Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
während Alcide noch ein zweites Wunder verlangt hatte, bevor er sich überzeugen ließ. Offenkundig zog Sombre die Gefolgschaft eines fanatischen Priesters der eines lorelischen Prinzen vor. Das war äußerst ärgerlich. Und gefährlich.
»Und was ist mit den Flüchtlingen?«, fragte Alcide. »Ich hoffe, dass Eure Boten auch in dieser Hinsicht Erfreuliches zu berichten haben!«
Er versuchte, seinen Worten einen drohenden Unterton zu verleihen, doch Varcus blieb ungerührt. Der Priester lachte heiser und legte dann feierlich den Dolch auf dem nackten Bauch des toten Mädchens ab. Der Prinz wagte sich gar nicht auszumalen, wie das Ritual weitergehen würde. Es hieß, dass die Valiponden ihre Opfer verspeisten, auch wenn das gewiss nur ein Schauermärchen war, dessen abschreckende Wirkung sich die Dunkle Bruderschaft zunutze machte. Seit Varcus seinen Anhängern die Ankunft eines leibhaftigen Dämons angekündigt und Sombre ihnen seine Kräfte vorgeführt hatte, waren dem religiösen Eifer der K’lurier keine Grenzen mehr gesetzt. Natürlich machte sie das zu wertvollen Verbündeten, doch Alcide hätte nur zu gern auf ihre Hilfe verzichtet, wenn diese Entscheidung in seiner Macht gelegen hätte.
»Ihr scheint zu hoffen, dass ich Eure Versäumnisse wiedergutmache«, erwiderte Varcus mit einem schmierigen Grinsen. »Seid unbesorgt. Unsere Brüder, die Züu, haben uns verständigt, dass sich die Flüchtlinge mittlerweile vermutlich in Ith aufhalten. Ihre Göttin hat uns sogar verraten, wo wir ihnen auflauern können. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, vielleicht sogar von Dekanten … Es sei denn, sie nutzen den Aufruhr, um unbemerkt zu verschwinden«, fügte er mit zusammengekniffenen Augen hinzu. »Habt Ihr genügend Männer zur Bewachung der Tore abkommandiert?«
»Selbstverständlich! Für wie dumm haltet Ihr mich?«, herrschte Alcide ihn an. »Ich an Eurer Stelle würde mir eher Sorgen um die Narren machen, die Ihr losgeschickt habt, um ihnen aufzulauern! Die Flüchtlinge sind keine gewöhnlichen Leute, und wenn Eure Männer wie üblich im Rausch sind, werden sie sich so mühelos zerfetzen lassen wie ein Spinnennetz.«
»Ihr irrt«, erwiderte der Emaz mit aufreizender Gelassenheit. »Auch ich habe mich zu Beginn der Verfolgungsjagd in den Flüchtlingen getäuscht, das gebe ich zu. Es sind tatsächlich keine gewöhnlichen Menschen. Ich habe den Fehler begangen, nur eine Handvoll meiner Gefolgsleute loszuschicken, um sie aus ihren Häusern zu entführen. Aber glaubt nicht, dass ich daraus keine Lehre gezogen habe. Diesmal werden sie uns nicht entwischen.«
Alcide musterte Varcus’ verschlagenes Gesicht. Die Zuversicht des Priesters überraschte ihn. Offenbar wartete er nur darauf, seinen Triumph voll auszukosten. Diesen Gefallen wollte ihm der Prinz auf keinen Fall tun, aber je länger sie schwiegen, desto stärker wurde seine Neugier. Schließlich gab er allen Stolz auf und platzte mit der Frage heraus. »Was habt Ihr vor? Hetzt Ihr wieder ein Ungeheuer auf sie, so wie in Goran? Das hat ja nicht viel genützt!«
Mit einem Ausdruck tiefster Befriedigung im Gesicht trat Varcus dicht an den Prinzen heran und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ihr habt nicht die geringste Ahnung, wie groß die Macht ist, die unser Herr und Gebieter uns verliehen hat«, sagte er und weidete sich an Alcides Schrecken. »Ihr werdet es bald sehen.«
»Alter Narr!«, rief Alcide und trat einen Schritt zurück.
Er kehrte dem Emaz den Rücken und marschierte wütend auf den Ausgang zu.
Soll dieser Irre seine Geheimnisse doch für sich behalten,
schimpfte er in sich hinein.
Er wird Sombres Zorn schon noch zu spüren bekommen, wenn sein mysteriöser Plan misslingt und die Flüchtlinge uns wieder entwischen!
Als er den Tempel verließ, atmete er tief durch. Varcus’ Mundgeruch war so abscheulich wie die Dämonen, die er verehrte. So übel wie die Luft, die tief unter dem Gebirge herrschen musste.
***
Wie seine Gefährten war Amanon mitten in der Nacht aus dem Bett gesprungen, aber im Gegensatz zu den anderen hatte er zuvor nur einen halben Dekant geschlafen, da er aus Sorge um Cael lange wach gelegen hatte. Während die Erben den Alt hinaufruderten und den Jungen seinem Schicksal überließen, fragte sich Amanon, ob er je wieder Schlaf finden würde, zumal völlig ungewiss war, wann er das nächste Mal ein Bett oder auch nur ein Zimmer zur Verfügung haben würde. Die nächste Etappe ihrer Reise würde solche Annehmlichkeiten
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