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Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Titel: Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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wohl kaum bieten.
    Trotz allem war er hellwach. Er saß am Bug, legte sich ab und zu selbst in die Ruder und versuchte ansonsten, im schwachen Licht ihrer Laterne die Richtung zu bestimmen, um den anderen den Weg zu weisen. Leider vermochte ihre klägliche Funzel nur wenig gegen die tiefe Finsternis der unterirdischen Kanäle von Ith auszurichten.
    Sie hatten recht schnell einen Wasserarm gefunden, der in den Berg hineinzuführen schien, aber ein schweres Gitter hatte ihnen den Weg versperrt und sie zum Umkehren gezwungen. Dass sie beim zweiten Versuch offenbar mehr Glück hatten, stimmte Amanon nicht zuversichtlicher; schließlich tobte in den Straßen der Heiligen Stadt eine erbitterte Schlacht, und sein Cousin war immer noch spurlos verschwunden. Zudem galt die Kanalisation von Ith als Labyrinth mit unzähligen Sackgassen: In ihrer Furcht vor dem legendären Totenheer hatten die Itharer schon vor langer Zeit viele Wasserwege verschlossen, und seit dem Überfall von Saats Armee war so gut wie jeder Zufluss versperrt. Amanon rechnete jeden Augenblick damit, auf ein neues Hindernis zu stoßen. Sie würden lange rudern müssen, bis sie ein verrostetes Gitter fanden, das sie aus der Mauer reißen konnten, oder eine offene Durchfahrt passierten, die wie durch ein Wunder übersehen worden war.
    Bislang waren sie eher aufs Geratewohl dahingefahren, denn es war schwierig, sich in dem Gewirr aus Kanälen zurechtzufinden. Nachdem sie mehrere Brücken verschiedener Länge und Breite passiert hatten, waren sie eine Weile durch einen Tunnel gerudert, bevor sie wieder ins Freie stießen. Mit der Zeit wurden die Tunnelabschnitte immer länger, und schließlich senkte sich endgültig Finsternis über sie herab. Die Erben hatten das Herz, oder vielmehr die Eingeweide der Stadt erreicht, was unschwer an dem Gestank und dem Unrat zu erkennen war, der im Wasser trieb oder sich an den Ufern angesammelt hatte. Zum Glück wurde der Kanal immer sauberer, je weiter sie stromaufwärts ruderten.
    Im Untergrund der Stadt entdeckten sie fast ebenso viele Seltsamkeiten wie in den Straßen über ihren Köpfen. Dann und wann führte hinter einem Gitter eine Treppe in die Höhe, die den eingemeißelten Symbolen nach zu urteilen zu einem Tempel gehörte. Aus dem schlammigen Wasser erhob sich an manchen Stellen ein gewaltiger Haufen Münzen, die aus den Brunnen der Stadt stammen mussten, und immer wieder lagen Kultgegenstände am Ufer, die von unheimlichen religiösen Ritualen zeugten: kleine Statuen mit abgebrochenen Köpfen, schwere Steine, in die unzählige winzige Dreiecke geritzt waren, oder halbverbrannte Gewänder.
    Viele dieser mysteriösen Devotionalien befanden sich an der Mündung von Abwasserrohren, und Amanon staunte darüber, dass manche Priester ihre Anhänger offensichtlich dazu aufforderten, ihre Opfergaben den Abort hinunterzuspülen. Noch merkwürdiger aber war die Vorstellung, dass ein Kind des Jal für solche religiösen Bräuche empfänglich sein sollte!
    Nachdem sie rund zwei Dezimen ziellos durch die Tunnel gerudert waren, ließen sie die befestigten Abwasserkanäle allmählich hinter sich und drangen in natürliche Gänge vor. Amanon wählte absichtlich die halb verfallenen Wege, da er die Höhlen der Etheker im ältesten Teil des Labyrinths vermutete. Hier trieben kaum Abfälle im Wasser, und die Seitengänge waren nur noch selten mit Gittern verschlossen. Vermutlich wagten sich die Arbeiter, die die Eisenstangen einsetzten und instand hielten, nicht gern so tief in das Gebirge vor, besonders dann nicht, wenn sie abergläubisch waren. Selbst wenn man die düsteren Legenden vergaß, die sich um den Alt rankten, wirkten die dunklen Gewölbe unheimlich. Schuld daran waren vor allem die ockerfarbenen Sandsteinwände, die vor Feuchtigkeit glänzten. Wenn der Lichtschein der Laterne darauf fiel, sah es fast so aus, als rieselte Blut an den Wänden herab, um sich mit dem Flusswasser zu vermischen.
    Die Gefährten konnten nicht sagen, ob sie noch immer auf dem Alt selbst oder auf einem seiner unzähligen Nebenarme unterwegs waren. Der Fluss verzweigte sich unter der Stadt in eine Myriade kleinerer Wasserläufe, die in komplizierten Mustern ineinanderflossen und sich wiederteilten, und die Strömung war zu schwach, um einen Anhaltspunkt zu bieten.
    Nun begriff Amanon, warum man sich in Ith erzählte, dass die Quelle des Alt unauffindbar sei. Man konnte zwar den einen oder anderen Nebenarm hochrudern, aber der eigentliche Fluss

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