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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Bereitschaft erkennen, sich in die Welt des Vorderen Orients zu integrieren: Es wurden Handelsverträge abgeschlossen, begrenzte Waffenstillstände vereinbart, ja es kam sogar zu militärischen Bündnissen mit den muslimischen Nachbarn. Natürlich war diese Vielfalt von Umgangsweisen lediglich ein Spiegel oder eine Erweiterung der Realität des heiligen Krieges, die sich schon während des ersten Kreuzzugs gezeigt hatte. Nach wie vor waren die Franken in der Lage, Muslime, ja sogar Griechen als ihre erklärten Feinde zu betrachten, doch gleichzeitig verkehrten Franken mit den in der Levante ansässigen Völkern nach den Gepflogenheiten der fränkischen Gesellschaft.

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    [182] OUTREMER
    I m Morgengrauen des 28. Juni 1119 rief Fürst Roger von Antiochia die Soldaten seines Heeres zusammen. Die Männer versammelten sich, um eine Predigt zu hören, an der Messe teilzunehmen und die antiochenische Reliquie des Wahren Kreuzes zu verehren. Sie bereiteten sich innerlich auf die bevorstehende Schlacht vor. In den Tagen zuvor hatte Roger mit entschlossener Härte auf die Nachricht von einer drohenden muslimischen Invasion reagiert. Nachdem Aleppo es jahrelang untätig hingenommen hatte, dass Antiochia sich immer weiter ausbreitete und wiederholt enorme Tributzahlungen forderte, war die Stadt jetzt in die Offensive gegangen. Der neue Emir in Aleppo, der türkische Artuqide Il-ghazi, hatte an der Grenze zum fränkischen Antiochia eine Streitmacht von über 10 000 Mann aufgestellt. Roger hätte angesichts dieser Bedrohung auf die Verstärkung durch seine lateinischen Nachbarn warten können, darunter auch Balduin von Bourcq, der im Jahr 1118 den Thron von Jerusalem bestiegen hatte. Stattdessen versammelte der Fürst ungefähr 700 Ritter, 3000 Fußsoldaten und eine Truppe von Turkopolen (christianisierte Söldner türkischer Herkunft) und marschierte zu den östlichen Hängen der Belus-Berge. Roger schlug sein Lager in einem Tal in der Nähe der kleinen Siedlung Sarmeda auf; der Ort war von Hügeln umgeben, und er hielt ihn daher für gut geschützt. An diesem Morgen wollte er einen Überraschungsangriff wagen; er hoffte, die Feinde unvorbereitet zu treffen und seinen Erfolg von 1115 zu wiederholen. Allerdings hatten feindliche Späher am Abend zuvor, ohne dass der Fürst davon wusste, die Position des Lagers der Christen ausfindig gemacht und Il-ghazi mitgeteilt. Der artuqidische Befehlshaber, der die Gegend genau kannte, entsandte Truppen, die Rogers Lager von drei Seiten einschließen sollten, und so kam es dazu, dass, wie eine arabische Chronik berichtet, »bei Tagesanbruch [die Franken] die Standarten der Muslime erblickten, die vorrückten, um sie vollständig zu umzingeln«. 1
    [183] DAS BLUTFELD
    Hornsignale riefen alle Ränge dringlich zu den Waffen, und eilig stellte Roger seine Truppen für den Kampf auf, neben ihm trug ein Geistlicher das Wahre Kreuz. Als Il-ghazis Mannschaften näher kamen, blieb gerade noch genug Zeit, die Schar der Lateiner außerhalb der Grenzen des Lagers aufzustellen. Roger befahl die fränkischen Ritter an den rechten Flügel, er hoffte vergeblich, die Initiative an sich reißen zu können, indem er mit einem Sturmangriff auf die Feinde losging. Zuerst sah es so aus, als hätten sie den Vormarsch Aleppos aufgehalten. Als sich der Kampf jedoch ausweitete, gab eine Gruppe turkopolischer Kämpfer am linken Flügel nach, und ihre Flucht brach die lateinische Formation auf. Die eingeschlossenen Antiochener, die noch dazu deutlich in der Minderzahl waren, wurden überrannt.
    Fürst Roger befand sich inmitten des hitzigsten Schlachtgetümmels, doch »obwohl rings um ihn herum seine Männer erschlagen und tot dalagen [. . .], wich er nicht und schaute nicht zurück«. Ein lateinischer Augenzeuge beschrieb, wie »[der Fürst], der energisch kämpfte, von einem muslimischen Schwert mitten auf die Nase bis ins Gehirn getroffen wurde, und er entrichtete neben dem Heiligen Kreuz dem Tod seinen Tribut und übergab seinen Körper der Erde und seine Seele dem Himmel«. Der glücklose Priester, der das Wahre Kreuz trug, wurde ebenfalls erschlagen; später wurde berichtet, dass die Reliquie diesen Tod auf ihre eigene Weise gerächt habe, indem sie bei allen Muslimen, die in der Nähe waren, »Gier nach dem Gold und den kostbaren Steinen« hervorgerufen und sie dazu getrieben habe, sich gegenseitig abzuschlachten.
    Als der Widerstand zusammenbrach, gelang es einigen wenigen Franken, sich in Richtung Westen in die

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