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Die Kreuzweg-Legende

Die Kreuzweg-Legende

Titel: Die Kreuzweg-Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ist geschehen?«
    »Sie will zum Friedhof.«
    »Jetzt?«
    »Ja, sie geht immer um diese Zeit. Dort begießt sie dann die Blumen auf den Gräbern. Deshalb auch der Eimer in ihrer Hand.«
    »Und wo liegt der Friedhof?« fragte ich.
    »Zum Wald hin. Ein kleiner Flecken Erde.«
    Wir hatten eine Stelle erreicht, die vor dem Gasthaus lag. Von hier aus konnten wir auch auf die Berge schauen. Jetzt wirkten sie pechschwarz. Kein Licht brannte dort oben zwischen den Wäldern. Alles war düster und so geheimnisvoll dunkel. Eine Gegend, die nicht nur abstoßend auf mich wirkte, sondern es auch war, wenn ich an den Landgraf dachte.
    »Erwarten Sie ihn jetzt schon Mr. Sinclair?«
    Ich hob die Schulter. »Wenn man das wüßte. Es wäre am besten, wenn er immer zu einem bestimmten Zeitpunkt käme. Dann hätten wir eine reelle Chance, ihn zu fangen. Aber so…«
    »Lassen Sie uns in das Gasthaus gehen. Es ist eine Art Informationszentrale.«
    Wir betraten den Laden. Es war ein wirklich primitiver Raum, da hatte der Mönch recht gehabt. Und er war leer. Nur der Wirt stand hinter der Theke. Er las in einer alten Zeitung.
    Als wir eintraten, legte er die Zeitung weg. Sein Gesicht verfinsterte sich. Er sprach auf den Mönch ein. Ich hörte am Klang seiner Stimme, daß es keine Freundlichkeiten waren, die er ihm entgegen warf. St. Immel gab zurückhaltende Antworten, während der Wirt noch mit der Faust auf den Tisch schlug.
    »Was hat er gesagt?« fragte ich.
    »Er gibt mir die Schuld, daß sein Laden hier leer ist. Ich hätte mit meinem Gerede die Gäste vertrieben.« St.Immel grinste und schaute dem Wirt zu, der langsam zurückging und noch immer ein böses Gesicht machte. »Dabei sind sonst auch kaum Gäste hier.«
    Das konnte ich mir vorstellen. Das Gasthaus war eine alte Bretterbude. Mehr nicht. Man saß auf einfachen Holzbänken ohne Lehnen. Die Tische waren ebenso primitiv. Der Boden bestand zu einer Hälfte aus Brettern, zur andern aus Lehm. Unter der Decke schaukelte eine trübe Lampe. Sie besaß vier Arme. In den Fassungen steckten die Birnen. Wie Eierköpfe schauten sie daraus hervor. Zwei brannten nur. Zudem wackelten sie, wenn in der Etage über dem Gastraum jemand herging.
    St. Immel trat bis an den selbst zurechtgezimmerten Tresen und wischte den Zigarrenrauch zur Seite, der ihm vom Wirt entgegengeblasen wurde. Ihre Unterhaltung verlief jetzt in einem normaleren Tonfall. Ein paarmal hob der Wirt die Schultern, dann grinste er über sein breites Gesicht und vollführte die Geste des Schießens, indem er den rechten Zeigefinger krümmte.
    St. Immel drehte sich wieder um.
    »Die Leute haben sich wirklich an den Rat gehalten. Viele glauben an den Reiter.«
    »Der Wirt auch?«
    »Ja, er will ihn erschießen.«
    Ich lächelte. »Wenn das mal so einfach wäre.«
    »Das meine ich auch.« St. Immel legte seine Stirn in Falten. »Sie sind also der festen Ansicht, daß dieser Reiter mit normalen Waffen nicht zu töten ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Gewehr oder Pistole.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Wenn wir ihn stellen, dann muß ich es mit einer Silberkugel versuchen. Sie ist geweiht…«
    St. Immel zeigte ein erstauntes Gesicht. »Und so etwas führen Sie mit sich?«
    »Ja.«
    Das konnte er nicht begreifen, und er war noch erstaunter, als ich ihm den Bumerang zeigte, den ich sicherheitshalber bei mir trug. Selbst der Wirt bekam große Augen, traute sich jedoch nicht, nach Funktion und Wirkung der Waffe zu fragen.
    »Wenn das so ist, sind wir ja gewappnet«, meinte der Mönch.
    »Das will ich hoffen.«
    Da sich die Bewohner anscheinend an die Regeln hielten, sahen wir keinen Grund, länger in dieser Miefbude zu bleiben. Die Luft war tatsächlich keine Wohltat.
    Wir verabschiedeten uns und verließen das Lokal. Hinter uns sperrte der Wirt zu.
    Ich atmete tief durch. Es war kühl geworden. Von den Berghängen brachte der Wind die Frische mit. Sie besaß auch eine gewisse Nässe, so daß wir mit nächtlichem Nebel rechnen konnten. Die Schwüle hatte sich verzogen.
    »Scheint wohl kein Gewitter zu geben«, meinte St. Immel, der den gleichen Gedankengang gehabt hatte wie ich.
    »Ein Glück.«
    »Mögen Sie keine Gewitter?«
    »Nicht zu diesem Zeitpunkt. Man kann sich dabei so schlecht auf andere Geräusche konzentrieren.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Wir nahmen unsere Wanderschaft durch das Dorf abermals auf. Nebeneinander schritten wir her, sprachen wenig und lauschten zumeist. Es war nicht still. Hin und wieder

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