Die Kreuzzüge
Vorbereitungen in den frühen 1260er-Jahren hatten zu beachtlichen Erfolgen geführt. Die Außenposten des lateinischen Königreichs von Jerusalem wurden ganz nach Belieben zur Strecke gebracht, und das kilikische Armenien war faktisch entmachtet. Doch nach [681] wie vor hatten die Mamluken eine der großen Städte Outremers zu erobern, einen Kreuzfahrerstaat galt es noch zu vernichten, um definitiv klarzustellen, dass die Tage der Herrschaft der Lateiner in der Levante zu Ende gingen. Da es 1268 weiterhin keine Anzeichen dafür gab, dass die mongolischen Ilkhane eine weitere Invasion planten, beschloss der Sultan, dass die Zeit für eine solche Klarstellung gekommen war. Als Ziel wählte er das Territorium Bohemunds VI., des Herrn von Tripolis und Antiochia – desjenigen Fürsten also, der 1260 mit den Mongolen paktiert hatte.
Im Frühling dieses Jahres setzte sich Baibars von Ägypten aus in Richtung Norden in Marsch, sein Ziel war Antiochia. In Jaffa legte er eine kurze Pause ein. Der Waffenstillstandsvertrag, den er mit Johann von Ibelin abgeschlossen hatte, war abgelaufen (Johann selbst war 1266 gestorben), und der Sultan wies das Ansinnen, den Vertrag zu erneuern, schroff zurück. Die Hafenstadt fiel nach einem Angriff, der nur einen halben Tag dauerte, und wurde zerstört. Nach dieser kurzen Unterbrechung führte Baibars seine Truppen in die Grafschaft Tripolis, marschierte Anfang Mai der Küste entlang nordwärts und hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Ein zeitgenössischer muslimischer Zeuge beschreibt, wie »die Kirchen vom Angesicht der Erde wegradiert wurden [. . .] an der Küste wurden die Toten zu Leichenbergen aufgehäuft«.
Bohemund VI. hatte sich in Tripolis niedergelassen und darauf eingestellt, einer Belagerung die Stirn zu bieten, doch die Mamluken marschierten an der Stadt vorbei. Baibars’ Ziel war Antiochia. Über Apamea zog er nordwärts und kam am 15. Mai 1268 vor der alten Stadt an. Die Macht des Kreuzfahrerstaats Antiochia war schon seit langem geschwunden, doch seine mächtigen Mauern standen noch, und innerhalb dieser Mauern lebte eine Bevölkerung von mehreren zehntausend Menschen. Zunächst ermutigte der Sultan die Antiochener offenbar, in Kapitulationsverhandlungen einzutreten, was diese jedoch schroff ablehnten. Sie beschlossen, sich auf ebendiese Mauern zu verlassen, mit denen es gelungen war, die ersten Kreuzfahrer acht Monate lang aus der Stadt herauszuhalten, und die auch später zahlreiche muslimische Kriegsherren, von Il-ghazi bis Saladin, abgewehrt hatten. Dieser Entschluss sollte sich als törichte, fatale Fehlentscheidung erweisen. Das Heer der Mamluken umstellte am 18. Mai die Stadt, und es dauerte nur einen Tag, bis Baibars’ Männern in der Nähe der Zitadelle auf dem Berg Silpius der Einbruch in [682] die Stadt gelang. Ein grausames Massaker schloss sich an; es erinnerte an das Gemetzel, das die Franken angerichtet hatten, als sie fast genau 170 Jahre zuvor die Stadt eroberten. Der Sultan vergalt den Bewohnern ihre Halsstarrigkeit, indem er die Stadttore verriegelte, so dass keiner mehr hinauskonnte.
Baibars, der sich mit der Selbstgefälligkeit des Siegers im Schrecken dieses Augenblicks sonnte, berichtete Bohemund VI. in einem Schreiben von der Plünderung Antiochias. In ironischen Wendungen beglückwünschte er den fränkischen Herrscher dazu, nicht in der Stadt gewesen zu sein, »denn andernfalls wärt Ihr jetzt entweder tot oder ein Gefangener«, und er beschrieb, wie Bohemund, wenn er anwesend wäre, »hätte sehen können, wie Eure Ritter unter den Hufen der Pferde hingestreckt liegen [. . .] Flammen wüten in Euren Palästen, und Eure Toten verbrennen in dieser Welt, bevor sie hinabfahren in die Flammen der nächsten«. Die Eroberung Antiochias brachte den Mamluken eine Riesenmenge Plündergut ein – es heißt, es habe zwei Tage gedauert, bis die Beute auch nur aufgeteilt war –, und als sie alles abgeräumt hatten, verließen Baibars’ Truppen Antiochia in einem Zustand völliger Zerstörung, von dem sich die Stadt jahrhundertelang nicht erholen sollte. Die wenigen verbleibenden Außenposten der Tempelritter im Norden wurden umgehend geräumt; der Patriarch von Antiochia erhielt die Erlaubnis, in seiner im Süden der Stadt gelegenen Burg bei Cursat noch einige wenige Jahre zu bleiben, allerdings nur als Untertan der Mamluken. Das Fürstentum Antiochia – einst die mächtige Bastion Outremers im Norden – war vollständig besiegt und zu einer
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