Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
schon oft geholfen – ihr ganz besonders. »Ke'b'ree!«, rief sie ihm nach. »Was werdet Ihr tun, wenn wir in Goran sind?«
Der Krieger drehte sich grinsend um und kam langsam zu ihr zurück. »Ich werde meine Mutter in die Arme schließen«, gestand er freimütig. »Und dann setze ich mich an eine Festtafel und trinke auf unser Überleben! Warum? Hast du Angst, ich könnte gleich weiter nach Wallos reiten?«
»Nein, es ist nur … Ich …«
Für gewöhnlich war Eryne nie um eine Antwort verlegen, aber Kebs direkte Art machte sie sprachlos. Die Wahrheit konnte sie ihm schließlich nicht sagen. »Niemand von uns weiß, wohin es uns danach verschlägt«, murmelte sie. »Ich war nur neugierig, was Ihr vorhabt.«
Er sah ihr eine Weile spöttisch in die Augen und trat dann näher, bis er so unanständig dicht vor ihr stand, dass ihr ganz heiß wurde. »Warum sprichst du es nicht aus?«, fragte er plötzlich sehr ernst. »Aber … Was denn?«, stammelte Eryne errötend. »Ich … Ich weiß nicht …« Keb neigte sich sachte zu ihr. Er wirkte noch größer und kräftiger als sonst, und sein herber Geruch kam ihr verführerischer vor denn je. »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet«, log sie mit Mühe.
Der Krieger stand einen Augenblick wie versteinert da, bevor er mit verärgerter Miene zurücktrat. »Nun gut«, sagte er schroff. »Dann ist wohl klar, dass ich bei euch nichts mehr verloren habe. Sobald wir in Goran sind, kann ich endlich wieder meine Freiheit genießen.«
Diesmal rief Eryne ihn nicht zurück, als er davonmarschierte. Dafür sah sie mit Bestürzung, dass Amanon und Bowbaq mit Paketen beladen am Kai standen und sie fassungslos anstarrten. Als ihr Amanon's Blick begegnete, wurde ihr alles zu viel, und sie flüchtete sich ans andere Ende des Schiffs, um allein zu sein. Schlechter konnte ein Tag wirklich nicht beginnen.
»Sieht nach zwei wunden Herzen aus«, flüsterte Bowbaq seinem Begleiter zu. »Das liegt an den Kämpfen, die wir hinter uns haben. Wenn ihr Leben in Gefahr ist, werden die Menschen empfindsamer.«
»Das wird es wohl sein«, antwortete Amanon bitter.
Die Erben wollten sich in Leem nicht länger aufhalten als nötig, und so nahmen sie Kurs auf Norden, sobald die Ausfahrt freigegeben wurde. Die Route nach Goran war so stark befahren, dass die Hafenmeisterei einen hohen Zoll erheben konnte. Die Kapitäne, die morgens als Erste die riesige Schleuse zum Kanal passieren wollten, mussten dafür ungefähr so viel ausgeben, wie die
Rubikant
insgesamt gekostet hatte. Nur wer mit besonders edlen Waren handelte oder irgendwie mit dem Kaiser verwandt war, zahlte einen niedrigeren Preis. So liefen zunächst einige prächtige Schiffe aus, bevor die einfachen Boote an der Reihe waren. Die Gabiere der Erben kam erst an dreißigster Stelle, aber sie nahmen die lange Wartezeit in Kauf, um Geld zu sparen.
Einige herumstreunende Kinder winkten oder pfiffen ihnen zu, während sie im Schatten der bemoosten Mauern zum Kanal segelten. Einen Augenblick lang hatte Nolan das Gefühl, wieder in der Heiligen Stadt zu sein. Die Turmspitzen und Kuppeln, die hier und da in den Himmel ragten, erinnerten ihn unweigerlich an die jahrhundertealte Silhouette der Tempel von Ith, ebenso wie die majestätischen Bogen der Brücken, unter denen sie hindurchfuhren. Aber zur Stadt der tausend Heiligtümer war es ja auch nicht weit. Leem hatte einst sogar zum Itharischen Reich gehört, bevor sich die Itharer wieder in ihre Hauptstadt zurückgezogen und sich auf die Religion besonnen hatten.
Nolan hatte schon lange nicht mehr mit solcher Wehmut an die Heilige Stadt gedacht. Die Ereignisse der letzten Tage hatten alle seine Überzeugungen auf den Kopf gestellt, und nun wusste er gar nicht mehr, woran er glauben sollte.
Dennoch hatte er nach dem Aufstehen beschlossen, sein Novizengewand anzulegen und den feinen Flaum abzurasieren, der ihm am Kopf nachgewachsen war. Zum Gebet fühlte er sich noch nicht bereit, aber wenn er den Göttern schon nicht aus vollem Herzen dienen konnte, so hatten sie doch ein Zeichen der Achtung verdient. Immerhin hatten sie die Erben bis jetzt davor bewahrt, ihren Feinden zum Opfer zu fallen. Sie hatten Niss vor dem sicheren Tod gerettet. Und sie hatten dafür gesorgt, dass eine junge Frau ihre Verfehlungen erkannt hatte: Zejabel.
Nach ihrem Kuss war die schöne Fremde in seinen Armen eingeschlafen. Ihn hatte die vergangene Nacht so aufgewühlt, dass er nicht in Worte fassen konnte, was er empfand, und
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