Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
sofern es ihnen gelang, sie in Brand zu setzen. Wenn sie dann noch einige Fetzen Stoff um das Holz wickelten, hätten sie wohl für eine Weile genügend Licht. Die Erben hofften dennoch, dass sie nicht gezwungen sein würden, eine solch helle Flamme durch das Reich der Dämonen zu tragen. Schon der matte Schimmer ihrer Laternen erschien ihnen in der undurchdringlichen Finsternis viel zu auffällig.
Zejabel hatte zunächst vermutet, dass Eryne vielleicht im Dunkeln sehen könnte wie andere Götter auch, aber als sie es ausprobierten, schüttelte die Lorelierin nur den Kopf. Notfalls würden sie also doch auf Fackeln ausweichen müssen, denn niemand traute sich, Cael zu einem Versuch aufzufordern. Und selbst wenn sein innerer Dämon sie durch die Finsternis führen könnte, so würde er sie gewiss nicht ins Dara bringen.
Niss behielt ihren Freund schon seit einer Weile im Auge. Sie war so glücklich gewesen, ihm helfen zu können, dass sie sich nun irgendwie dafür verantwortlich fühlte, einen erneuten Ausbruch seines inneren Dämons zu verhindern. Doch genau das schien sich in diesem verfluchten Labyrinth anzubahnen. Nach seinem Geständnis am Morgen war Cael immer mürrischer und verschlossener geworden, wie schon auf ihrer Reise von der Insel Zuia nach Ith. Gelegentlich blieb er unvermittelt an einer Abzweigung stehen, als lausche er einem Lockruf, den nur er hörte, und wenn er sich danach wieder seinen Gefährten zuwandte, funkelten seine Augen angriffslustig. Sobald ihn einer der Erben ansprach, gab er dieses sonderbare Verhalten zwar wieder auf, doch sein Schweigen machte alle noch nervöser. Dass Cael seinen Cousin von sich aus bat, sein Rapier für ihn zu verwahren, machte die Sache nicht besser: Damit bestärkte er sie nur in dem Verdacht, dass seine Aggressivität zunahm.
So marschierten sie von Sorgen und Ängsten geplagt bis zum frühen Abend dahin – zumindest ging Niss davon aus, dass es früher Abend war. Irgendwann kam ihr die Umgebung plötzlich seltsam vertraut vor, und ihren Freunden erging es wohl nicht anders, denn sie sahen sich immer wieder beunruhigt um. Nach einer Weile vernahmen sie in der Ferne ein stetiges Murmeln und Flüstern. Ein Flüstern, das sie alle noch gut in Erinnerung hatten. Nein, das durfte nicht sein …
Doch nur wenige Dezillen später mussten sie der bitteren Wahrheit ins Auge blicken.
Sie waren den ganzen Tag gelaufen, nur um wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukehren. Als sie die Höhle der Undinen betraten, begannen die Feuerschlangen durcheinander zuspringen wie Lachse vor einem Wasserfall.
»Wir müssten meilenweit vom Flüstersee entfernt sein«, sagte Amanon entmutigt. »Meinem Kompass zufolge sind wir immer in dieselbe Richtung gegangen.«
Resigniert löschte er ihre Lampe, die nun überflüssig war, ließ sein Bündel zu Boden fallen und setzte sich an die Wand. Die anderen taten es ihm gleich und warfen sich bekümmerte Blicke zu.
Sie hatten ihre wertvollen Vorräte umsonst verbraucht. Jetzt waren sie wieder da, wo ihr Marsch begonnen hatte, und nichts sagte ihnen, dass es ihnen beim nächsten Mal besser ergehen würde.
Sie hatten die Tücken des Labyrinths unterschätzt. Solange sie nicht mehr darüber wussten, hatte es keinen Sinn, wieder aufs Geratewohl loszulaufen. Nachdem er den ersten Schock verwunden hatte, griff Amanon nach seinem Bündel und zog das ethekische Buch hervor, das ihm am aufschlussreichsten erschienen war. Seit Caels Verschwinden hatte er keine Zeit mehr gehabt, es sich noch einmal in Ruhe anzusehen. Es war vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, sich wieder an die Übersetzung zu machen, aber er wusste nicht, was er sonst tun sollte. Mit etwas Glück stand in dem Manuskript irgendetwas, das ihnen aus der Patsche helfen könnte. Es war seine letzte Hoffnung.
Als seine Gefährten sahen, wie er sich in das Buch vertiefte, machten sie es sich ebenfalls bequem, streckten ihre müden Beine aus und betrachteten den Feuertanz der Undinen. Auch Amanon war immer wieder versucht, den Blick zu heben und sich in dem faszinierenden Schauspiel zu verlieren. Ihm fiel auf, dass Nolan dem Zischeln der Flammen besonders gebannt lauschte, und so überraschte es ihn kaum, als er sich bald darauf zu ihm setzte, um ihm etwas anzuvertrauen.
»Es ist, als würden … als würden uns die Undinen daran hindern, von hier wegzukommen«, murmelte er. »Sie haben das Labyrinth so verändert, dass wir wieder hier herausgekommen sind, da bin ich ganz
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