Die Krieger der Königin: Schattenmacht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
einen kurzen Blick zu Ril. Der Krieger wirkte gelangweilt. »Mein Schicksal steht hier nicht zur Diskussion.«
»Wirst du uns töten lassen?«, fragte Erry. Er war der Jüngste der fünf und wirkte unsicher. Leon hatte aufgrund des Verbrechens, für das sie hier inhaftiert waren, kein Mitleid mit ihm.
Trotzdem gab es keinen Grund, nicht ehrlich zu sein, und auf lange Sicht gesehen würde Mitgefühl bessere Ergebnisse erzielen als Gewalttätigkeit. »Nein. Wenn die Krieger euch nicht getötet haben, werde ich es sicherlich nicht tun. Ich muss entscheiden, ob wir euch laufen lassen oder weiterhin einsperren. Na ja, eigentlich müsst ihr das entscheiden.«
»Was meinst du damit?«
»Wenn ihr Alcor eine Nachricht überbringt und schwört, niemals zurückzukommen, bringen wir euch an die Grenze und lassen euch laufen.« Das war Solies Entscheidung, und Leon war damit einverstanden.
»Das ist alles?« Randel wirkte wenig überzeugt.
»Das ist alles. Wir wissen, warum ihr gekommen seid, und wir wissen, dass wir euch alle erwischt haben.«
Er drehte sich um und ging wieder zur Treppe. Ril folgte ihm. Leon hatte nur sicherstellen müssen, woher sie kamen, und das hatte er von dem Moment an gewusst, als er sie gesehen hatte. Jetzt konnten sie eine Nachricht überbringen und Alcor wissen lassen, wie die Konsequenzen aussähen, sollte er so etwas noch einmal probieren. Keiner von ihnen wollte einen Krieg beginnen, besonders nicht Solie, aber sie würden auch nicht ihr Leben riskieren. Solie war eine gute Königin, aber sollte sie sterben, würden die Krieger verrückt spielen, bis die nächste Königin bestimmt worden war, und es wäre viel zu einfach, die falsche Frau zu wählen. Der erste Krieger, der nach Solies Tod mit seinem weiblichen Meister Sex hatte, würde diese Frau zur Königin erheben. Es gab Frauen hier, die Leon sich als Königinnen vorstellen konnte, aber es gab auch andere, die nur deswegen einen Krieger hatten, weil es nötig war.
Selbst wenn Leon Solie nicht so gern gehabt hätte, hätte er nicht gewollt, dass ihr etwas geschah. Das bedeutete, dass er Alcor davon überzeugen musste, dass sie ein zu gefährliches Ziel war, egal, wie sehr sein Verfolgungswahn ihn beherrschte.
Leon öffnete die Tür und trat an Dillon vorbei. Ril folgte ihm auf dem Fuß. »Warte!«, rief jemand, aber Leon sah sich nicht um. Sie konnten eine Weile schmoren, und er hatte andere Aufgaben, um die er sich kümmern musste.
Claw stand unbeweglich hinter der Tür. Ihm war nicht langweilig. Er konnte ewig so dastehen, warten und beobachten. Er fing die Gefühle der Männer auf, die er bewachen sollte, und spürte Dillon, wenn er von einer Form in die andere wechselte, einfach, weil es Spaß machte.
Damals in seinem Stock hatte Claw eine Ewigkeit stehen und eine einzige Stelle für eine Zeitspanne bewachen müssen, die hier Jahren gleichkam. In Sylphental allerdings wurden die Meisterinnen unglücklich, wenn sie ihre Krieger zu lange nicht sahen, und so war seine Schicht erstaunlich kurz. Schon in ein paar Stunden würde er abgelöst werden. Dann konnte er wieder zu Rachel gehen.
Er dachte an sie, an ihre weiche Haut und ihre wunderbaren Gefühle, daran, wie freundlich sie war und wie wunderbar sie sich anfühlte; er dachte an die Unterrichtsstunden, die sie ihm gegeben hatte, und an den Trost, den sie ihm vermittelte. Er liebte sie so sehr, dass er das Gefühl hatte, wahnsinnig werden zu müssen, wenn sie ihn je verließ.
Das brachte ältere Erinnerungen zurück an das Mädchen, das er nur für einen Moment gesehen und für das er das Tor durchquert hatte, nur um beobachten zu müssen, wie sie umgebracht wurde. In diesem Moment war sein Geist gebrochen, und der Mann, der ihn gebunden hatte – Boradel –, hatte nur gelacht. Der Schmerz dieses Lachens und das Entsetzen seines Spottes, all das stieg wieder in Claw auf. Er zuckte zusammen und drückte seine Hände hilflos an die Brust, als würde er jeden Moment geschlagen.
Rachel. Rachel sagte ihm immer wieder, er solle an schöne Dinge denken, wenn die Erinnerungen in ihm aufstiegen. Er versuchte, an Rachel zu denken, aber Boradel lachte und befahl ihm, sich selbst zu verletzten, damit er und seine Freunde zusehen konnten, befahl ihm, sich von Klippen zu werfen oder auf Schwerter aufzuspießen. Seinem Meister hatten die Schmerzen des Kriegers Vergnügen bereitet. Claw wimmerte, weil er einfach nicht wusste, wie er das verdrängen sollte, egal, was Rachel gesagt
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