Die Kreuzweg-Legende
hallte dumpfer Hufschlag durch den Wald, der sehr bald zwischen den Bäumen verklang.
Die vier Zombie-Frauen hatten sich verteilt. An strategisch wichtigen Punkten lauerten sie auf Beute. Wenn niemand kam, würde ihr Herr ihnen die Opfer bringen.
Der preschte inzwischen durch den Wald. Es machte ihm nichts aus, wenn Zweige und Äste gegen sein Gesicht schlugen. Schmerzen verspürte er nicht mehr. Das war einmal.
Er war aber sicher, daß die Kreuzweg-Legende in dieser Nacht um ein blutiges Kapitel reicher werden würde…
***
Ich spürte den Pater mehr, als daß ich ihn sah, streckte meinen linken Arm aus, bildete so eine Barriere und sagte: »Bleiben Sie um Himmels willen zurück!«
Zum Glück folgte er meinem Rat.
Ich aber schaute auf den Pfarrer!
Er war kein Mensch mehr, sondern das Zerrbild einer menschlichen Gestalt. Ein schreckliches Gebilde, ein lebendes Wesen ohne Seele — ein Zombie eben.
Er war noch schwach auf den Beinen. Dennoch hatte er es geschafft, sein Zimmer zu verlassen. Zombies suchen ständig die Nähe der normalen Menschen und wollen auch zu den Orten hin, wo sie sich Zeit ihres Lebens am meisten aufgehalten hatten.
Hier kam beides zusammen.
Zum Glück hielt sich St. Immel an meine Anweisungen. Zurück in das Büro ging er nicht, denn er wollte mitbekommen, wie ich reagierte. Zunächst beobachtete ich meinen Gegner. Die Kraft hatte ihn zum Teil schon wieder verlassen. Er stolperte über seine eigenen Beine, kippte auf die Wand zu, und es war für mich ein Wunder, daß er es schaffte, sich überhaupt noch auf den Füßen zu halten. Von der Wand stemmte er sich wieder ab, drehte sich dabei und starrte mich an. Unter dem langen Nachtgewand schimmerte der Körper durch. Schwarz ragte der Kopf aus dem Kragen. Die Augen wirkten wie hellere Kugeln in der dunklen Masse.
Er bot einen widerlichen Anblick.
Ich blieb nicht auf dem Fleck stehen, sondern schritt der Schreckensgestalt entgegen. Als normaler Mensch hatte der Pfarrer dem Kreuz gedient, als Zombie sollte er auch durch das Kreuz sterben. Aus diesem Grunde ließ ich meine Beretta stecken und holte nur mein Kreuz hervor, das ich in der rechten Hand behielt.
Auch St. Immel sah diesen Talismann. Er stellte eine Frage, die ich nicht verstand, denn ich hatte mich bereits von ihm entfernt. Der Zombie glotzte mich an.
Und er sah das Kreuz!
Was er fühlte, wie es in seinem Innern aussah, war für mich ein Rätsel. Aber er bekam Angst, denn er zog sich plötzlich vor mir zurück und wollte wieder in sein Zimmer verschwinden, aus dem er zuvor gekommen war.
Ich beeilte mich.
Beide Arme riß der Zombie in die Höhe, als ich so dicht vor ihm erschien. Er wollte mich abwehren, aber seine Chance war gleich Null. Ich stieß das Kreuz in die Lücke zwischen seine Arme, und es gelang mir, sein Gesicht zu treffen.
Aus dem Mund drang ein furchtbares Brüllen. Es war das letzte Geräusch, das er ausstieß. Seine Beine verloren den Kontakt mit dem Boden. Im nächsten Moment fiel er zusammen, schlug hart auf und blieb liegen, ohne sich zu rühren.
Ich schaute zurück.
Marcus St. Immel stand an der Tür und hatte große Augen bekommen. Einen Arm hatte er erhoben und seine flache Hand gegen das Kinn gelegt. Ein paarmal mußte er schlucken. Sprechen konnte er nicht. Als er auf mich zukam, glich sein Gang dem des Zombies.
Ich hob die Schultern. »Es gab keine andere Möglichkeit«, erklärte ich dem Mönch. »Zombies muß man auf diese Art und Weise ausschalten.«
Neben mir blieb St. Immel stehen. »Zombies«, flüsterte er. »Wie sich das anhört. So etwas gibt es doch nicht. Nur in Romanen oder in einem Kinostück, wie ich hörte…«
»Wesen wie den Reiter normalerweise auch nicht«, hielt ich ihm entgegen. »Es ist so, Pater. Wir müssen uns mit Dingen abgeben, die wir kaum begreifen können, die trotzdem existieren. Das ist nun mal so.«
Er blickte an mir vorbei auf die Gestalt, die einmal ein Pfarrer gewesen war. Nurmehr die Umrisse des Körpers bewiesen, daß es sich um einen Menschen gehandelt hatte.
»Er war vom Bösen befallen!« flüsterte St. Immel. »Aber das Böse kann nicht siegen.«
»Wie recht Sie haben, Pater.«
St. Immel schluckte. »Und was machen wir jetzt mit ihm? Wir können ihn doch nicht hier liegenlassen!«
»Doch. Später, wenn alles vorbei ist, kann er noch begraben werden. Ich habe ihn auf gewisse Art und Weise erlöst. Seine ewige Ruhe wird er finden.«
Der Mönch faltete die Hände. Ich störte ihn nicht, als er
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