Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
einschlagen«, feixte Keb. »Wir werden uns doch wohl nicht von einem Pflaumenkern ins Bockshorn jagen lassen!«
»Vielleicht kennen sie sich hier aus«, überlegte Nolan. »Wenn wir ihnen folgen, könnte uns das bei der Suche helfen.«
Damit sprach er den anderen aus der Seele. Die Hoffnung, ihrem Ziel irgendwie näher zu kommen, war stärker als die Angst vor möglichen Feinden, und so packten sie ihre Waffen fester, nahmen ihren ganzen Mut zusammen und drangen weiter in den Gang vor.
Diesmal war es Eryne, die nach wenigen Schritten innehielt. Vor ihrem geistigen Auge war eine Art Licht aufgeblitzt. Verblüfft zwinkerte sie ein paarmal, dann öffnete sie den Mund zu einem Schrei, senkte ihre Stimme aber gerade noch rechtzeitig zu einem Flüstern. »Die Pforte! Die Pforte liegt vor uns!«, sagte sie mit einer Mischung aus Furcht und Frohlocken.
Die Worte seiner Schwester erfüllten Nolan mit neuer Hoffnung, und er begann vor Erregung zu zittern. Sie hatten so viele Gefahren überwunden, um es bis hierher zu schaffen und vielleicht ihre Eltern wiederzusehen. Doch selbst wenn sie fast am Ziel waren, konnten sie immer noch scheitern.
Der Weg mochte verschüttet sein. Oder die Pforte war zerstört und ließ sich nicht öffnen. Oder ihr Ewiger Wächter, was für ein Ungeheuer es auch sein mochte, richtete seine überirdischen Kräfte gegen sie. Ganz davon zu schweigen, dass die Menschen, die vor ihnen hier entlanggegangen waren, womöglich Böses im Schilde führten und sie aus dem Hinterhalt angriffen! Jetzt stand zweifelsfrei fest, dass ihre Anwesenheit kein Zufall war. Im Grunde war nichts, was ihnen bisher zugestoßen war, dem Zufall zuzuschreiben, dachte Nolan schicksalsergeben.
»Bist du sicher?«, fragte Amanon.
»Ganz sicher«, bestätigte Eryne aufgeregt. »Wir müssen diesem Gang folgen, einmal abbiegen, bis wir in eine große Höhle kommen, und dann … Es ist noch ein gutes Stück, aber es geht auf jeden Fall hier lang!«
»Kannst du die Pforte sehen?«, fragte Keb. »Ich meine, siehst du sie innerlich vor dir?«
Eryne schloss kurz die Augen, um nachzudenken und ihre Fassung wiederzugewinnen. »Das ist es nicht«, sagte sie schließlich. »Ich habe keine Ahnung, wie sie aussieht, ich weiß einfach nur, dass dieser Weg der richtige ist. Es ist, als erinnerte ich mich plötzlich an etwas, das tief in meinem Gedächtnis vergraben war.«
Das Gedächtnis der Götter,
dachte Nolan, sprach es aber nicht aus. Er wollte Eryne nicht noch mehr ängstigen, und den anderen schien es ähnlich zu gehen.
»Kannst du uns auch sagen, ob hier tatsächlich noch andere Menschen unterwegs sind?«, fragte Amanon vorsichtig. »Hörst du sie … Hörst du ihre Gedanken?«
Eryne riss entgeistert die Augen auf, versuchte dann aber, sich zu konzentrieren, wie Zejabel es ihr gezeigt hatte. Nolan beobachtete sie gespannt, obwohl er bezweifelte, dass es ihr gelingen würde. Die Gedanken anderer Menschen hatten sich ihr bisher nur im Schlaf oder im Angesicht großer Gefahr offenbart, und außerdem fühlte sie sich gewiss unter Druck gesetzt, wenn ihre Freunde sie anstarrten. Ihre Antwort gab ihm recht, auch wenn sie anders ausfiel, als er erwartet hatte.
»Ich vernehme nichts«, sagte Eryne bedauernd. »Aber das muss nicht heißen, dass niemand hier ist. Ich kann nichts Bestimmtes hören, weil … weil in meinem Kopf zu viele Geräusche sind«, versuchte sie zu erklären. »Es ist, als gäbe es hier Wesen, deren Geist so stark ist, dass er alle anderen Gedanken überdeckt … Das ist schwer zu beschreiben …«
»Deren Geist so stark ist«, wiederholte Amanon mit Grabesstimme.
Die anderen ließen Eryne noch eine Weile in sich hineinhorchen. Die Adern an ihren Schläfen pochten, während sie lauschte. »Es sind mehrere, und sie halten sich in der Nähe der Pforte auf«, verkündete sie dann. »Und einer … einer ist irgendwo hinter uns.«
Bei diesen Worten führen ihre Freunde herum, als rechneten sie damit, dass ein Ungeheuer in ihrem Rücken auftauchte. Doch so angestrengt Nolan auch in die Dunkelheit spähte und die Ohren spitzte, er vernahm nichts als das Geräusch des Wassers, das von den Felswänden tropfte.
»Weit
hinter uns?«, fragte Keb. »Das kann ich nicht sagen«, murmelte Eryne. »Aber ich glaube, das Wesen kommt näher.«
»Das ist bestimmt der Wächter der Pforte«, sagte Bowbaq mit unsicherer Stimme. »Der Lindwurm im Lande Oo hat sich auch auf uns zubewegt. Wir sollten hier nicht länger
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