Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
triumphierend.
»Nein. Er will damit nur sagen, dass Ihr zu viel getrunken habt«, konterte Amanon .
Mittlerweile lag eine solche Spannung in der Luft, dass keiner zu sprechen wagte. Alle beobachteten Erynes starre Miene und fragten sich, was in ihr vorging. Das Schweigen zog sich in die Länge, bis sich Kebree auf einmal vorbeugte.
»Wir wissen doch alle, worum es hier geht«, sagte er halblaut. »Nichts hindert dich daran, sie ebenfalls aufzufordern.«
Es klang wie ein Scherz, aber der Blick, den die beiden Männer wechselten, sprach eine andere Sprache. Alle begriffen, dass die Stimmung jeden Moment umzuschlagen drohte, selbst Eryne.
»Na schön, bringen wir es hinter uns«, fuhr sie dazwischen. »Was war noch gleich die Frage? Ob ich wirklich eine Göttin bin? Aber natürlich bin ich das!«, sagte sie ironisch.
»Nur merkwürdig, dass mir der Wein offenbar genauso zu Kopf steigt wie jedem anderen auch.«
»Nicht so laut, Eryne«, bat Nolan.
»Warum? Mir hört ja ohnehin niemand zu!«, zischte seine Schwester. »Ihr glaubt, dass ich ein Kind des Dara bin, aber betrachten mich diese Kerle da drüben etwa mit frommer Ehrfurcht? Sie sehen mich als das, was ich bin: eine Frau, eine ganz gewöhnliche Sterbliche!«
»Ich glaube, sie bewundern vor allem dein Aussehen, Freundin Eryne«, bemerkte Bowbaq.
»Niemand von uns behauptet, die Wahrheit zu kennen«, sagte Amanon. »Ihr habt Recht, vielleicht seid Ihr keine Göttin. Aber es sind einige Dinge vorgefallen, die wir uns nicht erklären können. Je eher wir also alle gemeinsam darüber nachdenken, desto besser. Vergesst nicht, dass uns Sombre in Goran auflauern könnte. Oder auf dem Schiff. Oder sogar vor dieser Tür! Er könnte uns jederzeit und überall erwischen. Jeder von uns muss darauf gefasst sein, gegen ihn sein Bestes zu geben.« Obwohl Amanon lediglich das letzte Wort behalten wollte, klang sein Appell so dramatisch, dass die Fröhlichkeit in der Runde endgültig erlosch. Die Gesichter der Erben verdüsterten sich, und einige runzelten sorgenvoll die Stirn. Zejabel nahm den Faden dankbar auf. »Dass Ihr eine Göttin seid, muss nicht zwangsläufig heißen, dass Ihr der Erzfeind seid. Aber als Göttin könntet Ihr Eurem Bruder und Euren Freunden eine wertvolle Hilfe sein – und vielleicht sogar Euren Eltern.«
Die Zü rechnete mit einem weiteren Wutausbruch, doch Eryne riss nur die grünen Augen auf und musterte sie stumm. Die Stimmung in der Wirtsstube war mit einem Mal sehr gedämpft. Nachdem die Musikanten keine weiteren Gäste zu einem Tanz hatten bewegen können, räumten sie ihre Instrumente beiseite, so dass nur noch das Knistern des Kaminfeuers und die leisen Unterhaltungen an den Tischen zu hören waren.
»Wie stellt Ihr Euch das vor?«, fragte Eryne nach einer Weile. »Was ändert das schon? Ich habe Stimmen gehört und eine Pforte gefunden. Na und? Verglichen mit den Fähigkeiten von Niss und Bowbaq sind das nur Kleinigkeiten, die ich nicht mal unter Kontrolle habe!«
»Ich kann Euch beibringen, sie zu kontrollieren«, sagte die Zü unvermittelt. Damit hatte niemand gerechnet, nicht einmal Nolan, obwohl er schon vieles von ihr wusste. Der Novize starrte sie mit großen Augen an, die anderen wandten sich hoffnungsvoll zu ihr um. Nur Eryne sah noch entsetzter aus als zuvor. »Als Kahati musste ich meinen Körper und meinen Geist darauf vorbereiten, Zui'a zu empfangen. Sie hat mich einiges gelehrt, was Euch nützlich sein könnte.«
»Und was soll das sein?«, protestierte Eryne. »Auf Dächer klettern oder irgendwelchen Unglücksraben die Kehle durchschneiden? Danke, ich verzichte.«
»Lasst sie doch ausreden«, bat Amanon .
»Ich kann Euch zeigen, wie Ihr die Entsinnung erreicht«, fuhr Zejabel fort. »Wer sich in diesen Zustand versetzt, kann die Gedanken anderer hören.«
»Das können die Arkarier auch«, mischte sich Keb ein. »Es ist doch völlig überflüssig, die Herzogin zu verärgern und uns den Abend zu verderben, wenn dabei nichts Neues herauskommt.«
»Ich weiß nicht viel über die Kraft der Erjaks, aber mir scheint, dass die Entsinnung etwas ganz anderes ist. Wir müssen nicht in einen Geist eindringen, um seine Gedanken zu lesen, der Betreffende bemerkt es nicht einmal. Wir hören einfach nur zu. Nicht anders, als die Götter es tun.«
»So war es doch auch auf dem Platz der Büßer«, rief Cael. »Ihr habt die Gedanken der Leute um uns herum gehört!«
»Angenommen, es wäre so – ich wüsste nicht, warum ich
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