Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
Bowbaq: Er rutschte im Schlamm aus und landete in einem Tümpel. Die anderen streckten ihm ihre Stöcke entgegen, und er beeilte sich, wieder aus dem Wasser herauszukommen, doch es war bereits zu spät. Drei gelbliche Blutegel waren in seine Stiefel geschlüpft und hatten sich an seinen Waden festgesaugt. Während die Erben noch darüber diskutierten, wie man sie am besten entfernte, verdrehte Bowbaq die Augen, sackte zu Boden und begann kurz darauf vor Fieber zu glühen. Einen halben Dekant lang war er so schwach, dass er nicht aufstehen konnte, auch dann nicht, als seine Freunde die Egel längst ausgebrannt hatten. Zejabel wusste nicht viel über diese Tiere, aber vermutlich hatte Bowbaq es nur seiner kräftigen Statur zu verdanken, dass er sich wieder erholte. Man konnte sich gut vorstellen, was passiert wäre, wenn er auch nur einen Moment länger im Wasser geblieben wäre.
Die erzwungene Rast hatte zumindest den Vorteil, dass sie sich etwas ausruhen konnten. Als Zejabel kurz darauf einen Strauch mit süßen, herrlich saftigen Früchten fand, hob das die Stimmung der Freunde erheblich, und da sie die Gefahren der Sümpfe nun besser kannten, tappten sie auch nicht mehr ständig in irgendwelche Fallen. So entdeckten sie die unterirdischen Gänge der Maulwurfsameisen, in die man bis zum Knöchel einsacken konnte, gerade noch rechtzeitig. Auch um die Panzerstecher, eine Käferart, die sich nicht zertreten ließ, sondern sich stattdessen durch die Schuhsohle fraß, machten sie einen großen Bogen. Ein Biss dieser kleinen Biester verursachte schmerzhafte Beulen an den Füßen, mit denen an ein Weitergehen nicht zu denken gewesen wäre.
Von Dekant zu Dekant veränderte sich die Landschaft. Das Gelände stieg zur Felsküste im Norden hin an, der Boden wurde immer fester, und die Tümpel wichen trockeneren Stellen. Auf der Höhe des fünften Dekants, als die Hitze erneut unerträglich wurde, hatten sie den schlimmsten Teil des Lus’an hinter sich. Es war, als hätten sie eine für gewöhnliche Sterbliche unsichtbare Grenze passiert: Plötzlich wurden sie kaum noch von Insekten umschwirrt.
Die Erleichterung war enorm, denn es war ungeheuer anstrengend gewesen, ständig auf der Hut sein zu müssen. Mittlerweile mussten die Erben nicht mehr bei jedem Schritt darauf achten, wohin sie ihre Füße setzten. Auch die Pflanzenwelt war hier weniger trostlos: Überall blühten farbenfrohe Blumen. Die Erben waren tatsächlich in eine Art irdisches Paradies eingetreten – ein Paradies, in dem eine Dämonin herrschte.
Während ihres Marschs durch die Sümpfe hatten sie kaum miteinander geredet, damit ihnen keine Insekten in den Mund flogen. Nun, im Herzen von Zui’as Reich, waren sie noch schweigsamer. Zwar lauerten hier keine Krokodile oder Morocaschlangen, doch dafür konnte ihnen jederzeit ein Novize, Bote oder sogar ein Judikator über den Weg laufen. Zejabel nahm ihren Bogen zur Hand und spannte einen Pfeil in die Sehne, und auch die Männer zogen ihre Waffen. Nach einer Weile stießen sie auf die Straße, die zum Palast führte.
»Hier kenne ich mich aus«, murmelte Zejabel. »Ich hätte nicht gedacht, dass wir unserem Ziel schon so nah sind.«
Hastig wichen sie von der Straße zurück ins Gebüsch - sie konnten von Glück sagen, keinem ihrer Feinde begegnet zu sein. Wieder einmal war die Hitze ihre Rettung, denn in der sengenden Sonne lag die Straße wie ausgestorben da.
»Wie weit ist es noch bis zum Palast?«, fragte Amanon.
Während sie zwischen den Büschen kauerten und sich den Schweiß von der Stirn wischten, warteten die Erben ungeduldig auf Zejabels Antwort.
»Ein paar Meilen. Die Straße führt zunächst zu einem Dorf, in dem sich die Unterkünfte der Novizen, die Schulgebäude und mehrere Kampfarenen befinden. Dort stehen auch die Villen der Judikaturen und der Tempel des Großen Werks, in dem die Boten ihre Gebete sprechen.«
»Novizen, Boten, Judikaturen … So viele Bösewichter auf einem Haufen«, scherzte Keb.
»Zuias Palast liegt ein gutes Stück hinter diesem Dorf. Nur die höchsten Judikaturen und ihre Diener dürfen ihn betreten. Niemand sonst weiß, dass die Gött …, dass Zuia die Strafende tatsächlich dort lebt.«
»Wie viele Männer bewachen ihn?«, fragte Amanon. »Können wir wirklich hoffen, uns dort einzuschleichen, ohne entdeckt zu werden?«
Zejabel überlegte lange – viel zu lange für den Geschmack ihrer Freunde. Immer wieder reckte sie nervös den Hals und suchte die Umgebung
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