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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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wie er zu ihr stand. Würde er sie freien? Würde der Bauer einer Vermählung zustimmen? Mit einem Seufzer ließ sie von den Gedanken ab, erhob sich und trat an das Feuer. Aus dem Eintopf hatte es leicht zu dampfen begonnen. Ursula nahm einen großen Holzlöffel und rührte die dicke Suppe aus Wurzelgemüse, Zwiebeln und Schweineknochen um. Sie hielt ihr Gesicht über den Kesselrand und sog den Dampf durch die Nase ein. Der Geruch ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen, zugleich bemerkte sie aber auch, dass es nicht wirklich gut roch. Etwas muffig, abgestanden und alt. Sie überlegte, mit etwas Thymian und frischem Grün von den Zwiebeln im Garten würde es sicherlich besser. Getrockneten Thymian hatte sie ganz in ihrer Nähe. Den Zwiebellauch müsste sie aus dem Garten holen. Kurzentschlossen verließ sie das Haus. Der Hof wurde nach wie vor durch die Fackel erhellt, doch jenseits des Scheins war es bereits wirklich dunkel geworden. Ursula hinderte die Nacht nicht. Den Weg in den Garten und den Standort der einzelnen Gewächse kannte sie gut, nur wie sie im Dunkel einzelne Lauchhalme zupfen sollte, fragte sie sich jetzt. Sie ging zu der Fackel, nein, die musste sie stecken lassen, wo sie war, aber vielleicht konnte sie einen einzelnen Kienspan daraus lösen. Der würde völlig ausreichen, um zwischen den Zwiebeln die beste Halme herauszufinden. Sie hielt die Fackel mit einer Hand in ihrer Verankerung, und mit der anderen Hand prüfte sie einen Span nach dem anderen, um einen lockersitzenden zu finden.
    „Was machst du da?“, blaffte Ludgers Stimme über den Hof. Ursula schrak zusammen, ließ von der Fackel ab und drehte sich um. Offensichtlich wütend schritt Ludger eilig auf sie zu. „Lass die Finger von dem Licht!“
    „Aber ich wollte doch nur …“
    „Du lässt die Fackel wie sie ist, sag ich. Widersprich mir nicht!“ Ludgers Augen funkelten zornig und zugleich herausfordernd. Ursula spürte instinktiv, dass es sinnlos wäre, es jetzt auf eine Machtprobe ankommen zu lassen. Doch ganz klein beigeben konnte sie auch nicht.
    „Dann gibt es eben keinen frischen Lauch in der Suppe“, entfuhr es ihr schnippisch, und erhobenen Hauptes schritt sie an Ludger vorbei zurück zum Haus.
    „Hol dir gefälligst einen Span vom Holzschober, wenn du ein Licht brauchst“, rief Ludger ihr herrisch nach. Und als Ursula nicht reagierte: „Los, wird’s bald! Geh, hol einen Span und besorg das Kraut für das Essen!“
    Ursula fühlte sich auf einmal wieder ganz klein. Sie senkte den Kopf und trottete zum Schuppen. Im Dunkeln tastete sie sich zum Bündel neben dem Hackstock und fingerte sich einen Span heraus. Mit hängendem Kopf überquerte sie von Ludger beobachtet den Hof, schlüpfte ins Haus und entzündete das harzgetränkte Stück Holz am Herdfeuer. Mit diesem Licht trat sie aus dem Haus und bog gleich zum Garten ab. Als sie mit einer Handvoll Zwiebellauch zurückkehrte, war Ludger nicht mehr zu sehen. Ursula ärgerte sich. Warum nur machte er das immer wieder? Er war heute so sanft mit ihr gewesen, und nun ließ er wieder den Herrn heraus. Der Drang, mit ihm zu reden, Klarheit zu gewinnen, wuchs in ihr weiter an. Sie trat ins Haus. Arnulf saß am Tisch, die Ellenbogen aufgestützt, den Kopf mit beiden Händen stützend. Er schien müde zu sein, gleichzeitig merkte man ihm aber auch die Ungeduld an. Hatte er nur Hunger, oder wartete er gespannt auf die Rückkehr der Marktgänger?
    Ursula zupfte den Lauch in den Kessel und rührte die brodelnde Suppe noch einmal um. Dann zog sie den Kessel von den Flammen, so dass das Feuer noch nah genug war, um die Speise warmzuhalten. Sie setzte sich zu Arnulf. Beide saßen sie schweigend da, starrten vor sich hin und lauschten auf die Geräusche um sich herum, aber besonders auf jeden Laut, der durch die offene Tür von draußen zu ihnen drang. Sie hörten das Schnauben des Viehs im Stall, das Knistern der Fackel und endlich, nachdem Arnulf bereits mehrfach die Augen zugefallen waren, das unwillige Maulen eines Ochsen, das Knarren der Wagenräder und den Ruf des Bauern: „He da! Ludger, Arnulf, auf, kommt, packt an!“
    Arnulf sprang auf und wischte hinaus, und auch Ursula erhob sich, rührte die Suppe schnell noch einmal um und trat dann auch aus dem Haus. Im Schein der Fackel hatte das Gefährt haltgemacht. Ludger war bereits dabei, gemeinsam mit dem Knecht den Ochsen auszuspannen. Arnulf half seinem Vater, verschiedene Säcke vom Wagen zu laden, und Ute, die dazwischen

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