Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
sich schon einen Namen machen. Wenn er genug Knochen gebrochen und genug Blut vergossen hätte, würden sie anerkennen müssen, wie mächtig er war.
Der große Augenblick stand vielleicht schon kurz bevor. Die dunklen Kreaturen forderten ihn mit aufgeregten Rufen heraus. Nun hatten auch sie seine Gegenwart gespürt. Irgendwo dort in der Dunkelheit erwarteten sie ihn, um sich mit ihm zu messen.
Zwischen ihnen und ihm blinkte gelegentlich das Licht eines anderen höheren Wesens auf, das allmählich an Kraft und Helligkeit gewann. Der Dämon Cael erinnerte sich noch gut an diese Göttin mit dem erbärmlich weichen Herzen. Es war sein Glückstag: Er würde gleich mehrere Feinde auf einmal erledigen können.
Mit einem grausamen Grinsen schritt Cael unermüdlich seiner Bestimmung entgegen. Die winzige Stimme in den Tiefen seines Geistes flehte und wimmerte vergeblich.
***
Amanon glaubte fast, seinen eigenen Herzschlag zu hören, während er geduckt und mit gezogenem Krummschwert dem Weg folgte, den Eryne ihnen vorgab. Trotz all ihrer Bemühungen war der Versuch, keinen Laut von sich zu geben, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Immer wenn einer auf dem Felsboden ausrutschte oder mit der Klinge seiner Waffe gegen den Stein stieß, hallte das Geräusch doppelt so laut in den Gängen wider. Aber vielleicht machten die Unbekannten vor ihnen selbst so viel Lärm, dass sie das Echo nicht hörten. Das war Amanóns einzige Hoffnung, auch wenn er kein verdächtiges Geräusch aus der Dunkelheit vernahm.
Ihre Lage machte ihn schier wahnsinnig: Sie wussten nicht, welche Gefahren sie erwarteten, und marschieren doch geradewegs darauf zu. Vielleicht hätte er sich weniger Sorgen gemacht, wenn er ein besserer Kämpfer gewesen wäre, aber er hatte weder Bowbaqs und Kebrees Körperkraft noch Zejabels Reaktionsschnelligkeit. Im Gegensatz zu seinem Vater hatte er keine Erfahrung als Krieger.
Sichere Hand, fester Stand, wacher Geist,
hatte ihm Grigän immer wieder eingeschärft, wenn sich Amanon ausnahmsweise zu einer Fechtlektion hatte überreden lassen. Seither hatte er schon unzählige Male bereut, nicht eifriger bei der Sache gewesen zu sein. Zwar hatte er bislang alle Kämpfe mehr schlecht als recht überstanden, aber vielleicht würde er seine Unerfahrenheit schon bald bitter bereuen. Schon sehr bald.
Die anderen wirkten ebenfalls angespannt und schienen zugleich dem Moment entgegenzufiebern, in dem sie vor der ältesten Pforte der Etheker stehen würden. Ein steinerner Bogen mit magischen Kräften, der ihnen viel, leicht den Weg ins Jal öffnete, wo sie ihre Eltern finden und gemeinsam einen Plan gegen Sombre schmieden würden. Stattdessen konnten sie aber auch in eine tödliche Falle geraten. Die nächsten Dezillen würden über ihr Schicksal entscheiden, und sie wussten nicht einmal, mit wem sie es zu tun hatten.
Amanon erschrak, als er plötzlich einen kalten Luftzug spürte. Ein rascher Blick zu Zejabel, die hinter ihm ging, bestätigte ihm, dass sie ihn ebenfalls wahrgenommen hatte. Zum ersten Mal seit Beginn ihrer langen Wanderung durch das unterirdische Labyrinth wehte ihnen ein leichter Windhauch entgegen, und das konnte nur eins bedeuten: Die Hochebene, die sie suchten, war nicht mehr weit!
Als wenige Augenblicke später erneut eine kühle Brise über sein Gesicht strich und den zarten Duft des Abends zu ihm trug, gab es für Amanon keinen Zweifel mehr.
In dem Gang roch es nicht länger nur nach feuchtem Sandstein. Sein Puls begann zu rasen. Ohne sich umzudrehen, wusste er, dass auch seine Freunde die Muskeln anspannten und die Hände fester um die Griffe ihrer Waffen schlossen. Vorsichtig ging er noch ein paar Schritte weiter und blieb dann kurz vor einer Abzweigung stehen. Seine Nerven lagen blank. Sollten ihnen ihre Feinde tatsächlich hier auflauern, mussten sie sich unglaublich leise bewegen.
Nach einer Weile wagten sie sich in den steil ansteigenden Gang vor, auf den Eryne gezeigt hatte. Als sie um eine Ecke bogen, sah Amanon einen hellen Punkt in der Ferne. Der Tunnel führte offenbar geradewegs auf die Lichtung hinaus, auf der die Etheker ihre Toten aufgebahrt hatten. Hastig löschte er seine Lampe, und Niss, der er die zweite Laterne anvertraut hatte, tat es ihm gleich. Lautlos schob Zejabel ihren Dolch in die Scheide, um einen Pfeil in den Bogen zu spannen. Amanon bewunderte ihre Geistesgegenwart. Wenn ihre Gegner plötzlich am Ausgang des Tunnels auftauchten, würden sie eine leichte Zielscheibe
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