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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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erfolgt und Philipp August in die Unternehmung eingebunden war, legte Richard die Karten auf den Tisch. Er hatte weder den Wunsch noch die Absicht, Alice zu heiraten. Stattdessen wurde eine neue eheliche Verbindung angebahnt, und zwar mit Navarra, dem christlichen Königreich auf der Iberischen Halbinsel, mit dessen Hilfe das angevinische Territorium in Südfrankreich während Richards Abwesenheit gegen den Grafen von Toulouse verteidigt werden konnte. Im Februar 1191 traf die navarresische [421] Prinzessin Berengaria in der Obhut von Richards unverwüstlicher, schon über 70-jähriger Mutter Eleonore von Aquitanien in Süditalien ein.
    Philipp August sah sich nun vor vollendete Tatsachen gestellt. Als Richard drohte, durch Zeugen beweisen zu lassen, dass Alice die Geliebte Heinrichs II. gewesen war und dem alten König sogar noch ein Kind geboren hatte, bemühte sich der kapetingische Monarch nur noch um Schadensbegrenzung. Gegen Zahlung von 10 000 Mark entließ er Richard aus seinem Versprechen. Ein offener Konflikt konnte vermieden werden, doch Philipp August war gedemütigt, und die ganze ungute Affäre heizte seine unterschwellige Feindseligkeit gegenüber dem Engländer wieder neu an.
    Schließlich kam der Frühling, die Seewege waren wieder offen, und die Kreuzzugskönige brachen zur letzten Etappe ihrer Reise ins Heilige Land auf. Am 20. März 1191 setzte Philipp August Segel, und Richards Flotte folgte ihm am 10. April; mit ihm unterwegs waren Johanna und Berengaria. Vier Jahre waren seit der Schlacht von Hattin vergangen. In der Levante hatte sich in dieser Zeit vieles verändert.

14
    [422] NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DEN EROBERER
    D ie Eroberung Jerusalems am 2. Oktober 1187 war der ruhmreiche Höhepunkt im Leben Saladins – die Erfüllung eines glühend verfolgten persönlichen Zieles und die Verwirklichung einer öffentlich vertretenen und beharrlich betriebenen Dschihad-Kampagne. Das lateinische Königreich stand kurz vor seiner Auflösung, sein Herrscher war in Gefangenschaft, sein Heer empfindlich dezimiert. Man ist geneigt anzunehmen, dass sich die muslimische Welt im Sog einer so titanischen Leistung einhellig wie nie zuvor hinter den Sultan und seine Sache stellen würde, vereint in ihrer Bewunderung für seine Taten und in ihrer Bereitschaft, ihn bis hin zur Unterwürfigkeit als rechtmäßigen Anführer des Islams anzuerkennen. Auch Saladin selbst hatte doch wohl einen Moment des Innehaltens verdient, um auf all das zurückzuschauen, was er erreicht hatte; um seinen Triumph zu feiern, als die ersten Herbststürme durch die Heilige Stadt brausten. Doch ganz im Gegenteil: Die Eroberung Jerusalems verschaffte ihm kaum eine Ruhepause, sondern brachte nur neue Belastungen und Aufgaben mit sich.
    NACH DEM SIEG
    Die Zurückeroberung Jerusalems bedeutete allerdings nicht das Ende des Krieges gegen die lateinische Christenheit. Saladin musste nun ganz unterschiedliche Verpflichtungen gegeneinander abwägen: Sein ausgedehntes Reich musste regiert werden; die Zerstörung der fränkischen Siedlungen im Osten war zu Ende zu bringen; und gleichzeitig musste er sich darauf vorbereiten, das Heilige Land gegen den geballten Zorn der Kreuzfahrer aus Europa zu verteidigen, die, wie er richtig annahm, bald eintreffen würden, um Rache für Hattin zu üben und Jerusalem wieder [423] einzunehmen. Trotzdem hätte er sich im Jahr 1187 im Aufwind befinden müssen, aber in Wahrheit schwand seine Macht seitdem zusehends. In all den Widrigkeiten, die ihm bevorstanden, war er häufig erschreckend isoliert – er, der einst so große Feldherr, sah sich erniedrigt, verlassen von seinen Truppen, und war verzweifelt bemüht, den Sturm des dritten Kreuzzugs einfach nur noch zu überstehen.
    Schon immer war es leichter, große Reiche aufzubauen, als sie dann zu regieren; auf den Sultan kam jedoch nach dem Oktober 1187 eine regelrechte Sturzflut von Problemen zu. An erster Stelle standen die Ressourcen. Seit dem Sommer waren die Untertanen und Verbündeten finanziell völlig am Ende, und die schlecht verwalteten Geldmittel des Sultans waren durch die Kosten für die ausgedehnten kriegerischen Unternehmungen bereits erschöpft. In den folgenden Jahren, als der Strom an Reichtümern aus neuen Eroberungen sich in ein dünnes Rinnsal verwandelte, hatten die Verwalter der ajjubidischen Schatzkammer alle Hände voll zu tun, um die Geldgier der Anhänger Saladins zu befriedigen, und es wurde immer schwieriger, riesige Truppenkontingente

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