Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
die Götter nur gegenseitig abmurksen können«, warf Keb ein, »muss der Erzfeind ein Gott sein. Also können wir meinen Namen von der Liste streichen. Wusste ich’s doch!«
»Nicht unbedingt«, widersprach Nolan. »Die Undinen sagten, der Erzfeind habe eine Chance, Sombre zu
besiegen.
Nicht ihn zu töten oder auch nur zu verletzen. Es kann also immer noch jeder von uns sechs sein.«
»Allerdings kann nur ein Gott ihm den Todesstoß versetzen«, spann Amanon den Faden weiter. »Falls das überhaupt nötig sein sollte«, fügte er rasch hinzu, als er Erynes entsetztes Gesicht sah.
»Ja. Und es ist durchaus möglich, dass Zejabel über diese Fähigkeit verfügt«, setzte Nolan hinzu. »Als Kahati stehst du zwischen der Welt der Sterblichen und dem Reich der Götter.«
»Das war einmal«, wehrte die Zü ab. »Ich bin keine Kahati mehr.«
»Aber du hast dem Leviathan schlimme Verletzungen zugefügt«, meinte Nolan.
»Er ist kein richtiger Gott. Das hast du doch selbst gesagt.«
»Bei ihm bin ich mir keineswegs sicher. Wir wissen fast nichts über Reexyyl.«
»Und was, wenn wir diese eine Chance schon längst verpasst haben?«, fragte Niss plötzlich vom Kopfende des Tisches.
Die anderen sahen sie verständnislos an.
»Ich meine ja nur … Die Undinen sagten, der Erzfeind habe
eine
Chance, Sombre zu besiegen. Vielleicht haben wir den richtigen Moment einfach verpasst, und der Dämon ist mittlerweile viel zu mächtig, um besiegt zu werden?«
Nolan verschlug es die Sprache, denn diese Möglichkeit hatte er nicht bedacht. Seine ganzen schönen Überlegungen erschienen ihm plötzlich hinfällig. Waren all seine Annahmen unvollständig oder falsch?
Sie brauchten Gewissheit, und zwar schnell. Hoffentlich konnten ihnen die ethekischen Lehrbücher aus Zui’as Bibliothek weiterhelfen, denn von der Vorbereitung des Erzfeinds auf den Kampf gegen den Dämon hing die Zukunft der bekannten Welt ab.
Obwohl Cael fast den ganzen Tag im Bett geblieben war, fielen ihm am Abend wie von selbst die Augen zu, und er schlief die ganze Nacht wie ein Stein. Als zum zweiten Mal seit seiner Begegnung mit Usul der Morgen graute, war er endlich wieder er selbst, auch wenn er wusste, dass er dem Tod nur knapp entronnen war. Seine Gefährten hatten ihn gerade noch rechtzeitig aus dem eiskalten Wasser gezogen, vor allem aber hatte ihm die Stimme alle Lebenskraft geraubt.
Bisher war er nach jedem seiner Wahnsinnsanfälle wie betäubt gewesen, aber dieses Mal hätte ihn Sombres Vermächtnis fast getötet. Als er in Amanons und Erynes Gegenwart aufgewacht war, hatte sich Cael vollkommen leer gefühlt. Schmerzen hatte er keine gehabt, sein Körper war einfach nur taub gewesen. Einen klaren Gedanken zu fassen oder auch nur die Augen offen zu halten, hatte ihn große Mühe gekostet, und lange Zeit war ihm entsetzlich schwindelig gewesen, fast so, als würde er ins Bodenlose fallen.
Als es ihm endlich ein wenig besser ging, traute er sich nicht, seinen Freunden zu gestehen, dass die Stimme wieder Besitz von ihm ergriffen hatte. Was nützte es auch, sie zu beunruhigen oder ihnen Angst einzujagen? So behauptete er ganz einfach, er sei aus Sauerstoffmangel ohnmächtig geworden und habe deshalb nicht gehört, wie Usul den Namen des Erzfeinds aussprach.
Natürlich hoffte Cael, sich irgendwann an den Namen zu erinnern, schließlich hatte ein Teil von ihm Usuls Antwort gehört. Er musste diesen Teil nur dazu zwingen, das verschüttete Wissen preiszugeben. Die hasserfüllte Bestie, die er unter dem Einfluss der Stimme wurde, hatte den Namen nicht vergessen, sie hatte keine Dezille der Begegnung mit Usul verpasst. Cael war sicher, seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen zu können, wenn er sich nur abermals der Stimme des Dämons überließ, so wie auf dem Dach in Goran, als er sich ihr ausgeliefert hatte, statt sich gegen sie zu wehren.
Dennoch wusste er, wie gefährlich ein solches Experiment war. Usul hatte vorhergesagt, dass er sich der Stimme irgendwann ganz und gar unterwerfen werde, und wenn er ihr freien Lauf ließ, würde sich die Prophezeiung des Gottes womöglich erfüllen. Aber er hatte nichts zu verlieren, zumal er insgeheim hoffte, die Prophezeiung Lügen zu strafen, wenn er genau das Gegenteil von dem tat, was die Vorsicht gebot. Warum sollte er nicht den Dämon wecken, der in ihm schlummerte, um ihm den Namen des Erzfeinds zu entlocken?
Als er am Morgen erwachte, konnte er an nichts anderes denken. Auf Zehenspitzen schlich er sich
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