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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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ihrem Zelt der Last entledigen konnte. So gesehen hatten sie reiche Beute gemacht. Der Normanne, dem sie den Haarschopf wieder angenäht hatte, lag mit verbundenem Kopf noch immer im Gras. Ursula sah nach ihm. Als sie erkannte, dass er noch atmete, ließ sie ihn dort einfach liegen. Viel wichtiger war ihr ein anderer Krieger. Roderich lag noch immer fest schlafend auf ihrem Strohsack. Sie setzte sich zu ihm und strich eine von Blut gefärbte Haarsträhne aus seinem Gesicht. Langsam öffnete Roderich die Augen und versuchte ein Lächeln. Als er sich aufsetzte, entwich ihm ein Stöhnen. „Ah, mir tut jeder einzelne Knochen weh.“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er auf. „Ursula, hilf mir, ich muss das Teil loswerden“, bettelte er. Ursula, half ihm, den Panzer aus tausenden kleinen Metallringen auszuziehen. Darunter hatte Roderich einen Lederschurz und ein gefüttertes Wams. Als er sich des letzten Kleidungsstücks entledigt hatte, entfuhr Ursula ein Laut des Erschreckens. Der Oberkörper ihres Geliebten war von mehreren blutunterlaufenen Flecken gezeichnet. Ursula holte ihren Tiegel mit der Salbe. Bei weiteren Untersuchungen entdeckte sie eine große Beule an Roderichs Kopf. Als sie diese betastete, zeigte ihr Roderich seinen Helm. Eine große Delle zeugte vom Schlag eines Morgensterns, der ihn aber offenbar nur gestreift hatte. Hätte ihn die eisendornenbewehrte Waffe voll getroffen, wäre er mit großer Sicherheit auf dem Feld geblieben. Tränen stiegen in Ursula auf. Er hatte großes Glück gehabt. Sanft drückte sie den Kopf des Sitzenden gegen ihren Leib und versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken.
    Je höher die Sonne stieg, desto unerträglicher war der Gestank, der vom Feld zu den Zelten herüberwehte. Die Luft hoch über ihnen war erfüllt von allerlei Vögeln. Schon hatte man begonnen, Gruben auszuheben und die Leichen der gefallenen Bekreuzigten hineinzuwerfen. Roderich musste zu seinem Trupp. Lange würden sie hier nicht lagern. Er wollte herausbekommen, wie es weiterging.

Hinter Herakleia,
2. September 1097
    Schon nach wenigen Tagen geriet der Heereszug erneut ins Stocken. Am Horizont vor ihnen türmte sich ein Gebirge auf. Kundschafter wurden ausgesandt und ortskundige Soldaten von Byzanz befragt. Wie Roderich den Frauen berichtete, war unter den Fürsten ein Streit entbrannt, wie man weiterziehen solle. Einige Normannen um Tankred wollten die Passstraße, die direkt über die Berge führte, nehmen. Graf Balduin von Boulogne vermutete dahinter Vorteile, die sich die Normannen schaffen wollten. Der Rat der Ortskundigen lautete, das Gebirge nördlich zu umgehen und sich dann auf der Rückseite der Berge wieder nach Süden zu wenden. Zum einen gab es eine breite Handelsstraße auf diesem Weg, und zum anderen war das Gebiet dort von nach wie vor treuen Anhängern Byzanz’ besiedelt.
    Nur über das Ziel war man sich einig. Die nächste zu erobernde Stadt war Antiochia.
    „Auch wenn der Weg um das Gebirge herum wesentlich länger ist“, erklärte Roderich den Frauen, „wird es besser sein, ohne weitere Kampfhandlungen vorwärtszukommen. Der Sommer ist so gut wie vorbei, und in Gebieten ohne Feinde kann das Heer besser versorgt werden.“
    „Und der kürzere Weg?“, wollte Hilde wissen.
    „Der kürzere Weg ist, sagen die Kundschafter, steil und schmal. Er könnte leicht von viel kleineren Truppen der Feinde beherrscht werden. Außerdem führt er in eine fruchtbare Ebene, die von den Turkmenen besetzt ist. Tankred und seine Wilden werden dort auf viel Gegenwehr stoßen.“
    Ungeduldig wartete das ganze Heerlager auf die Entscheidung der Fürsten.
    Sie fiel noch am gleichen Tag. Tankred, der Neffe Bohemunds, Balduin von Bourcq und Balduin von Boulogne ließen sich nicht von ihren eigenen Plänen abbringen. Also war die Trennung der Heere beschlossen worden. Alle anderen begaben sich auf die Handelsstraße nach Kaisareia.
    Als sie weiterzogen, setzte der erste Regen ein, und je näher sie dem Gebirge kamen, desto unwirtlicher wurde das Wetter. Bereits nach wenigen Tagen versank der ganze Tross im Morast des aufgeweichten Bodens. Das Vorankommen wurde immer beschwerlicher. Nicht nur, dass die Wagen alle immer wieder mit vereinten Kräften durch Schlammlöcher geschoben werden mussten, die Kleidung jedes Einzelnen war bis auf die Haut durchnässt. Die Preise für jede Art von Fett schnellten in die Höhe, und so mancher machte mit einem Tiegel ranzigen Talgs das Geschäft seines Lebens. Jede Art von

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