Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
der Schwarzen Legion, der geheimen Untereinheit ihrer Spitzelorganisation, hatte sie alle nötigen Auskünfte eingeholt, und kurz nach ihrem Einzug in den königlichen Palast waren die Bauarbeiten in Angriff genommen worden. In wenigen Dekaden, vielleicht sogar früher, würden sie abgeschlossen sein. Dennoch folgte Sombre Agenor zur Baustelle, um die Wut über das Verschwinden seiner Feinde für einen Augenblick zu vergessen.
Die Halle, zu der ihn die Königin führte, lag nicht allzu weit entfernt. Agenor hatte einen gesamten Flügel der Palastanlage räumen lassen, und nur sie selbst und der Dämon hatten Zutritt zu der geheimen Stätte. Den Arbeitern und Schreibern, die hier am Werk waren, standen Lebensmittel und Material für drei Monde zur Verfügung. Die Männer ahnten nicht, dass sie sich ihr eigenes Grab schaufelten.
Als er das letzte Tor durchschritt, stob Sombre eine Wolke von Steinstaub entgegen. Inmitten des steten Hämmerns der Meißel und der Rufe der Arbeiter auf ihren Gerüsten zeigte Agenor auf die Überraschung, von der er bereits in ihren Gedanken gelesen hatte.
Der Bau kam gut voran, sehr gut sogar. Die Männer leisteten ganze Arbeit: Ihr Werk würde über viele Jahrhunderte hinweg dem Zahn der Zeit trotzen.
Langsam breitete sich ein Lächeln auf Sombres Gesicht aus, ein siegessicheres, triumphierendes Lächeln. Der steinerne Bogen war tatsächlich eine Pracht. Und von den Schriftzeichen, die die Sterblichen auf seine Unterseite übertrugen, schien eine noch größere Macht auszugehen als von den längst vergessenen Originalen.
***
Niss schätzte, dass sie schon mindestens drei Dekanten lang unterwegs waren. In den finsteren Gängen ließ sich nur schwer sagen, wie viel Zeit tatsächlich vergangen war, und obendrein schien das Jal’karu es geradezu darauf anzulegen, sie nicht nur in die Irre zu fuhren, sondern auch ihre Urteilskraft zu trüben. Bowbaq behauptete zum Beispiel, sie seien erst seit einigen Dezimen auf den Beinen. Zejabel hingegen fand, dass bereits ein ganzer Tag verstrichen sein müsse. Insgeheim war jeder von ihnen überzeugt, mit seiner Schätzung richtig zu liegen, und es bereitete ihnen großes Unbehagen, nicht von den anderen bestätigt zu werden. Deshalb beschlossen sie, von nun an lieber zu schweigen. Nur in einem waren sie sich einig: Je schneller sie hier wieder herauskamen, desto besser.
Schließlich waren sie alle der Wanderung durch die Dunkelheit schon längst überdrüssig. In regelmäßigen Abständen plagten sie Hunger und Durst, so dass sie eine kurze Pause einlegen mussten, um etwas von ihren spärlichen Vorräten zu verzehren. Dabei wurde ihnen klar, dass ihnen noch eine weitere Gefahr drohte: Wenn sie nicht bald einen Weg aus dem Labyrinth fanden, würden sie schlicht und einfach verdursten. Bowbaq zufolge verspürte man in den Gärten des Dara keine körperlichen Bedürfnisse; in den Höhlen des Karu waren Hunger und Durst hingegen hundertmal stärker als sonst, ebenso wie alle anderen Gelüste und Begehrlichkeiten. Hin und wieder stießen sie zwar auf ein dünnes Rinnsal, aber das Wasser war jedes Mal schlammigschwarz und stank nach dem allgegenwärtigen Gwel. Bisher hatte niemand gewagt, seinen Schlauch damit zu füllen, doch vielleicht würde ihnen bald nichts anderes übrigbleiben.
Obwohl es keiner laut aussprach, wussten alle, dass ihre Vorräte allmählich knapp wurden. Als Eryne eine Handvoll Trockenfrüchte ablehnte, die Nolan ihr hinstreckte, sahen sich alle bestürzt an, denn ihr Magen hatte vernehmlich geknurrt. Da sie nun um ihre Unsterblichkeit wusste, versuchte Eryne, ihre menschlichen Bedürfnisse zu ignorieren, damit ihren Gefährten mehr zu essen blieb. Sie täuschte Übelkeit vor, doch die anderen durchschauten ihre Absicht sofort. Erst als Amanon sie auf die Gesundheit ihres Kindes hinwies, willigte sie zur großen Erleichterung ihrer Freunde ein, wenigstens eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen: Sie hätten ganz sicher keinen Bissen hinunter bekommen, wenn Eryne ihnen zuliebe gehungert hätte.
Das Lampenöl bereitete ihnen ebenfalls große Sorge. Auf dem Weg durch die Kanäle von Ith und die Gänge unter den Bergen hatten sie bereits einen Großteil ihrer Vorräte verbraucht. Wie lange das restliche Öl noch reichen musste, konnten sie unmöglich wissen, und so überlegten sie, welche Gegenstände sich als Fackel verwenden ließen. Zejabels Bogen und die Pfeile würden sicher gutes Brennmaterial abgeben, ebenso wie Bowbaqs Kaute,
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