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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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gellenden Schreie des Verwundeten. Sofort eilten Ulla und Mara zu ihm hinüber, stellten sich von Angesicht zu Angesicht den Söldnern gegenüber, die zwar nicht in der Lage sein mochten, einen Angriffskeil in Sekundenschnelle umzuformieren, die aber dafür überaus geschickt darin waren, sich zu einer fest geschlossenen Reihe aufzubauen. Und dann warteten sie, die Blicke zur Seite gewandt, und starrten hoffnungsvoll in die Gasse, die Schilde ineinander verkeilt und scheinbar wie mit dem Erdboden verwachsen. Und warteten …
    »Es kommen noch mehr Veteranen«, erklärte Ulla leise. »Sie laufen gerade an dem Haus vorbei, auf dem du das Banner gehisst hast.« Cunomar spürte die Glut, die von ihrem Körper ausstrahlte, konnte ihren Schweiß riechen, und er erahnte, wie unwichtig es ihr war, ob sie nun starb oder nicht. Sie war bereits fast gestorben. Und er hatte sie wieder gerettet. Doch diese Dinge drangen allesamt bloß ganz langsam in sein Bewusstsein.
    Ulla schaute ihn an, flüchtig nur, doch ohne Angst. »Lass uns in den Kreis der Bärin eintreten. Wenn wir schon sterben müssen, wollen wir noch mindestens einen Feind mit uns nehmen.«
    Niemand, der jemals in den Kreis der Bärin getreten war, hatte den darauf folgenden Kampf überlebt. Keiner konnte davon künden, wie es war, dieses Ritual zu vollziehen. Das Ritual, um das es dabei ging, verlangte, dass jeder Krieger zunächst einen Kreis in den Erdboden oder das Grasland zeichnete und anschließend unter Eid versprach, diesen Kreis nicht mehr zu verlassen, außer, um sich auf den ihm am nächsten kommenden Feind zu stürzen. Er durfte alles benutzen, was ihm für diesen Angriff zur Verfügung stand, seine Hände, seine Zähne und natürlich sein Messer, ebenso wie sein eigenes Fleisch, seine eigenen Knochen, um damit den Feind so nahe an sich herankommen zu lassen, dass dieser den Krieger zwar tötete, dass aber zugleich auch der Krieger den Feind töten konnte. Auf diese Weise würde wenigstens ein Geist die Krieger begleiten auf ihrer Reise durch die Wälder hinter dem Leben und hinein in das Herz der Bärengöttin, jener höheren Macht, der die Krieger ihre Seele versprochen hatten.
    Noch immer wusste Cunomar nicht, wo Scerros sich gerade aufhielt. Die anderen drei seiner Kampfgefährten aber standen dicht genug bei ihrem Anführer, dass auch sie hören konnten, was Ulla gerade vorgeschlagen hatte. Sie hatten Angst und waren furchtlos zugleich und starrten Ulla an, als ob diese bereits in das Herz der Bärin eingetreten sei und somit bereits Teil des Mysteriums um die Bärengöttin geworden wäre. Cunomar fühlte ein gänzlich unerwartetes und dennoch intensives Gefühl des Stolzes in seinem Inneren aufwallen, Stolz auf sich selbst, Stolz auf die anderen, vor allem aber auf Ulla. Zum ersten Mal in seinem Leben spürte er, dass es etwas gab, für das es sich zu leben lohnte, etwas, das noch wichtiger war, als sich vor seiner Mutter und Ardacos’ strengen Blicken endlich als echter Bärinnenkrieger zu erweisen.
    Da drang wie aus weiter Ferne, wie aus einer anderen Zeit und aus einer anderen Schlacht Cygfas Stimme in sein Bewusstsein ein: Ein Anführer behält stets die größeren Zusammenhänge im Auge. Und er vergisst nie, dass ein Menschenleben letztendlich mehr wert ist als selbst die größte Ehre. Noch während Cygfa diese Worte damals gesprochen hatte, hatte Cunomar bereits gewusst, dass sie recht hatte. Denn genauso, wie es Schildkameraden miteinander erging, so war auch das gegenseitige Verständnis zwischen Cunomar und Cygfa etwas ganz Besonderes, etwas, dessen Wesen noch viel tiefer reichte, als Worte jemals vorzudringen vermochten. Mit einem Mal verspürte Cunomar das dringende Bedürfnis, den Kampf sofort zu beenden, seine Schwester zu finden und ihr zu sagen, dass er endlich verstanden hatte.
    Doch dazu blieb nun keine Zeit mehr. Wie Ulla bereits angekündigt hatte, kam bereits eine ganze Kompanie von römischen Veteranen angetrabt. Außerdem hatten die drei Atrebater, die noch immer standhaft die Lücke in der Barrikade zu schützen wussten, den gesamten Keil, zu dem die Jungkrieger sich formiert hatten, niedergemetzelt. Für die sechs verbliebenen Bärinnenkrieger, die sich nun auf der falschen Seite der Barrikade befanden, gab es keinen Ausweg mehr - außer, sie flohen geradewegs nach oben.
    »Hoch da!« Cunomar trat ein Stück zurück, stemmte die Schultern gegen die Barrikade, steckte das Messer in seinen Gürtel und verschränkte die

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