Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
beigetragen, während es nur einem unter ihnen bestimmt war, der Erzfeind zu sein – oder vielmehr, es zu werden.
Wie viele Kinder genau im Dara zur Welt gekommen waren, stand nicht in der Chronik. Wie viele mochten seither in die Welt hinausgegangen sein, um das ihnen zugedachte Reich zu beziehen? Vielleicht waren manche sogar als Erwachsene im Jal geblieben, so wie Nol. Wenn dem so war, hatten sie vielleicht eine weitere Generation von Götterkindern hervorgebracht, oder auch zehn, wenn nicht gar hundert! Schließlich erzählten sich die Menschen immer wieder von Verwandtschaften zwischen den Göttern. Und waren die Nachkommen jener Unsterblichen etwa noch mächtiger als ihre Eltern, da sich die magische Kraft des Gwels von Generation zu Generation vervielfachte? War das bei Sombre der Fall? War er deshalb mächtiger als die anderen Unsterblichen?
Rasch schob Nolan diesen Gedanken beiseite. Immer wenn er versuchte, sich mit derlei Überlegungen abzulenken, landete er irgendwann bei Sombre und dem entsetzlichen Leid, das den Erben nach einem unerbittlichen Kampf in naher Zukunft bevorstand. Aber wie sollte er das in dieser unheilschwangeren Umgebung auch vergessen, wo er nichts anderes zu tun hatte, als stumm einen Fuß vor den anderen zu setzen?
Plötzlich riss ihn Eryne aus seinen Grübeleien. Seine Schwester schlug alle Vorsicht in den Wind und rief ihnen jubelnd zu, dass sie den Weg ins Dara vor sich sehe. Sie würde sie in die Gärten führen können!
Auf einen Schlag vergaß Nolan alle bösen Prophezeiungen und Ängste, alle vergangenen und künftigen Gefahren, so eilig hatte er es, seinen Gefährten zu folgen, hinaus aus dieser Finsternis, in der sie schon viel zu lange gefangen waren.
Mit Cael geschah etwas Sonderbares. Obwohl er glaubte, nicht unter dem Einfluss seiner Stimme zu stehen, wünschte er sich insgeheim, dass es Eryne nicht gelingen würde, sie aus dem Kam zu führen.
Er konnte sich gar nicht erklären, woher dieses Gefühl kam. Verwirrt versuchte er, seine Gedanken zu ordnen, während er den Erben folgte, die aufgeregt durch die Gänge hasteten. Sie waren in Laufschritt gefallen, ohne es so recht zu merken. Nachdem sie den ganzen Weg über höchste Vorsicht hatten walten lassen und dem üblen Einfluss des Kam widerstanden hatten, konnten sie jetzt an nichts anderes mehr denken als daran, diesen abscheulichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Auf einmal kam ihnen der Gestank des schwarzen Gwels unerträglich vor, fast vergiftet. Jede weitere Dezille, die sie in diesen Gängen ausharren mussten, war eine Qual.
Caels Widerwille war nicht ganz so stark. Die Vorstellung, noch ein wenig länger im Karu zu bleiben, schreckte ihn kaum, aber wenn er darüber nachdachte, war ihm unbegreiflich, warum das so war. Ihm schien, dass sein Dämon ihm bei jedem Herzschlag die Kontrolle über seinen Körper und seinen Geist streitig machte, und dennoch hatte er das Gefühl, bei klarem Verstand zu sein. Wie war es da möglich, dass es ihm geradezu widerstrebte, das grauenhafte Labyrinth zu verlassen?
Da fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen, und er begann, am ganzen Leib zu zittern. Irgendetwas hielt ihn zurück, weil ein Teil seiner selbst hierher gehörte. Die Stimme, die ihn seit seiner Geburt verfolgte und quälte, war hier zu Hause!
Als ihm klar wurde, in welcher Gefahr er schwebte, schlug der Schreck in nackte Angst um. Schon verlangsamten sich seine Schritte unwillkürlich. Er nahm alle Willenskraft zusammen, um die anderen einzuholen, die sich immer weiter von ihm entfernten. Bald sah er nur noch den fahlen Schimmer ihrer Lampen am Ende des Gangs, und er war drauf und dran, einfach zu warten, bis die Dunkelheit sie endgültig verschluckte. Im nächsten Augenblick schüttelte er sich und zwang seine Beine, sich wieder in Bewegung zu setzen, auch wenn sie ihm kaum noch gehorchten.
Aber nicht der Dämon lenkte ihn. Vielmehr versuchte das Karu selbst, ihn in seine Gewalt zu bekommen. Die Brutstätte der schwarzen Seelen weigerte sich, eines ihrer Kinder ziehen zu lassen, bevor es vollends zum Dämon herangereift war. So deutlich er die Gefahr auch spürte, so erbittert er sich gegen die Kraft des Jal wehrte, Cael konnte nicht mehr verhindern, dass der Abstand zu seinen Gefährten immer größer wurde.
Nun begriff er, auf welcher Macht der Glaube der Etheker beruhte. Das Dara und das Karu waren tatsächlich viel stärker als die Gottheiten, die sie hervorgebracht hatten. Er musste
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