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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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Papst Ablass von allen Sünden. Wenn ich seine Krieger bei Laune halte, wird es Gott ein Leichtes sein, aus einer Hure wie mir eine geachtete Frau zu machen.“
    Die anderen lachten laut, und Ursula eilte rasch weiter.
    „Hast du ein Stück Brot?“, sprach sie plötzlich ein Knabe an. Er mochte etwas älter sein als Arnulf, war hochgewachsen, kräftig gebaut, doch seine eingefallenen Wangen ließen Ursula vermuten, dass er schon des längeren nur wenig zu Essen hatte. Ursula hob ihre leeren Hände. „Nein, ich habe nichts bei mir.“ Als der Junge darauf kehrtmachte, tat er Ursula leid. „Warte!“, rief sie ihm nach. „Komm mit, vielleicht kann ich dir einen Fisch geben.“ Der Junge drehte sich um. „Einen Fisch?“, fragte er ungläubig.
    „Ja, ich kenne einen Fischer, und zu dem wollte ich gerade gehen. Vielleicht hat er was gefangen und gibt mir etwas.“
    Der Junge schien interessiert und schloss sich Ursula an.
    „Gehst du alleine nach Jerusalem?“, wollte Ursula von ihm wissen.
    „Nein, meine ganze Familie ist auf dem Weg.“
    „Wo kommt ihr her?“
    „Aus dem Frankenland. Doch dort gab es nichts mehr zu essen. Das letzte Jahr war schlecht, und unsere Herren forderten immer mehr von uns, da sie in Fehde mit ihren Nachbarn lagen. Die Soldaten des Nachbarn haben dann unseren Hof angezündet, und nun haben wir gar nichts mehr“, gab der Junge bereitwillig Auskunft. Und bevor Ursula ihn etwas fragen konnte, fuhr er fort: „Dann kam ein Mönch in das Dorf und erzählte uns von dem Auftrag an alle Christenmenschen und dass wir alles, was wir auf dem Weg nach Jerusalem erbeuten, unser Eigen nennen dürfen. Wir sind sofort losgezogen, und mit Gottes Hilfe werden wir reich im Morgenland.“ Die Augen des Jungen strahlten bei seiner Rede so hoffnungsvoll, dass Ursula ihm nicht widersprechen mochte.
    „Vor zwei Wochen waren wir in einem Dorf, und als man uns verjagen wollte, haben wir alle erschlagen. Da haben wir einiges zu essen gehabt, das ist aber seit vier Tagen verbraucht. In dem Dorf gab es auch einen Schmied, und nun habe ich sogar ein eigenes Schwert“, fuhr der Knabe fort, und Ursula bemerkte die Waffe, die der Junge am Gürtel trug und deren Griff er beständig nach unten drückte, damit die blanke Spitze des Schwertes nicht über den Boden kratzte.
    Am Ufer angekommen, sah sie Jakob nicht weit vom Ufer in seinem Kahn. Sie rief ihn, und er kam auch gleich zu ihr gerudert.
    „Jakob, na, hast du etwas gefangen?“, begrüßte Ursula den Fischer.
    „Ja, ich hatte Glück“, gab dieser zur Antwort, fragte aber gleich misstrauisch nach Ursulas Begleiter. „Und wer ist der da?“
    „Einer, der mit seiner Familie auf Pilgerfahrt ist“, antwortete Ursula. „Jakob, sie haben nichts zu essen, kannst du einen deiner Fische entbehren?“
    „Ich schenke dir einen, Ursula“, erwiderte der Fischer und hob einen zappelnden, silbrig glänzenden Fisch vom Boden seines Kahns auf. „Du kannst damit machen, was du willst. Aber beeil dich, sonst haben wir gleich eine Menge Pack am Hals, das nicht lange bittet.“
    Ursula verstand, gab dem Jungen schnell den Fisch und stieg ins Boot. Als sie sich umdrehte, sah sie, wie der Junge die Gabe in sein Hemd schob und mit der so versteckten Beute eilig loslief. Jakob sah zu, dass sie schnell wieder vom Ufer in die Strommitte kamen. Im Gegensatz zu Ursula hatte er schon einige Köpfe ausgemacht, die sich ihnen zugewandt hatten und deren Augen begierig auf das Boot schielten.
    „Und hattest du Erfolg?“, fragte er Ursula nun, da er sie außer Gefahr wusste.
    „Wie man’s nimmt. Es ist ein Haufen armer Leute da, kaum bewaffnet und ohne viel Hab und Gut. Ich habe den Eindruck, die leben von der Hand in den Mund und von alldem, was sie finden und ergaunern können. Sie alle hoffen auf Gottes Vergebung und auf Wohlstand durch Beute.“ Ursula war enttäuscht von allem, was sie gesehen hatte. Doch was hatte sie sich erhofft? Hilde und ihr ging es doch kaum anders – und doch beschlich sie das Gefühl, es wäre nicht gut, sich den Pilgern anzuschließen.
    Am Stadtufer angekommen, half sie Jakob, die gefangenen Fische in einem Korb zu verstauen, und gemeinsam trugen sie den Fang zur Hütte. Dort wartete bereits eine ungeduldige Hilde. Ursula sah ihr gleich an, dass sie bessere Laune hatte. Ihre Züge hatten die gewohnte Gutmütigkeit wiedergewonnen, und in ihren Augen konnte man ein unternehmenslustiges Blinken wahrnehmen.
    „Da kommt sie ja, meine Rumtreiberin“,

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