Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
»Eigentlich dachte ich, dass mich einer von euch bittet, nach Goran bei euch zu bleiben, aber da habe ich mich wohl geirrt. Also werde ich nach Hause zurückkehren.«
»Aber natürlich kannst du bleiben!«, rief Cael. »Ich will es, und die anderen auch!«
»Danke, aber eine Ausnahme gibt es da wohl«, sagte Keb mürrisch. »Außerdem habe ich einiges zu tun. Die Solener und Thalitten haben unsere Abwesenheit sicher genutzt, um an unseren Grenzen Unruhe zu stiften. Da muss ich für Ordnung sorgen.« Caels Blick wanderte zu der Lowa, die Keb unter dem Pelzmantel an der Hüfte hing. Er selbst trug Letis Rapier, und auch Amanon und Nolan hatten ihre Waffen dabei. Nur Bowbaq hatte seine Kaute zurückgelassen, um dem Abend mit seiner Enkelin den Anschein von Normalität zu geben. Zejabel hatte zwar auf den sperrigen Bogen verzichtet, sich dafür aber mit Amanons ramgrithischem Dolch bewaffnet. Innerhalb weniger Tage hatten die Erben gelernt, stets auf einen Kampf gefasst zu sein – Keb hingegen kannte das seit frühester Kindheit.
»Wie habt ihr eigentlich die feindlichen Linien umgangen?«, fragte Cael weiter. »Ist es nicht gefährlich, wenn die Königin und der Thronerbe gemeinsam auf Reisen gehen?«
»Das haben unsere Hauptmänner auch gesagt«, sagte Keb und lachte laut auf. »Aber meine Mutter weiß ihre Untergebenen in die Schranken zu weisen. Wir ritten in der Nacht los und hatten nur eine kleine Eskorte dabei. Damit sind wir unter mehr oder weniger großen Opfern durchgekommen. Auf der Seite der Thalitten, versteht sich«, fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu.
»Die Eltern von Eryne und Nolan hätten sich wahrscheinlich nicht so weit in den Osten vorgewagt«, dachte Cael laut. »Deine Mutter wollte ihnen wohl ein Stück entgegenkommen, um ihnen die Reise zu erleichtern.«
»Das vermute ich auch. Aber sag das mal deinem verbohrten Vetter! Der ist genauso stur, wie seine Ledersachen nach Kohl stinken!«
»Du weißt eben nichts Genaues«, verteidigte Cael seinen Cousin. »Überleg doch mal! Du bist deiner Mutter nach Goran gefolgt und hast dann den halben Kontinent durchquert, ohne dich zu fragen, was das Ganze soll! Du musst zugeben, dass das seltsam ist.«
Bislang hatte Keb halbwegs freundlich dreingeblickt, aber jetzt verdüsterte sich seine Miene wieder. Dabei hatte Cael nicht das Gefühl, etwas Unverschämtes gesagt zu haben.
»Ich bin übrigens auch dieser Bande hier gefolgt, ohne irgendwelche Fragen zu stellen«, brummte Keb. »Du scheinst zu vergessen, dass Che'b'ree auch meine Königin ist. Sie hat verhindert, dass mein Volk aus seinem Land vertrieben wurde, und so unseren Stolz und unsere Ehre gewahrt. Die Befehle einer solchen Frau stellt niemand infrage, nicht einmal ihr Sohn.«
Daraufhin schwieg Keb so beharrlich, dass Cael ein schlechtes Gewissen bekam. Ganz Unrecht hatte Keb nicht, ganz abgesehen davon, dass in Wallatt andere Sitten und Bräuche herrschten als in den Oberen Königreichen. Es würde ja auch niemand vom goronischen Kaiser verlangen, die Befehle an seine Minister zu rechtfertigen. Nachdem der Krieger zwei Dezillen lang geschmollt hatte, hielt Cael es nicht mehr aus.
»Verzeih mir. Es ist nur … Wir machen uns eben alle Sorgen, wie es weitergeht.« Keb warf ihm einen verdrießlichen Blick zu und nahm dann die Entschuldigung an, indem er ihm so heftig auf den Rücken schlug, dass ihm die Luft wegblieb. Hatte er etwa vergessen, dass er fast genauso kräftig war wie Bowbaq und zudem eiserne Handschützer trug?
»So jung, und schon so viel Ehre im Leib!«, sagte Keb. »Weißt du was, Bruder? Heute Abend stoßen wir beide auf das Wohl unserer Mütter an.«
Cael nickte und dachte, dass er in seinem ganzen Leben noch nicht mehr als zehn Gläser Wein getrunken hatte. Wenn Keb einen Saufkumpan suchte, war er bei ihm an der falschen Adresse. Und dass er sich für unerwünscht hielt und dabei an jemand ganz Bestimmtes dachte, ließ für den Abend nichts Gutes befürchten. Zu Zejabels Leidwesen entschieden sich die Erben für ein Wirtshaus namens »Katzenwels«, vermutlich das teuerste in der ganzen Stadt. Seit sie in den Rang der Kahati erhoben worden war, hatte die Zü im Lus'an ein Leben in Saus und Braus geführt, aber jetzt hätte sie einen ruhigen Abend auf der Gabiere vorgezogen. Sie war nur Nolan zuliebe mitgekommen.
Den ganzen Tag lang hatte er sich bemüht, ihr die Befangenheit zu nehmen. Zunächst hatte er ihr alles berichtet, was er über die weisen Gesandten, Nol
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