Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
seine Freunde, die Bewohner der Heiligen Stadt und alle Menschen der bekannten Welt zu schützen, war sein Bedürfnis nach innerer Stärkung noch immer nicht gestillt. Da fiel sein Blick auf das sorgenvolle Gesicht seiner Schwester, und er beschloss zum allerersten Mal, ein Gebet an sie zu richten. Nicht an Eryne, die Erstgeborene Reyans und Lanas von Kercyan aus Lorelien, sondern an Eryne die Heilende, die junge Göttin aus dem Jal, auf der all ihre Hoffnungen ruhten.
Er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte, da er ein Gwelom trug. Und das war wohl auch besser so. Er wollte sie auf keinen Fall in Verlegenheit bringen.
Leider rief ihm das auch wieder in Erinnerung, dass
keiner
der Unsterblichen ihn hörte. So oft er auch betete und flehte, weder Eurydis noch irgendein anderer Gott würde den Erben zu Hilfe kommen.
Unterdessen glitten sie immer weiter in die Dunkelheit, auf der Suche nach der Wiege des ethekischen Volkes und vielleicht gar dem Ursprung der Welt.
***
Trotz seines Rangs als Prinz von Benelia und Großadmiral der lorelischen Armada legte Alcide Wert darauf, der Eroberung der Heiligen Stadt persönlich beizuwohnen. Er setzte sich damit keiner großen Gefahr aus, denn die Lorelier kämpften mit dreimal so vielen Soldaten wie ihre Gegner und konnten nicht nur auf den Überraschungseffekt, sondern auch auf die Hilfe der Dunklen Bruderschaft zählen. Der Sieg war so gut wie sicher, und so ging er kein Risiko ein, wenn er sich in diesem erhabenen Moment an allen Fronten blicken ließ. Schließlich gehörte er zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Königreichs, seit seine Cousine ihrem Bruder auf den Thron gefolgt war, und das sollten die Soldaten nicht vergessen.
Es kam, wie er gehofft hatte. Kaum waren die goronischen Truppen zerschlagen, hoben Alcides Männer ihn auf ihre Schultern und trugen ihn im Triumphzug durch die Straßen, berauscht von ihrer Überlegenheit. Agenor hatte das Volk so erfolgreich gegen die Goroner aufgehetzt, dass die Soldaten nun felsenfest überzeugt waren, Rache üben zu müssen, um Loreliens Ehre wiederherzustellen. Sie metzelten jeden Itharer und Goroner nieder, der ihnen vor die Klinge kam, und plünderten Tempel und Häuser, als wäre das ihr gutes Recht. Der Prim hütete sich, ihrer Raserei Einhalt zu gebieten. Der Siegestaumel ihrer Armee war Teil des durchtriebenen Plans den Agenor und Sombre verfolgten. Umso härter würde die Männer später die Niederlage treffen, und genau darauf legten sie es an.
Vorerst sollte den Loreliern, die grölend durch die Straßen von Ith strömten, die Freude an ihrem Sieg vergönnt sein. Alcide konnte die letzten Kessel der goronischen Verteidigung getrost seinen Offizieren überlassen, nachdem er selbst sein Langschwert, die schwere Waffe der Edelleute, auf einige Häupter hatte niedersausen lassen Die Blutspritzer auf seinen Kleidern erschienen ihm wie ein heiliges Mal, das sein neues Leben einläutete. In der künftigen Weltordnung, die Agenor vorbereitete, würde er Statthalter im ehemaligen Kaiserreich Goran sein. Ehrgeizig, wie er war, hätte sich Alcide kaum mit einer weniger einflussreichen Position begnügt, auch wenn er dafür einen Dämon als Gebieter anerkennen musste.
Dieser Gedanke behagte ihm zwar ganz und gar nicht aber er ließ sich nicht länger verdrängen, denn als Nächstes musste der Prinz Sombres glühendsten Anhängern einen Besuch abstatten. Genauer gesagt ihrem Anführer einem abtrünnigen Emaz, der die K’lurier zu einer der gefürchtetsten Sekten von Ith gemacht hatte – dem Mann, der von Agenor Höchstselbst auserwählt worden war, die Dunkle Bruderschaft zu gründen und zu befehligen. Ein falscher Prophet und blutdürstiger Irrer, dessen Vorzüge und Schwächen Alcide ganz genau kannte, seit seine Schwarzen Legionäre insgeheim Nachforschungen über ihn angestellt hatten. Emaz Varcus, der Herrscher über die itharische Unterwelt.
Der Prinz ließ sich zu dem vereinbarten Treffpunkt eskortieren, einem der kleineren Tempel der Stadt, der schon seit längerer Zeit in der Hand der Dunklen Bruderschaft war. Rund zehn Männer mit k’lurischen Stirnbändern standen vor dem Eingangstor. Obwohl sie sich gleichgültig gaben, wusste Alcide ganz genau, dass sie unter ihren Kutten die berüchtigten Zackendolche verbargen, mit denen sie ihren Opfern unsägliche Schmerzen zufügten. In wie viele Leiber hatten sie sich in dieser Nacht wohl schon gebohrt? Während die K’lurier langsam zur Seite wichen,
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