Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
Vom Netzwerk:
waren, als Trophäen vorgezeigt.

Auf dem Weitermarsch,
3. Juli 1097
    Die Freude über den Sieg und die reiche Beute währte allerdings nicht lange. Die Herren gönnten den Heeren nur eine kurze Pause, dann bliesen die Hörner zum Aufbruch. Man hatte beschlossen, so lange es die Ebene ermöglichte, alle Truppen zusammenzuhalten. In drei mächtigen Zügen bewegten sich die Wallfahrer nebeneinander her. Außerdem waren Kundschafter und Späher ausgeschickt worden. Sie begleiteten den Zug rechts und links hoch auf den Bergrücken des Umlandes.
    Bereits am ersten Tag des Weitermarsches tauchte Roderich, hoch zu Ross, neben Ursula und Hilde auf. Anfangs ritt er einfach nur neben ihnen her, um ab und an einen Blick Ursulas aufzufangen. Er erzählte den Frauen, wohin sie marschierten, wie weit es noch bis zum Lagerplatz sei und was er sonst noch so aufgeschnappt hatte. Seine Bemühungen schienen Ursula zu gefallen. Er reichte ihr vom Pferd herab sein Wasser und machte sich einen Spaß daraus, Ursula nasszuspritzen. Sein Lachen klang Ursula angenehm in den Ohren. Nicht lange, und Roderich tauchte jeden Tag auf. Er brachte einen von Bogenschützen erlegten Hasen, oder er stieg ab und begleitete Ursula zu Fuß.
    „Passt auf eure Vorräte auf“, riet er eines Tages. „Ganz besonders auf die Wasservorräte. Wir haben seit über einer Woche keinen Brunnen oder Bach gefunden, der nicht durch Tierkadaver vergiftet worden ist. Die Seldschuken ziehen vor uns her und sorgen dafür, dass wir weder zu essen noch zu trinken finden.“
    „Danke für den Rat, Herr Roderich“, meldete sich Hilde mit hochrotem Kopf, „aber wie soll man in dieser Mittagsglut weniger trinken? Dies ist ein verfluchtes Land, mittags glaubt man zu verbrennen, und in der Nacht holt man sich Frostbeulen.“
    Roderich lachte nicht, er wusste, dass die Lage kritisch werden könnte. Die Sommerhitze machte nicht nur Hilde zu schaffen. Die meisten Ritter und auch das Fußvolk hatten sich ihrer Panzer und Kettenhemden entledigt, die Pferde durften nur stundenweise bestiegen werden, damit sie unter der Last in der prallen Sonne nicht noch mehr getränkt werden mussten.
    „Wir müssen durchhalten bis Ikonion“, erklärte Roderich Ursula, „dort gibt es Christen, und spätestens dort werden wir frisches Wasser und auch Getreide für Mensch und Tier bekommen.“
    Ursula war die Gegenwart des Ritters angenehm. Roderich hatte etwas von Hildes Humor, war gleichzeitig ernst und sehr hilfsbereit, und seine Blicke, wenn er ihr seinen Wasserschlauch reichte, durchfuhren sie nach wie vor in warmen Schüben. An manchem Abend, den sie zwischen den Normannen verbrachten, hätte sie ihn gerne neben sich gehabt. Sie wusste aber noch nicht einmal, wo sein Zelt stand.
    „Ursula“, wollte Hilde dann eines Abends wissen, „wie lange soll das noch gehen?“
    „Was?“
    „Dass du Roderich neben dir her marschieren lässt, ohne ihm auch nur eine Chance zu geben. Frag ihn, ob er abends an unser Feuer kommen mag oder ob du bei seinem Zelt willkommen bist. So geht das nicht weiter. Er guckt sich die Augen aus dem Kopf, und du stolperst so vor dich hin. Du magst ihn doch, oder?“
    „Ja, aber wir sind doch immer bei unseren normannischen Freunden.“
    „Und?“
    „Sie werden enttäuscht sein, wenn ich nicht mehr komme, und vielleicht geben sie dann auch dir nichts mehr ab.“
    „Was redest du für dummes Zeug. Ich kann ganz gut selbst für mich sorgen, und den Normannen bist du schon lange keine unterhaltsame Gesellschafterin mehr, da du immer nur sehnsuchtsvoll in die Flammen starrst.“
    „Mein Gott, merkt man mir das an?“ Ursula errötete.
    „Ja, natürlich, was glaubst du, weswegen Ailwin es nicht mehr bei dir versucht, hä?“
    „Ich werde mir etwas überlegen“, sagte Ursula darauf. „Du hast recht, es geht so nicht weiter. Nun lass uns aber schlafen.“
    Sie schloss die Augen und schmiedete einen kleinen Plan.

Auf dem Weg nach Ikonion,
12. Juli 1097
    Auch am nächsten Tag tauchte Roderich wieder an ihrer Seite auf. Er stieg vom Pferd und ging neben ihr her. Sie waren etwa eine Stunde schweigend nebeneinander her geschritten, da stolperte Ursula. Roderich war flink und griff ihr unter die Arme, um den vermeintlichen Sturz zu verhindern.
    „Hast du dich verletzt?“, fragte er besorgt.
    „Nein, danke, ich glaube nicht“, antwortete Ursula, täuschte aber bei den ersten Schritten ein leichtes Humpeln vor. Hilde musste ihr breites Grinsen verbergen. Roderich ergriff

Weitere Kostenlose Bücher