Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
all seine Energie aufbringen, um überhaupt noch einen Fuß vor den anderen zu setzen. Tränen liefen ihm über die Wangen, während seine Freunde vor ihm zu immer winzigeren Schatten zusammenschrumpften … Bald wären sie außer Sicht, und das Labyrinth würde ihn nie mehr freigeben. Zumindest nicht in seiner menschlichen Gestalt.
Cael spürte, wie Verzweiflung und Finsternis von ihm Besitz ergriffen, als seine Gefährten plötzlich zu schreien begannen und sich der Zauber, der ihn gefangen hielt, ein wenig lockerte. Die Schatten, die ihre Lampen an die Wände warfen, zuckten wie wild: Irgendwo vor ihm kämpften die Erben gegen einen unbekannten Feind. Seine Entschlossenheit wuchs. Er spannte die Muskeln und nahm all seinen Willen zusammen, um seinen Freunden zu Hilfe zu kommen. Hatte man ihm nicht erzählt, dass sein Vater ein mächtiger Magier war? Ein wenig von dieser Kraft musste doch auch durch seine Glieder strömen. Er würde gegen die Fesseln des Jal ankämpfen. Selbst wenn er nicht weiter kommen sollte als bis zum Schauplatz des Kampfes, so konnte er wenigstens seinen Freunden helfen, und wenn es das Letzte war, was sie gemeinsam erlebten.
In einem schier übermenschlichen Kraftakt schaffte es Cael, sich bis zu Eryne und Niss zu schleppen, die vor dem Kampf in Deckung gegangen waren. Erschrocken starrten sie ihn an. Offenbar hatten sie noch gar nicht bemerkt, dass er zurückgefallen war, und sein hoch konzentrierter Gesichtsausdruck schien ihnen unheimlich zu sein. Es kostete Cael unendlich viel Energie, die Hand an seinen Gürtel zu führen – da erinnerte er sich, dass er Amanon sein Rapier überlassen hatte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als mit bloßen Händen zu kämpfen.
In der kleinen Höhle, die vor ihm lag, war eine Horde Lemuren über die Erben hergefallen. Die Affenwesen waren kleiner als die Exemplare, die sie vor der Pforte getötet hatten, aber es waren viele, und sie befanden sich auf eigenem Territorium. Jeder der Freunde musste es mit mindestens zwei Gegnern aufnehmen, und gegen eine solche Übermacht hatten sie keine Chance. An Bowbaqs Stirn klaffte bereits eine tiefe Wunde, aus der ihm das Blut in Strömen übers Gesicht lief. Er wankte hin und her und schien sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten zu können.
In diesem Augenblick trat Cael mitten in das Getümmel.
Die Lemuren erstarrten, ihre tödlichen Fangzähne und Krallen zuckten durch die Luft, ihr Knurren erstarb – und auf einmal kauerten sie sich furchtsam zusammen. Nachdem der erste von ihnen in einen kleinen Seitengang geflohen war, gerieten alle in hellen Aufruhr und griffen sich sogar gegenseitig an, um möglichst schnell aus der Höhle zu kommen.
Cael sah sich das Chaos an, ohne auch nur die Hand zu heben. Er ahnte, dass die Angst, die er diesen niederen Geschöpfen einflößte, irgendwie mit der Macht des Jal zu tun hatte, der er unterlag. Keb, Amanon und Zejabel hingegen schlugen eifrig auf die fliehenden Lemuren ein. Als die Erben wieder vollzählig versammelt waren, hatten sie drei Gegner niedergestreckt und die anderen offenbar endgültig vertrieben. Dennoch stellte sich Nolan zur Sicherheit an dem Durchgang auf, in dem sie verschwunden waren.
Was danach folgte, nahm Cael wie durch einen Schleier wahr. Er sah, wie sich Keb in die Mitte der kleinen Höhle stellte und die Hände verschränkte, um Zejabel hochzuhieven. Erst als sie auf Kebs Schultern kletterte, bemerkte er das Loch in der Felsendecke. Das matte Licht, das die Grotte erhellte, hatte er die ganze Zeit für Lampenschein gehalten – dabei fiel es von draußen herein. Dort oben dämmerte der Morgen.
So stieg Zejabel als Erste in die Gärten des Dara hinauf, auch wenn sie sich keine Zeit nahm, ihre Schönheit zu bewundern. Kaum hatte sie sich durch das Loch gezwängt, warf sie den anderen ein Seil herunter.
Bowbaq schwindelte bei der Vorstellung, daran hochklettern zu müssen, aber die Decke war zum Glück so niedrig, dass er es mit Kebs Hilfe im Handumdrehen schaffte. Der Wallatte folgte ihm aus eigener Kraft und bedeutete Eryne, sich gut an dem Seil festzuhalten, bevor er und die beiden anderen sie ins Freie zogen. Unterdessen sah Cael hilflos und verzweifelt zu, ohne sich entscheiden zu können, ob er ihnen Lebewohl sagen oder lieber ohne ein Wort im Labyrinth verschwinden sollte.
Als Nolan ebenfalls nach oben geklettert war, winkte Amanon die beiden Jüngsten herbei. Kaum hatte Niss das Seil gepackt, wurde Cael von Traurigkeit
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