Die Krieger der Königin: Schattenmacht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
liebsten gemocht, die Zeit, in der die meisten Farmarbeiten des Jahres bereits erledigt waren, der Schnee aber noch nicht fiel. Zu Hause in Yed war es immer zu heiß gewesen für Schnee. Sie hatte ihn das erste Mal gesehen, nachdem sie hier angekommen war. Das war auch das erste Mal gewesen, dass sie die Herbstfarben der Bäume bewundern konnte, und die hatten sie auf eine Weise beeindruckt, wie es dem Schnee nicht gelungen war. Wass hatte das nicht wirklich verstanden, dachte sie mit vertrauter Pein. Auch nicht, als er Schneeballschlachten erlebt hatte.
»Kann ich dich Autumn nennen?«, fragte sie ein wenig scheu ihre Heilerin.
»Ja.«
Gabralina lächelte sie an und fühlte Autumns Freude darüber. »Danke.«
Sie gingen durch die Stadt und unterhielten sich leise; Gabralina sprach über ihre Kindheit auf der Farm in Yed, wo sie mehr Steine ernteten als Früchte, und Autumn erzählte von dem Stock, in dem sie geschlüpft war und als einfache Heilerin gedient hatte, bis ihre Mutter aus irgendwelchen Gründen beschlossen hatte, dass sie anders war und vertrieben werden musste.
»Es klingt, als hättest du Schlimmeres durchgemacht als ich«, sagte Gabralina. »Mich hat man fast geopfert.«
»Mich auch, wenn man darüber nachdenkt.«
Gabralina runzelte die Stirn. »Wahrscheinlich. Wir mussten beide gehen.«
»Das haben wir getan. Und dann wurde alles besser.«
»Ja«, stimmte Gabralina zu und wandte den Blick ab, weil wieder Trauer in ihr aufstieg. »Wird es je besser?«, wimmerte sie.
»Die Trauer?«, riet Autumn.
»Ja. Es ist nur … es tut so weh, dass er weg ist. Er kann nicht weg sein.«
Autumn dachte darüber nach. »Er ist nur nicht mehr hier. Sein reales Sein existiert noch, und es wird irgendwo anders als jemand Neues wiedergeboren werden.«
Gabralina starrte sie erstaunt an. Daran hatte sie nie gedacht. Plötzlich fühlte sie sich ein wenig besser.
Ein paar Minuten später erreichten sie ihren Bestimmungsort, ein weitläufiges, organisch wirkendes Haus, das der reine Auswuchs einer Sylphenfantasie war. Gabralina ging zur Tür und klopfte.
Die Tür ging so schnell auf, dass ihr klar wurde, dass man auf sie gewartet hatte. Nelson lächelte sie beide an und streckte sofort den Arm aus, um Autumn den Sack abzunehmen. »Willkommen zu Hause«, sagte er. »Mutter wird sich wahnsinnig freuen.«
Gabralina errötete und trat ein. »Ist es wirklich okay, wenn ich hierbleibe?«
»Sicher. Wir haben vierzehn Schlafzimmer. Stria hat ein wenig übertrieben, als sie das Haus baute.«
Er führte sie durch ein Labyrinth aus Räumen, und Gabralina war sich jetzt schon sicher, dass sie sich hier bald verlaufen würde. Sie hielt sich nah an Nelson, während Autumn ihr folgte und die Wände und den Boden genauso musterte wie die Möbel, die aus der Bausubstanz zu wachsen schienen. Gabralina dachte kurz daran, dass sie jedes Mal Stria rufen mussten, wenn sie einen Stuhl verschieben wollten. Trotzdem war das Haus auf eine seltsame Art gemütlich.
Sie betraten die Küche mit dem riesigen Erntetisch, wo die Kinder sie begrüßten und Iyala sie herzlich willkommen hieß. »Willkommen!«, rief sie und umarmte die beiden. »Willkommen!«
»Danke, dass wir hierbleiben dürfen«, sagte Gabralina.
»Nicht der Rede wert, mein Entchen. Ich bin ja froh, dass du hier bist und mir hilfst. Seitdem mein Ehemann tot ist, habe ich das Gefühl, wir sollten mehr Leute hier haben.« Ihre Augen spiegelten für einen kurzen Moment Schmerz wider, bevor sie sich zu Autumn umdrehte. »Wie lebst du dich ein? Ich höre, Frank macht sich sehr gut.«
Autumn musterte sie überrascht. »Tatsächlich?«, fragte Gabralina und erinnerte sich an den neuen Krieger und daran, wie negativ er auf Cherry reagiert hatte.
Iyala lächelte breit. »Ich kenne nicht alle Details.« Das Glitzern in ihren Augen verriet allerdings, dass sie sich eine Menge zusammenreimen konnte. »Aber es scheint, als hätte Cherry ihn mit in ihr Zimmer in der Taverne genommen, um ihn zu überzeugen. Ich habe gehört, sie waren recht laut. Zumindest konnte man sie im Gastraum mühelos hören.«
Gabralina kicherte und schlug sich die Hände vor das Gesicht. Nelson schüttelte den Kopf, und Autumn lächelte.
»Schön für ihn«, sagte sie. »Jetzt, wo ich hier bin, werde ich mich nicht mehr genug verändern, um ihm zu geben, was er will. Ich bin froh, dass es auch für ihn gut war.«
Gabralina musterte sie unsicher. »Dieser Ort ist also gut für dich?« Sie war sich nicht
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