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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Flusses sah sie Hunderte von Feuern brennen, und auf den Zeltplanen dazwischen zeichneten sich tausendfach Schatten von sich regenden Menschen ab. Jetzt sah das alles friedlich aus, doch Ursula wusste um die Schrecken, die diese Leute mit sich herumtrugen. Zweifel machten sich in ihr breit. Aber da war noch immer die Aussicht auf ihr Seelenheil, Vergebung aller Sünden und eventuell etwas Wohlstand. Was aber war der Preis dafür? Sie blickte das Ufer aufwärts und wieder hinab. Was waren das für Leute da drüben? Warum waren die unterwegs? Warum haben sie das Kreuz genommen? Sie erinnerte sich an das grausame, blutrünstige Gesicht des Mannes, wie er nach dem Mord an der jüdischen Familie auf sie zukam. Jude? Was heißt das? Waren Maria und Josef und auch das Jesuskind nicht auch Juden? Ja natürlich, sie wusste es aus den Erzählungen, es waren die Pharisäer und Schriftgelehrten, es waren Juden, die gerufen haben: „Ans Kreuz mit ihm!“ Aber es waren doch nicht die Menschen in dieser Stadt. „Zieht ins Heilige Land und bekämpft die Feinde Gottes.“ Wer sind die Feinde Gottes? Sicher die Völker, die die heiligen Stätten schänden und den Christen Übles tun. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie denken sollte. Sie fand sich selbst so schlecht und sündig. Wenn Gott all die Sünden von ihr nehmen würde! Aber was könnte sie tun? Nach Jerusalem pilgern? War dieser lange Weg nötig? War eine solche Pilgerschaft der Preis für den Einzug in das Himmelreich? Sie riss sich von ihren Gedanken los und kehrte zurück in das Fischerhaus.
    Hilde saß mit dem alten Jakob am Tisch, und ihrer Miene war deutlich anzusehen, sie war noch immer verärgert und nicht davon überzeugt, dass die Fahrt mit den Flößern eine gute Entscheidung sein könnte. Ursula setzte sich dazu, und aus einer inneren Regung heraus fasste sie all ihre eigenen Gedanken und Zweifel zusammen in eine Idee: „Hilde, lass uns morgen doch rübergehen und mit den Leuten reden. Vielleicht finden wir jemanden, dem wir uns gerne anschließen.“
    Hilde nickte. „Ja, vielleicht hast du recht. Ich weiß heute eh nicht mehr, wofür ich mich entscheiden soll.“
    „Ich kann euch über den Fluss bringen“, schaltete der Fischer sich ein. „Die Brücke wird auch morgen unpassierbar sein.“
    „Gut“, sagte Hilde und streckte sich. „Aber jetzt will ich erst einmal schlafen. Ich fühle mich, als hätte ich eine ganze Woche nicht geruht.“
    Sie stand auf. „Komm Ursula, wir wollen uns drüben in der Scheune ein Lager richten.“ Und zu Jakob sagte sie versöhnlich: „Jakob, nimm mir meine Launen nicht übel. Ich weiß, du willst uns helfen, und ich danke dir dafür.“
    In der Scheune legten sich Hilde und Ursula gleich neben ihrer Karre in das Heu. Beiden fiel es schwer, nach all dem, was geschehen war, gleich in den Schlaf zu fallen. Da waren zu viele Gedanken, Erinnerungen und Ängste vor dem, was kommen mochte. Schließlich siegte die Müdigkeit aber doch.

Regensburg,
5. Mai 1096
    Als Ursula am nächsten Morgen erwachte, war Hilde schon aufgestanden. Ursula brauchte etwas, um sich zu orientieren, dann stand sie auf und ging hinüber in das Haus des Fischers. Wider Erwarten war Hilde nicht dort. Auch Jakob war nicht da, nur seine Frau stand am Herdfeuer und begrüßte Ursula freundlich. „Guten Morgen, setz dich, ich habe gerade Fisch gebraten. Komm, iss etwas. Jakob ist unten bei seinem Kahn, und Hilde ist in die Stadt gegangen, um Erkundungen einzuholen. Du kannst dir also getrost Zeit lassen.“
    Ursula dankte der guten Frau und kostete von dem Fisch. Es schmeckte ihr sehr gut Als sie fertig war, wurde ihr allerdings die Zeit lang. Sie bedankte sich für das Essen, stand auf und ging zum Flussufer hinunter. Dort entdeckte sie Jakob, der Netze und Schnüre richtete.
    „Jakob, ich grüße dich“, sprach sie den beschäftigten Fischer an, der ihr Kommen gar nicht bemerkt hatte.
    „Sei gegrüßt, Ursula. Soll ich dich gleich übersetzen?“
    „Eigentlich wollte ich mit Hilde zusammen gehen, aber sie ist in der Stadt.“
    „Ich weiß, das kann dauern. Und ich glaube, sie war nicht besonders erpicht darauf, hinüberzufahren“, meinte Jakob.
    Ursula entschied sich spontan, ohne die Freundin ihre Erkundungen zu machen.
    „Dann fahr ich alleine“, gab sie Bescheid und half dem Fischer, seinen Kahn ins Wasser zu schieben. Diesmal ruderte nur Jakob, und Ursula saß ihm gegenüber auf einem Brett am Ende des Bootes.
    „Willst du auf mich

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