehabt, ebenso wie die Tänzerinnen zur Musik um das Feuer zu hüpfen, aber sie traute sich nicht. Der Mann, der neben ihr saß, hielt ihr seinen Becher zum Anstoßen hin. „Ich bin Fulk, von wo kommt ihr, ich habe euch im Tross nie gesehen? Dein Haar trägst du wie eine Griechin, dein Kleid ist das einer Bäuerin und die Worte deiner Begleiterin sind die einer Händlerin.“
„Wir kommen von Regensburg“, gab Ursula knapp zur Antwort und stieß den Becher des Normannen an.
„Regensburg? Wo ist das?“
Ursula wusste nicht, wie sie es dem Mann erklären sollte. „Im Norden, am Fluss Donau.“ Fulk schien noch immer nicht zu verstehen, aber es schien ihm auch nicht so wichtig.
Eine weitere Gruppe Männer kam zum Feuer. Ursula sah Jocelin und Ailwin unter ihnen. Beide schienen unverletzt. Hilde war bereits aufgesprungen, und auch Ursula hieß die Freunde nun willkommen. Die Weinbecher wurden gefüllt, und jeder der Männer war begierig darauf, von seinem ganz persönlichen Kampf zu berichten. Voller Stolz wurden ergatterte Schmuckstücke, Waffen, aber auch die blutverschmierten Haupthaare, die vom Schädel der Erschlagenen samt Haut abgeschnitten worden
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