Die Kreuzzüge
mit Abu Abdallah einen Vertrag ab, der Sizilien beträchtliche Tributzahlungen sicherte. Von den führenden Kreuzfahrern ließ sich nur Eduard von England nicht von seinem Ziel ablenken. Er bestand darauf, seine Reise in den Vorderen Orient mit einer kleinen Flotte von 13 Schiffen fortzusetzen.
DIE SCHLINGE WIRD ENGER GEZOGEN
Rund sechs Monate zuvor, im Mai 1270, war Baibars nach Kairo zurückgekehrt, um sein Land auf die zu erwartende Invasion der Kreuzfahrer unter König Ludwig vorzubereiten. Baibars nahm die Bedrohung sehr ernst, er versetzte die Nilregion in Alarmzustand, zerstörte später die Verteidigungsanlagen von Askalon und füllte das Hafenbecken mit Felsbrocken und Holz auf, um es unbenutzbar zu machen. Als dann jedoch im Herbst in Kairo die Nachricht vom Tod des Königs von Frankreich eintraf, eröffnete sich dem erleichterten Sultan der Spielraum, das Heer der Mamluken auf eine anderweitige Militärkampagne vorzubereiten.
Die uneinnehmbare Festung
Zu Beginn des Jahres 1271 zog Baibars Richtung Norden, um die noch unbezwungenen lateinischen Vorposten in den südlichen Ausläufern der Ansariyah-Berge, dem früheren Grenzgebiet zwischen Antiochia und Tripolis, anzugreifen. Dieses Gebiet wurde von einer angeblich uneinnehmbaren Festung der Johanniter überragt: dem Krak des Chevaliers. Noch nie seit Beginn der Kreuzzüge hatte ein muslimischer Führer ernsthaft versucht, diese Festung zu belagern, die von ihrem Standort auf [688] einem steilen Gebirgsausläufer aus die gesamte Umgebung beherrschte. Im frühen 13. Jahrhundert war sie durch ausgedehnte Erweiterungsbauten entscheidend verstärkt worden und repräsentierte jetzt die fränkische Festungsbaukunst in vollkommener Weise. Aber selbst durch diese offenbar unüberwindliche Herausforderung ließ sich Baibars nicht abschrecken. Mit einem großen Heer und mehreren Wurfmaschinen begann er am 21. Februar die Belagerung der Burg.
Der einzige Zugang zum Krak verlief über den südlichen Bergrücken, und dort hatten die Johanniter ihre stärksten Befestigungen aufgerichtet: doppelte Mauern, verstärkt mit wehrhaften Rundtürmen, sowie einen inneren Festungsgraben, der auf ein Glacis (eine abgeschrägt gebaute Mauer) zuführte, das verhinderte, dass unter den Mauern hindurch Gräben angelegt wurden. Die Mamluken konzentrierten ihr Bombardement dennoch unbeeindruckt auf diesen Abschnitt, und nach mehr als einem Monat, als ein Teil der südlichen Außenmauer zusammenbrach, zeigte der andauernde Beschuss erste Wirkungen. Das hieß nun noch nicht, dass der Weg ins Innere der Festung frei gewesen wäre, denn die Johanniter konnten sich immer noch in den inneren Bereich der Burg zurückziehen, in eine kompakte, praktisch unzerstörbare Zitadelle. Baibars sah ein, dass ein Angriff auf diese Zitadelle zum Tod vieler seiner Männer führen und außerdem die Burg selbst empfindlich beschädigen würde, daher entschied er sich für einen Strategiewechsel. Anfang April ließ er dem Anführer der lateinischen Garnison einen gefälschten Brief überbringen. Das Schreiben, das angeblich vom Großmeister der Johanniter stammte, wies die Ritter an, Friedensverhandlungen anzubieten und sich zu ergeben. Es ist nicht auszumachen, ob die Johanniter tatsächlich auf die List des Sultans hereinfielen oder ob sie sich lediglich eine Gelegenheit zur Kapitulation zunutze machten, ohne gänzlich das Gesicht zu verlieren. Jedenfalls ergaben sie sich am 8. April 1271 und erhielten freien Abzug nach Tripolis. Nach diesem sagenhaften Triumph soll Baibars stolz behauptet haben, dass »meine Männer unfähig sind, eine Festung zu belagern, ohne sie einzunehmen«. Der Krak des Chevaliers wurde sorgfältig wieder instand gesetzt und diente von da an als Befehlszentrale der Mamluken in Nordsyrien.
Im Hochgefühl dieses ungewöhnlichen Erfolgs sammelte der Sultan nun seine Männer, um einen konzentrierten Angriff auf Tripolis zu unternehmen. Im Mai griffen die Muslime einige entlegene Festungen an, [689] und voll Zuversicht richtete Baibars ein weiteres Schreiben an Bohemund VI.: Diesmal warnte er den Grafen von Tripolis, dass die Ketten für seine Einkerkerung bereits geschmiedet seien. Der Sultan befahl den eigentlichen Vormarsch für den 16. Mai, doch genau zu diesem Zeitpunkt erreichte ihn die Nachricht, dass Lord Eduard mit einem Kreuzfahrerheer in Akkon eingetroffen sei. Da er nicht wusste, in welchem Ausmaß Palästina nun bedroht war, blies Baibars den Überfall auf Tripolis ab und
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