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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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verführen, dieser gerechte Kampf werde ihre Seele von ihrer Sündenlast befreien, und sie brachen auf, um im ersten Kreuzzug Krieg gegen die muslimische Welt zu führen. 1
    PAPST URBAN UND DER KREUZZUGSGEDANKE
    Urban II. war ungefähr 60 Jahre alt, als er im Jahr 1095 zum ersten Kreuzzug aufrief. Er entstammte einer nordfranzösischen Adelsfamilie, war zuvor Mönch in Cluny gewesen und wurde 1088 zum Papst gewählt, in einer Zeit, als das Papsttum sich aufgrund eines schon lang andauernden Machtkampfs mit dem deutschen König in einer schweren Krise befand. [46] Urbans Position war so prekär, dass er sechs Jahre brauchte, um die Kontrolle über den Lateranpalast in Rom, den traditionellen Sitz der päpstlichen Autorität, zurückzugewinnen. Durch behutsame Diplomatie und nicht mehr aggressive, sondern maßvolle Reformpolitik konnte der neue Papst ein allmähliches Wiedererstarken von Ruf und Einfluss seines Amtes bewirken. Im Jahr 1095 hatte diese Erneuerung begonnen, aber das nominelle Recht des Papstes, als Oberhaupt der lateinischen Kirche und geistlicher Herr aller abendländischen Christen zu agieren, war noch keineswegs durchgesetzt.
    Vor diesem Hintergrund entstand die Idee zum ersten Kreuzzug. Im März 1095 leitete Urban ein Kirchenkonzil in Piacenza, wo ihn Gesandte aus Konstantinopel aufsuchten. Sie überbrachten einen Aufruf des griechischen christlichen Kaisers Alexios I. Komnenos. Dieser Herrscher hatte mit seinem klugen, durchsetzungsstarken Regiment einem jahrzehntelangen Niedergang im großen östlichen Reich ein Ende gemacht. Umfangreiche Besteuerungsmaßnahmen hatten die kaiserliche Kasse in Konstantinopel wieder gefüllt und die Aura von Autorität und großzügiger Prachtentfaltung wieder hergestellt, doch sah Alexios sich an seinen Reichsgrenzen nach wie vor von zahlreichen Feinden bedroht, darunter den muslimischen Türken aus Kleinasien. Daher schickte er Boten mit der Bitte um militärische Unterstützung zum Konzil nach Piacenza und ersuchte den Papst dringend, eine Abteilung lateinischer Truppen zu entsenden. Vermutlich rechnete Alexios lediglich mit einer symbolischen Truppe fränkischer Söldner, einem kleinen Heer, mit dem man nach Belieben schalten und walten konnte. Tatsächlich aber wurde sein Reich in den folgenden zwei Jahren von einer Menschenwoge förmlich überrollt.
    Urban trug sich offenbar mit Ideen, die mit der Bitte des griechischen Kaisers in Einklang zu bringen waren; diese Vorstellungen entwickelte der Papst im Frühjahr und Sommer des Jahres weiter. Er hatte ein Unternehmen vor Augen, mit dem mehrere Ziele auf einmal zu erreichen waren: eine bewaffnete Pilgerreise in den Orient, das, was heute als »Kreuzzug« bezeichnet wird. Einige Historiker sahen in diesem Papst nicht mehr als einen unabsichtlichen Initiator des gewaltigen Projekts; er habe nur mit einigen 100 Rittern gerechnet, die seinem Ruf zu den Waffen Folge leisten würden. Doch in Wirklichkeit scheint er sich durchaus darüber im Klaren gewesen zu sein, welches Potential an Umfang und Perspektiven [47] in seinem Vorhaben schlummerte, offenbar arbeitete er gezielt an einem Programm für ausgedehnte Rekrutierungsmaßnahmen.
    Urban erkannte, dass man mit dieser Idee eines Feldzugs mit dem Ziel, Byzanz zu Hilfe zu kommen, nicht nur das Christentum im Osten verteidigen und die Beziehungen zur griechischen Kirche verbessern, sondern auch Roms Autorität unterstreichen und ausweiten sowie die destruktive Streitlust der Christen des lateinischen Westens in geregelte, nützliche Bahnen lenken konnte. Dieses große Vorhaben konnte im Zusammenhang der weiter ausgreifenden Kampagne genutzt werden, die Reichweite des päpstlichen Einflusses über die Grenzen Mittelitaliens hinaus in Urbans Heimatland Frankreich auszudehnen. Im Juli 1095 brach der Papst zu einer ausgedehnten Predigtreise in das Land nördlich der Alpen auf – der erste Besuch eines Papstes seit fast einem halben Jahrhundert –, und für den November kündigte er zu Clermont in der Auvergne ein Konzil an. Im Sommer und Frühherbst besuchte Urban mehrere bedeutende Klöster, darunter sein Heimatkloster Cluny; er warb um Unterstützung für Rom und bereitete den Boden für die Verkündung seiner Kreuzzugsidee. Außerdem sicherte er sich die Unterstützung zweier Männer, die bei der bevorstehenden Unternehmung eine Hauptrolle spielen sollten: Adhémars, des Bischofs von Le Puy, eines führenden provençalischen Geistlichen und glühenden Anhängers des

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