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Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Titel: Die Krieger von Gordolon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sancho Saltwell
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„Und jetzt verliere ich mein Eigenes. Die Frage ist, wo bin ich, nicht, zu wem werde ich gebracht.“
    Der Schatten schweig einen Moment. Aus den Worten des Truppführers sprach so viel Erfahrung und Resignation, dass es ihn gerade zu überwältigte. Er war nur ein wartender Geist, ein Wesen ohne Gesicht, das jede nur erdenkliche Form annehmen konnte, aber dennoch standen ihm hier weniger als eine Antwort zur Verfügung. Schließlich besann sich seine steinerne Verkörperung und der letzte Rest seines Selbst drang wie Licht durch die Lücken der Bäume aus ihm heraus. Erinnerungen an Früher liebkosten ihn und lullten ihn ein, und das, was wichtig war, gesellte sich zu den neuen Variationen der Entgegnung. Es sind auch Menschen unter deinen Opfern gewesen, unter denen, die ich zu meiner Zeit tötete, gehörten nur Wesen des Bösen. Glaubst du, es besteht ein Unterschied darin, wer man ist, und was man einst getan hat? Schließlich warst du es, der den Frauen ihre Männer weggenommen hat, im Blut der Feinde badete und einzig dein Stolz verhüllte dir die Folgen deines Schaffens! Die Stimme des Schattens hob sich in einem tosenden Anfall von Richterlichkeit. Willst du ihre Gesichter sehen? Von innerlichem Schmerz verzerrt, blutbefleckt ihre Gewänder, verlassen und trauernd ihre Kinder? Willst du sehen, wie sie der Hunger und der Tod langsam zermürbt?
    Josias schloss die Augen, während sich seien Hände von Trotz zeugend zu Fäusten ballten. „Sie hatten es verdient!“, zischte er.
    Du meinst also, sie hatten es verdient? Verdient zu sterben? Niemand verdient den Tod! Noch während er sprach veränderte sich seine Stimme, glich mehr und mehr der Ramhads, verwirrend und voller Bosheit, angehäuft von Lügen und Betrug. Du willst also wissen, wohin die Menschen nach dem Tode gehen? Josias schaute auf, jegliche Bestürzung in seinem Gesicht wich Entrüstung und schwenkte dann über in flammenden Hass auf die Wahrheit. Seine eigenen Nägel schnitten ihm ins Fleisch seiner Hände. In die Schatten!, kam sogleich die Antwort, beißend und verfluchend. In die Schatten gehen sie! In die ewige Dunkelheit, versinken wie in einem Sumpf, verschwinden in großer Traurigkeit, und ihre Zahl ist so groß, dass sich ihre geschundenen, abgemagerten Leiber zu Hunderten auf den Feldern des Todes häufen!
    Tränen stiegen ihm in die Augen und er verschloss sie, immer wieder das eine Wort vor sich hermurmelnd, während seine Abwehr so langsam zerfiel, schwand unter der ständigen Bresche der Worte. Er sah Menschen, deren Häupter geneigt waren, gekleidet in einfache, zerrissene Sackleinen, durchlöchert und blutbefleckt. Der größte Teil ihrer Gesichter war entstellt und übersät von Blutergüssen, Haut blätterte faulig an einigen Stellen ab, Haare waren zerzaust und manchmal sogar ausgerissen. Trostlos schritten sie in langen Zweierreihen in einen Nebel aus Schwärze, ins nichts, schienen sich Schichtweise aufzulösen, einfach zu vergehen. Er konnte es nicht fassen, und die Vorstellung, dass er einige von ihnen auf dem Gewissen hatte, erdrückte ihn schier. „Für den König des Tieflandes...“, murmelte er in Gedanken. „Für den König des Tieflandes... In seinem Auftrag tötete ich...“
    Ja, du tötetest sie! Wehrlose Menschen, Frauen und Kinder, und man sagte dir, es wären Spitzel und Späher des Feindes gewesen, als der Erbkrieg ausgebrochen war! Du wusstest, dass es nicht so war, schenktest den Worten deines ‚Königs’ Glauben und sahst noch stumm zu, als dessen Bedienstete deren Weiber schändeten und sie dann auf den Scheiterhaufen verbrannten!
    „Nein!“, schrie der Feldherr und warf sich verzweifelt herum. „Alles Lügen! Lügen!“ Seine Stimme wirkte fast euphorisch, während er sich weigerte das einzugestehen, mit dem er konfrontiert wurde.
    Nein!, jaulte der Schatten und breitete die Arme schlagartig aus, sodass die Fetzen seines Umhangs wie Flammen züngelten und loderten. Sieh hin! Sofort erlosch die Dunkelheit, versiegte auf einen Schlag und machte einem unnatürlichen Licht platz, dass im Raum zu hängen schien.
    Josias zuckte zusammen, als er Berge von Knochen und toten Leibern erblickte. Die Gebeine waren abgenagt und von getrocknetem Blut verziert, besudelte Stofffetzen lagen zwischen all dem, Schädel türmten sich auf und starrten mit leeren Augenhöhlen in alle nur erdenklichen Richtungen, zertrümmert oder durchbohrt. Alles war versunken in einer Kakophonie aus Angst und Schrecken, ein

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