Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
herumstehen.«
»Aber vor uns sind ja sogar mehrere«, erinnerte ihn Amanon und machte ein unschlüssiges Gesicht.
»Zumindest können sie nun nicht mehr auf den Überraschungseffekt hoffen«, warf Keb ein. »Unser schönes Fräulein ist der Meinung, dass die Pforte vor uns liegt. Und dahin wollten wir doch, oder nicht?«
»Ich könnte vorgehen und den Weg auskundschaften«, schlug Amanon vor.
»Wir dürfen uns nicht trennen, Mano«, mahnte Nolan. »Nicht auszudenken, wenn du auf fünf Gegner triffst! Gemeinsam haben wir vielleicht eine Chance, aber allein …«
»Und außerdem kommt der Wächter immer näher«, beharrte Bowbaq.
Dagegen wusste Amanon nichts mehr einzuwenden. Er nickte widerstrebend und gab damit das Zeichen zum Aufbruch. Keb packte seine Lowa fester, und wenn der Gang nicht so schmal gewesen wäre, hätte er sie wohl durch die Luft gewirbelt, um sich für den bevorstehenden Kampf aufzuwärmen. Zejabel, die ihren Dolch seit Ith nicht aus der Hand gelegt hatte, zog wortlos ein zweites Messer aus ihrem Stiefel und reichte es Eryne.
»Ich … Es tut mir leid«, sagte Eryne verlegen. »Seit ich im Zustand der Entsinnung das Leid der Menschen fühle, bringe ich es nicht über mich, noch einmal eine Waffe gegen jemanden zu erheben. Und ohne die Entsinnung bin ich eine erbärmliche Kämpferin.«
»Nur für den Notfall«, drängte Zejabel. »Keine Angst, wir werden dich beschützen. Du hast schon mehr getan, als jeder von uns je erreichen könnte.«
Nolan nickte zustimmend, genau wie Bowbaq und Amanon, die sich ebenfalls zum Kampf bereitmachten. Er selbst zog den Stockdegen, den er sich um das Priestergewand gegürtet hatte. Das letzte Mal hatte er damit in Zuias Palast gefochten. Damals war Cael noch bei ihnen gewesen. Er hoffte nur, dass sie nicht wieder einen der Ihren verloren, wenn es zum Äußersten kam.
Sie dämpften das Licht ihrer Lampen, bis sie gerade noch den Boden vor sich erkennen konnten, und machten sich auf den Weg. An der nächsten Gabelung riet Amanon seinen Gefährten, ihre Bündel über der Schulter zu tragen, um sie sofort abwerfen zu können, wenn sie fliehen oder kämpfen mussten.
Nolan fiel auf, dass Amanon außer seinem eigenen Bündel immer noch Caels Gepäck trug. Wahrscheinlich würde es das Letzte sein, was Mano zurückließ.
***
Der Dämon im Körper des Jungen fand sich unter der Erde mühelos zurecht. Selbst in völliger Dunkelheit schritt er unbeirrt voran, denn er sah nachts ebenso gut wie am helllichten Tag. Cael fiel wieder ein, wie er durch die Finsternis in Usuls Höhle hindurch die wahre Gestalt des Gottes der Guori erblickt hatte. Die Erinnerung erfüllte ihn jedes Mal mit grimmigem Stolz. So klar, so überwältigend war noch keiner seiner Siege gewesen.
Und bald würde er zu den dunklen Kreaturen vorstoßen, deren bloße Existenz ihn dazu anstachelte, seine Überlegenheit erneut zu beweisen. Es war nicht mehr weit. Der Junge wusste nicht, wie lange er schon durch die dunklen Gänge lief, doch das war auch belanglos. Sein Körper kannte weder Müdigkeit noch Hunger. In den Kanälen unter der Heiligen Stadt hatte er ein paar Ratten getötet, aber nur zum Spaß. Er genoss die Schnelligkeit, mit der er sie fing, und das verzweifelte Fiepen der Tiere, wenn sie sich zwischen seinen Fingern oder Zähnen wanden. Doch auch dieses Spiels war er bald überdrüssig geworden. Er war ein Eroberer, ein glorreicher Kämpfer, der Besseres zu tun hatte, als Nagetiere zu jagen. Seine eigentliche Bestimmung lag darin, Sombre zu finden, und auch dieser Moment war nicht mehr fern. Der Dämon wartete inmitten der Kreaturen, die er erschaffen hatte. Vielleicht.
Geistig waren sich diese Wesen zu ähnlich, um sie zu unterscheiden. Wenn er sich der Anwesenheit des Dämons vergewissern wollte, musste er versuchen, gedanklich mit ihm in Verbindung zu treten. Doch dann würde Cael ihm seine Gegenwart offenbaren, und das wollte er noch nicht. Er kam schnell voran, er würde sich selbst ein Bild machen. Wenn er sich getäuscht hatte, würde er seine Suche einfach andernorts fortsetzen. Er hatte alle Zeit der Welt.
Auf einmal ging ihm durch den Kopf, dass nicht Sombre, sondern er selbst der Letztgeborene des Karu war. Gleich darauf verwarf er diesen Gedanken wieder. Was bedeutete das schon, wenn die Unsterblichen ohnehin nur einen Wechselbalg des Dämons in ihm sahen? Er rechnete nicht damit, dass einer von ihnen das Wort an ihn richten würde, zumindest nicht so bald. Aber er würde
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