Die Kriegerin der Kelten
eine Schwertklinge sich unter seinen Helm gebohrt hatte.
»Er hat gut gekämpft.« Cygfa saß auf dem umgedrehten Schild und beobachtete ihren Bruder dabei, wie dieser die Beinschienen des Mannes abschnallte. Auch Cygfa war verletzt worden. Dunkel quoll das Blut aus einer flachen Schnittwunde an ihrem Oberschenkel, während aus zwei Wunden an ihrem Schwertarm hellere Rinnsale tröpfelten.
»Und ich habe gesehen, wie du ihn schließlich getötet hast«, erwiderte Cunomar. Er liebte seine Schwester. An jenem Tage, als man sie schließlich doch noch aus dem Exekutionsritus des Prokurators befreit hatte, hatte er vor Ardacos einen Schwur geleistet. Cunomar hatte geschworen, dass er fortan mit seinem Leben dafür garantieren wollte, dass seine beiden Schwestern niemals wieder unter den Grausamkeiten Roms zu leiden hätten. Dafür wollte er kämpfen, das war sein erklärtes Ziel, solange er, Cygfa und Graine noch unter den Lebenden weilten. Cygfa hatte Cunomars Schutz zwar im Grunde nie gebraucht, doch sein Schwur hatte zumindest ihm dabei geholfen, nicht den Glauben an ihre Genesung zu verlieren. Ein stechender Schmerz durchzuckte seine Brust, doch er sagte nichts davon, denn angesichts dessen, was seine Schwestern und er bereits hatten erleiden müssen, war eine solch kleine Unpässlichkeit nicht der Rede wert. Huldvoll fuhr er fort: »Und der Kerl hätte auch noch ein weiteres Dutzend Krieger niedergestreckt, wenn du nicht gekommen wärst und ihn getötet hättest.«
Cygfa aber zuckte nur teilnahmslos mit den Achseln. »Irgendwann verließen ihn einfach die Kräfte, und Dubornos lenkte ihn ab. Aber ich bin nicht gekommen, um mit dir über den toten Legionar zu sprechen.«
Die Ältesten der Kaledonier hatten Cunomar gelehrt, seinem Kummer niemals auszuweichen. »Dann willst du also über Valerius reden? Hat er dir etwa den Hengst mit den weißen Fesseln geschenkt?«
Von allen Kriegern, die an diesem Tage auf dem Schlachtfeld gekämpft hatten, hatten zwei sich besonders hervorgetan. Und dies war zum einen Valerius gewesen, der Halbrömer, der auf seinem Krähenpferd mit einer solchen Inbrunst und Selbstvergessenheit für die Eceni gekämpft hatte, wie es nur die wirklich bedeutenden Krieger vermochten, die sich damit unübersehbar vom Rest des Heeres abhoben. Die andere war Cygfa gewesen. Sie, die Seelentochter der Bodicea, die blondschöpfige Tochter von Caradoc, hatte auf der anderen Seite des Schlachtfelds gefochten, und auch sie hatte einen schwarzen Hengst mit weißen Fesseln geritten, ein Tier, das ganz eindeutig von demselben Schlage war wie Valerius’ berüchtigter Schecke.
Zwar war Cygfas Pferd nicht ganz so wild und aggressiv wie der Hengst namens Krähe, doch es reagierte schneller auf Cygfas Befehle als jedes andere zuvor, sodass Kriegerin und Pferd geradezu zu einem einzigen Wesen zu verschmelzen schienen. Keiner kam umhin, mindestens einmal zu der Kriegerin mit dem hellen Haar emporzublicken, das hoch und golden wie eine Flamme über dem schwarz-weißen Leib ihres neuen Schlachtrosses flatterte. Cunomar hatte seine Schwester beobachtet und bemühte sich, das Tier nicht als Belohnung für Cygfas bisherigen Einsatz im Kampf gegen die Römer zu deuten. Denn er wollte kein Mann sein, der anderen ihr Glück neidete. Und schon gar nicht wollte er seiner geliebten Schwester irgendetwas missgönnen.
Cygfa grinste. Ein Anblick, der so selten war, dass allein dieses Grinsen Cunomars Herz schon erfreut höher schlagen ließ. »Valerius war offenbar so ein Gerücht zu Ohren gekommen«, begann sie. »Das Gerücht, dass ich mit ihm um das Pferd kämpfen wolle, das ich jetzt reite. Also ist er mir zuvorgekommen und hat es mir geschenkt, ehe ich ihn dazu hätte herausfordern können.« Dann strich sie sich mit der Hand durchs Haar und erklärte in wieder etwas ernsterem Tonfall: »Aber auch darüber wollte ich mit dir nicht sprechen. Stattdessen geht es mir vielmehr um Valerius selbst. Ich...«
»Du hältst ihn für den am besten geeigneten Anführer für das Kriegsheer. Ich weiß. Alle wissen das. Daran hast du bei der Ratsversammlung ja auch keinen Zweifel gelassen.« Damals hatte es Cunomar wehgetan, zu sehen, wie eindringlich seine Schwester Valerius zu unterstützen versuchte. Nun, nach der erfolgreichen Schlacht gegen die Römer, war Cunomar einfach nur glücklich, dass er und Cygfa noch lebten und überhaupt noch in der Lage waren, sich über die Führung des Kriegsheeres beratschlagen zu können.
»Ach,
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