Die Kreuzfahrerin
rief sie Jakob und ihr entgegen. „Was bringt ihr? Einen Korb voll Neuigkeiten?“
Das Scherzen Hildes unterstrich Ursulas Eindruck von der Freundin. Gemeinsam begaben sie sich in Jakobs Hütte. Seine Frau nahm die Fische in Empfang und begann sofort damit, sie auszunehmen und zu schuppen. Danach zog sie eine Stange durch die Kiemen der Fische und hängte sie über das Herdfeuer in den Rauch. Beim Feuer stand auch ein Kessel mit dampfendem Sud, aus dem Ursula sogleich die Kräuter riechen konnte. Durstig schöpfte sie sich etwas davon in einen Becher und setzte sich an den Tisch. Auch Jakob und Hilde bedienten sich und setzten sich dazu.
„Na, du Kundschafterin“, hob Hilde an. „Was hast du herausgefunden?“
„Nichts wirklich Gutes“, antwortete Ursula, und Resignation schwang in ihrer Stimme mit. „Die Leute drüben sind größtenteils schlechter dran als wir. Der Zug besteht fast nur aus armen Teufeln, die ins Himmelreich wollen. Sie haben kaum Waffen und ganz wenig zu essen. Ich fürchte, wenn wir uns denen anschließen, fallen sie als erstes über unsere Vorräte her. Ohne bewaffneten Schutz sind wir den hungrigen Mäulern einfach ausgeliefert.“
„Na, da habe ich allerdings bessere Nachrichten.“ Hilde schlürfte ihr Getränk und wartete genüsslich, die Neugierde Ursulas auskostend.
„Erzähl schon“, drängte Ursula ungeduldig
„Ich habe in der Stadt mit einigen Wallfahrern aus dem Gefolge des Grafen Emicho geredet. Sie werden die Donau entlang weiterziehen, durch das Land der Ungarn und dann nach Süden auf die Straße nach Konstantinopel. Der Haufen, der bereits unterwegs ist, sind Leute, die von Clermont und aus anderen Städten, berauscht von den Reden des Einsiedlers, sofort losgezogen sind. Es werden aber auch Ritterheere kommen. Ich konnte erfahren, dass ein Bischof und Grafen aus dem Frankenreich sich dem Papst zu Füßen geworfen haben und baten, die Reise antreten zu dürfen. Sie werden ihre Heere versammeln und dann losziehen. Sie werden aber nicht hierher kommen, sondern andere Wege gehen oder sogar mit Schiffen fahren. Doch alle müssen zuerst nach Konstantinopel.“
„Und was bedeutet das?“ Ursula konnte Hildes Gedanken nicht gleich folgen.
„Das bedeutet, dass wir es nicht eilig haben. Dem plündernden Pöbel brauchen wir nicht zu folgen. In seiner Spur werden wir nur Elend finden und sicherlich nichts verdienen können. Aber wir werden in Konstantinopel sein, wenn die Ritter dort ankommen. Von ihnen können wir uns Schutz und Geschäfte erhoffen.“
„Aber wie kommen wir nach Konstantinopel?“ Ursula verstand Hildes Optimismus noch immer nicht.
„Wir werden mit dem Flößer fahren“, eröffnete Hilde ihr endlich. „Ich habe einen Rat der Stadt getroffen, und der war bereit, mir für den Platz, an dem unser Haus stand, eine gute Summe zu geben. Wenn der Flößer klug ist, nimmt er von uns Geld und lässt uns mitfahren.“ Hilde strahlte über ihr ganzes Gesicht. „Ursula, liebe gute Ursula, wir werden unser Glück machen, und all unsere Sünden werden uns vergeben. Gott zeigt uns den Weg. Alles wird gut“, endete sie ihre Rede und umarmte Ursula stürmisch.
„Ihr wisst noch nicht, wie die Flößer entschieden haben“, versuchte Jakob die beiden Freundinnen zu bremsen. „Lasst uns auf Bertram warten, und bis dahin hat mein Weib uns sicherlich auch etwas zu essen bereitet.“
Jakob stand auf, schaute in den Kessel am Feuer. „Das dauert wohl noch ein Weilchen“, sagte er und kam mit Brot und einem geräucherten Fisch zurück zum Tisch. Ursula bereitete unterdessen einen Sud aus Hagebutten, Brombeerblättern und weiteren Kräutern.
Als Bertram an die Tür klopfte, waren sie schon fast fertig mit Essen. Der Flößer schaute etwas mürrisch, doch seine Miene erhellte sich, als Jakobs Frau ihm auch eine Schale Eintopf vorsetzte. Noch während Bertram aß, fing Hilde mit ihren Verhandlungen an: „Und, was sagen deine Leute?“
Mit vollem Mund antwortete Bertram nickend: „Sie sind einverstanden und bereit, euch mitzunehmen.“
„Und zu welchem Preis?“
„Wenn ihr für uns kocht, keine Scherereien macht und auf der Fahrt dem ein oder anderen zu Gefallen seid, sind meine Leute zufrieden.“
„Wir aber nicht.“ Hilde schlug jetzt einen schärferen Ton an. „Wir haben nur wenig Lust, die ganze Fahrt über für dich und deinesgleichen jederzeit bereit zu sein.“
Bertrams Gesicht verfinsterte sich wieder. Hilde ließ sich aber nicht beirren. „Wenn
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