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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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historische Gestalt, vor allem innerhalb der islamischen Kultur, so große Bedeutung hat. In der Moderne galt Saladin als der bedeutendste Vertreter der Muslime in der Epoche der Kreuzzüge; eine außerordentlich mächtige Lichtgestalt der islamischen Vergangenheit, in der viele einen verehrungswürdigen Helden sahen. Die Aufgabe, von diesem Idol die Schichten von Legende, Propaganda und Voreingenommenheit abzutragen, um zum tatsächlichen Kern dieser Figur vorzustoßen, ist in diesem Fall also besonders schwierig und erfordert gewissenhafte Recherche.
    Für das Leben Saladins liegen uns relativ viele, allerdings nicht unproblematische zeitgenössische Quellen vor. Einige muslimische Augenzeugen beschrieben seine bemerkenswerten Leistungen, darunter zwei seiner wichtigsten Helfer – der Sekretär Imad ed-Din al-Isfahani (seine Schriften stammen aus dem Jahr 1174) und sein Berater Baha ad-Din Ibn Shaddad (der im Jahr 1188 schrieb) –; beide allerdings bieten Biographien ihres Herrn, die im Nachhinein das Geschehene stark idealisieren. Ihre Werke beruhen auf der Überzeugung, dass Saladin aus echter Frömmigkeit und dem Drang heraus handelte, dem Islam zu dienen und die Franken zu bekämpfen. Baha ad-Din zufolge vertiefte sich Saladins Frömmigkeit, nachdem er im Jahr 1169 in Ägypten an die Macht gekommen war: er »verzichtete auf den Genuss von Wein und kehrte sich von jeglicher Form von Leichtlebigkeit ab«, und ab diesem Zeitpunkt war sein Glaube geprägt von »Leidenschaft, Beständigkeit und Eifer«. An allererster Stelle stand für ihn sein Engagement für den heiligen Krieg:
    Saladin setzte sich mit großem Eifer und Nachdruck für den Dschihad ein. Würde jemand schwören, dass er, seit er sich dem Dschihad verschrieben [313] hatte, nicht einen einzigen Dinar oder Dirham für irgendetwas anderes als den Dschihad oder dessen Förderung ausgegeben hätte, dann würde, der das behauptet, die Wahrheit sagen und darauf einen Eid ablegen können. Der Dschihad und die leidenschaftliche Liebe zu ihm hatten Saladins Herz und sein ganzes Wesen so vollständig ergriffen, dass er von nichts anderem mehr sprach und an nichts anderes mehr dachte, als ihm nachzugehen.
    Diese außerordentlich positive Beschreibung wird durch andere Zeugnisse ein wenig relativiert. Der irakische Chronist Ibn al-Athir, Anhänger der rivalisierenden Dynastie der Zangiden, bot eine nüchternere Darstellung der Persönlichkeit Saladins. Außerdem liegen Handschriften mit Kopien der öffentlichen und privaten Korrespondenz Saladins vor, die von seinem Schreiber und Vertrauten al-Fadil hergestellt wurden. Dieses hochbedeutsame (dabei noch kaum erforschte) Corpus bietet wertvolle Einblicke in die Mentalität Saladins, in die Art, wie er sich propagandistischer Mittel bediente, und in sein Interesse an der öffentlichen Meinung über seine Person. 1
    Auch sämtliche Urteile zu Saladins Charakter und Laufbahn müssen in ihrem jeweiligen Kontext betrachtet werden. Als mittelalterlicher Herrscher lebte und handelte er in einem von Gewalt geprägten politischen Umfeld voller Niedertracht und Bosheit – um hier zu überleben und weiterzukommen, verbot es sich für ihn geradezu, ständig nur aus reiner Hochherzigkeit, Ehrbarkeit, Gerechtigkeit und Milde zu handeln. Letztlich verfügten – wenn überhaupt – nur ganz wenige große historische Herrschergestalten über solche Qualitäten, ungeachtet der Epoche, in der sie jeweils lebten.
    Allerdings steht auch eindeutig fest, dass Saladin nicht einfach nur ein blutrünstiger Tyrann war. Als er nach der Macht der Erben Nur ad-Dins griff, hätte er Zangis Beispiel folgen und sich ausschließlich auf die Verbreitung von Furcht und Schrecken stützen können, um an die Macht zu kommen und sie zu behalten. Er dagegen ging mit Methoden vor, die sich eher an seinem vormaligen Dienstherrn Nur ad-Din orientierten – man könnte ihn zumindest in dieser Hinsicht geradezu als den wahren Nachfolger Nur ad-Dins bezeichnen. Saladins Aufgabe im Jahr 1174 bestand praktisch darin, die Leistungen der Zangiden, allerdings in umgekehrter Reihenfolge, zu wiederholen: Es ging um die Herrschaft in Damaskus, [314] Aleppo und Mosul. Zu diesem Zweck bediente er sich einer vorsichtigen Mischung aus militärischer Machtausübung und geschickter politischer Manipulation. Und durchgehend legte er großen Wert darauf, den Eindruck zu erwecken, dass es ihm um eine legitime und gerechte Sache ging. Eine solche positive Anerkennung

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