Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
Sonne auf den Pelz scheinen. Für jemanden mit einem so ungestümen Temperament verbrachte er erstaunlich viel Zeit mit Faulenzen, aber vielleicht war das ja gerade das Geheimnis seiner verblüffenden Stärke im Kampf.
Cael war glücklich, nun seinerseits Corenns Tagebuch lesen zu dürfen. Er hob kein einziges Mal den Blick von den Seiten, gebannt von dem klaren Stil seiner Großtante und den unglaublichen Erlebnissen seiner Eltern. Die Lektüre machte ihm weit weniger Angst als Amanon und Eryne. Nichts konnte ihm die Hochstimmung verderben, die er seit dem Ausflug zum Platz der Büßer empfand. Yan und Leti lebten, davon war Cael überzeugt, und die Mahnungen der anderen, sich nicht zu früh zu freuen, vermochten nichts daran zu ändern.
Nolan legte sich in seine Koje. Er hatte immer noch Schmerzen am ganzen Körper, und die Wunde an seiner Augenbraue war noch nicht verheilt. Am nächsten Tag wollte er unbedingt wieder auf den Beinen sein, um die anderen zum Platz der Büßer zu begleiten. Es würde ihr letzter Versuch sein, da waren sie sich einig.
Währenddessen schliff und fettete Amanon seinen ramgrithischen Dolch und das Krummschwert, wie Grigän es ihm beigebracht hatte. Anschließend nahm er sich Caels Rapier vor und bot Nolan an, sich auch um seinen Stockdegen zu kümmern, doch es stellte sich heraus, dass die Klinge bereits messerscharf war. Niemand schlug vor, er könnte auch Kebs Lowa schärfen – dazu war sie viel zu furchteinflößend. Im Übrigen schien der Krieger keine Hilfe bei der Pflege und Instandhaltung seiner Waffe zu benötigen.
So ruhten sich die Erben bis zum Abend aus oder beschäftigten sich mit Reisevorbereitungen, auch wenn sie die tausend Fragen, die sie bestürmten, nicht beiseiteschieben konnten. Niemand vergaß auch nur für den Bruchteil einer Dezille, dass sie, egal was morgen auf dem Platz der Büßer geschah, tags darauf nach Ji segeln würden, wo sie weitere Rätsel und Gefahren erwarteten.
In der Zwischenzeit bemühten sich alle um den Anschein von Alltäglichkeit. Als es Zeit für das Abendessen war, bot Amanon an, eine kaulanische Spezialität aus Muscheln und Krebsen zuzubereiten. Daraufhin verkündete Keb, er wolle lieber in eine Taverne gehen. Ob er Amanon damit nur ärgern wollte, war unklar. Jedenfalls folgte ein heftiges Wortgefecht zwischen Amanon, der vor der Gefahr warnte, und Keb, der alle Vorsicht in den Wind schlug und auf seinem Recht beharrte, zu tun und zu lassen, was er wollte.
Vielleicht wäre es zu einem handfesten Streit gekommen, hätte sich Eryne nicht eingemischt und Keb gebeten, bei ihr an Bord zu bleiben. So gab er schließlich nach, brüstete sich jedoch den ganzen Abend lauthals mit diesem Gunstbeweis, was wiederum Nolan und Cael ärgerte. Den beiden bereitete die wachsende Rivalität zwischen Keb und Amanon große Sorge.
Zum Glück gerieten die beiden nicht weiter aneinander. Alle machten sich über die von Amanon zubereitete Mahlzeit her, als könnte ein voller Magen die Beklemmung lindern, die sie empfanden. Keb und Amanon teilten sich sogar eine der wenigen Flaschen Wein aus ihrem Vorrat. Nach dem Essen verriegelten die Gefährten die Luke zum Deck und fielen in einen unruhigen Schlaf voller wirrer Träume.
Am anderen Ende der Stadt bezogen ein Großvater und seine Enkelin ein Zimmer in einer Herberge vor dem Tor der Herzöge, ohne zu wissen, dass zwei weitere Erben dort erst kürzlich übernachtet hatten.
In den Katakomben derselben Stadt besiegelten mehrere Männer in Zeremoniengewändern das Schicksal der Gefährten.
Nachdem eine ganze Dekade lang die Sonne geschienen hatte, war der Himmel am Morgen verhangen. Die grauen Wolken kündeten vom Beginn der Jahreszeit des Windes, und die Bäume warfen ihre ersten Blätter ab. In der Ferne ballte sich ein Unwetter zusammen. Bowbaq fragte sich, wo Niss und er sein würden, wenn es zu regnen anfing. Vermutlich bitter enttäuscht zurück in ihrer Herberge, was seine Abneigung gegen Lorelia noch verstärken würde.
Bowbaq rechnete nicht damit, einem seiner Gefährten an dem vor rund zwölf Jahren vereinbarten Treffpunkt auf dem Platz der Büßer zu begegnen. Aber außer etwas verlorener Zeit kostete der Versuch ihn schließlich nichts. Danach würde er seinen Freund Rey aufsuchen, zumindest, falls er den Weg zu dessen Haus wiederfand. Es war lange her, dass er durch diese Straßen gegangen war.
Falls Lana und Rey, wie Bowbaq befürchtete, verschwunden waren oder in ihrem Haus irgendeine
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