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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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irgendwelche Regeln des Schlachtens hatten sie den massigen Körper wohl in gerade noch tragbare Stücke geteilt und sich mit der Beute davongemacht. Ludger gewann als erster die Fassung wieder und forderte Arnulf auf, mit ihm die anderen Rinder zu suchen und zusammenzutreiben. Der Bauer nickte, lief mit den Jungen mit, und die Frauen blieben zurück. Ursula machte ein paar Schritte zur Seite, als sie etwas weiteres entdeckte. Es zog sich alles in ihr zusammen, und sie musste sich sofort übergeben. Nahe bei den Gedärmen lag eine Art blutiger Sack. Das Gewebe war aufgeplatzt, und zwischen Blut und Haut sah Ursula etwas, das aussah wie ein Kalb, nur viel kleiner und ohne Fell. Ingrid war auf die sich übergebende Magd aufmerksam geworden und trat hinzu.
    „Gott im Himmel!“, entfuhr es ihr und sie bekreuzigte sich. Der Bauer, der Knecht und die Jungen kamen die Weide herauf mit den restlichen Rindern, die sich nur schwer in die Richtung des Gemetzels treiben ließen. Mit kurzen Befehlen schickte der Bauer Ludger und den Knecht, die Kühe gleich zum Hof zu führen. Dann befahl er Arnulf, so schnell wie möglich nach den Schweinen zu schauen und gleich zurückzukommen und zu berichten. Ursula herrschte er an, warum sie nicht auf dem Hof bei den Mädchen sei, und als seine Frau ihn auf den Fund Ursulas aufmerksam machte, begann er erneut zu fluchen, wie es noch keiner vom Hof vernommen hatte.
    Als schließlich alle verstört im Haus um den Tisch saßen, versuchte der Bauer das Geschehene in Worte zu fassen. „Es ist ein Unglück, aber wir haben auch großes Glück gehabt. Es müssen dumme, sehr hungrige Leute gewesen sein. Denn wären sie schlau gewesen, hätten sie Liesel erschlagen und alle Kühe weggetrieben.“
    Liesel erschrak, fing an zu weinen und suchte Schutz bei ihrer Mutter. Der Bauer fuhr fort: „Es hat uns aber schwer getroffen. Diese Teufel haben sich eine Kuh genommen. Somit haben wir weniger Milch und haben zudem auch noch ein Kalb verloren. Das Fleisch wird uns im nächsten Jahr fehlen, und außerdem werden wir lange keine neue Kuh bekommen können, es sei denn, die eine, die uns geblieben ist, bringt nächstes Jahr ein weibliches Kalb. Doch dann dauert es wenigstens ein weiteres Jahr, bevor dieses Kalb selbst weit genug ist zu kalben und Milch zu geben.
    Ludger, du solltest gleich aufbrechen und den Nachbarn alarmieren, und der soll es dann weitersenden, um alle zu warnen. Wir müssen jetzt auf der Hut sein.“ Und ohne Vorrede oder wenigstens eine kleine Andeutung wechselte er das Thema: „Ursula!“ Scharf sprach er ihren Namen aus. „Kennst du die Fremden?“
    Ursula schaute den Hausherrn verwundert und erschrocken an. „Nein, nein woher? Ich bin niemandem begegnet.“
    „Lüg nicht!“, brüllte der Bauer „Die Frau sagt, du bist in der Hoffnung. Ist das wahr?“
    Ludger, der gerade das Haus verlassen wollte, stand für einen Moment wie zu Stein erstarrt, dann riss er sich sichtlich zusammen und verschwand schnell durch die Tür. Ursula hätte ihn gerne zurückgerufen, aber da herrschte sie der Bauer an: „Sprich! Ist das wahr?“
    Ursula nickte.
    „Ich hab es geahnt!“, rief nun die Bäuerin aus.
    „Von wem ist das Kind?“, bohrte der Bauer weiter. „Mit wem triffst du dich?“
    „Ich hab es gewusst“, zeterte Ingrid erneut. „Das kommt davon, dass du sie immer hast alleine sich im Wald herumtreiben lassen. Kräuter suchen, dass ich nicht lache. Das Miststück hat ganz andere Wurzeln gesucht.“
    Ursula war wie vor den Kopf geschlagen. Sie brachte keinen Ton hervor. Woher kam dieser plötzliche Hass der Bäuerin?
    Matthes wurde ungeduldig. „Antworte! Hast du die Fremden zu uns geholt?“
    „Nein!“, schrie Ursula in ihrer Verzweiflung zurück. „Ich kenne keine Fremden. Nur Ludger habe ich im Wald getroffen.“
    „Was?“ Jetzt war der Bauer sprachlos.
    „Ludger, nur Ludger, ich will doch seine Braut werden.“ Ursula kämpfte mit den Tränen.
    Ingrids Erregung wurde noch stärker und gab so den inneren Antrieb des Hasses der Bäuerin preis. „Das könnte dir so passen. Bäuerin willst du werden und glaubst, du könntest uns irgendeinen Balg dazu unterschieben und behaupten, er sei von unserem Sohn! Nein, niemals! Ludger hat was Besseres verdient.“
    Matthes schwieg und schien nachzudenken. Ursula nutzte die Stille, um einen flehentlichen, hilfesuchenden Blick an Ute, ihre Vertraute zu schicken, doch diese, so wie auch der Knecht, saß einfach nur mit gesenktem Haupt da.

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