Die Kriegerin der Kelten
Breaca nieder, mit Stone zwischen ihnen. Aus einem Ranzen, den er über eine Schulter geschlungen trug, holte er einen in Nesselblätter eingewickelten Ziegenkäse, einen Wasserschlauch und eine Handvoll Haselnüsse hervor.
Beim Anblick des Käses fühlte Breaca sich prompt wieder in ihre Kindheit versetzt, denn solange sie sich zurückerinnern konnte, hatte ihre Mutter stets ein in Nesselblätter gehülltes Stück Ziegenkäse für sie aufgehoben. »Deine Stadt ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt«, sagte sie. »Wo um alles in der Welt hast du denn diese Sachen aufgestöbert? Hat Airmid sie dir mitgegeben?«
»Du kannst mir ruhig auch ein gewisses Maß an Einfallsreichtum zutrauen.« Theophilus schaffte es, sowohl gekränkt als auch erfreut dreinzuschauen. »Das Hospital hat ein Kellergewölbe, das aus Stein besteht und daher nicht den Flammen zum Opfer gefallen ist. Es war also kein Akt, der von sonderlich großem Genie zeugte, die Nahrungsmittelvorräte in die dort unten befindlichen Erdschränke umzuräumen, als das Kriegsheer der Bodicea anrückte und dabei so eindeutig Feuer und Zerstörung im Sinn hatte. Ich habe auch einen Apfel mitgebracht, wenn du den gerne möchtest? Und eine Salbe für die Brandwunden an deinen Füßen.«
Mitten im Krieg, während andere verbrannte Kuchen aus Hafermehl essen mussten oder auf dünnen Streifen geräucherten Fleisches herumkauten, schwelgten Breaca und Theophilus in einem Festmahl aus Käse und Nüssen und strichen eine heilende Salbe aus zerdrückten Oliven und Beinwell auf ihre Füße.
»Ich komme mir vor wie ein Kind, das vor den brutalen Tatsachen der Schlacht behütet wird«, meinte Breaca.
»Aber nur für diese eine Nacht«, erwiderte Theophilus. Er knabberte an einer Haselnuss, so fein und vorsichtig wie eine Feldmaus. »Morgen früh wirst du wieder genauso kämpfen wie vorher. Oder vielleicht auch anders. Kannst du mir sagen, warum du geweint hast?«
Sie überlegte einen Moment lang, dann sagte sie: »Hier drinnen ist die Vergangenheit einfach zu real.«
»Vielleicht muss das ja so sein.« Theophilus wischte sich die Finger an seinem Gewand ab. »Ich möchte dich hiermit noch einmal fragen: Was bringt dich zum Weinen?«
Es war eine lange Geschichte, und von der Nacht war nicht mehr allzu viel übrig. Die Fackel flackerte in einem neuerlichen Luftzug, und so begann Breaca, obgleich es eigentlich nicht der Anfang ihrer Leidensgeschichte war, ihre Schilderung mit Feuer und Sonnenlicht und der von unvorstellbarem Prunk geprägten Beisetzung des Sonnenhundes.
Nun, da sie laut und mit einem lebenden Zuhörer sprach, war es leichter, den Zauber wieder lebendig werden zu lassen, den Luain mac Calma damals am ersten Tag der Begräbnisfeierlichkeiten mit seinen Goldklumpen heraufbeschworen hatte, die in die weiche Erde über dem Eingang eingelassen worden waren, um die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne einzufangen, und anschließend mit dem wahren Berg von Gold dahinter, der gleißend hell im Licht des Sonnenaufgangs geglänzt hatte, als die Türvorhänge zurückgeschlagen worden waren.
Es fiel ihr auch leichter, sich an den Mann selbst zu erinnern, sich noch einmal seine Züge im Leben und im Tode ins Gedächtnis zurückzurufen, in Gedanken die Linien des wächsernen Gesichts auf der Totenbahre nachzuzeichnen, als der Leichnam hoch in den Himmel emporgehoben wurde, und sich wieder an das Feuer und den Rauch danach zu erinnern, als sie ihn verbrannt hatten, Gerüche, die so ganz anders schienen als das Feuer und der Rauch von Camulodunum.
Breaca sprach auch von Caradoc, dem drittgeborenen Sohn Cunobelins, der nach ihrem Bruder der zweite tragische Verlust gewesen war, den sie erlitten hatte. Und diesmal kam sie schneller auf die Geburt Graines zurück und auf den Verlust von Caradoc und die einsamen Jahre im Anschluss daran, in denen sie im Alleingang Jagd auf den Feind gemacht hatte.
Von ihrer Reise zurück zu den Ländern der Eceni wusste Theophilus bereits, doch nun vertraute Breaca ihm auch jene Teile ihrer Geschichte an, von denen sie bisher noch keinem jemals erzählt hatte: von den von starken Spannungen geprägten Wintern mit Tagos, der unbedingt ein Kind mit ihr zeugen wollte und es doch nicht konnte, es aber trotzdem immer wieder versuchte; von dem Verlust Cunomars und seiner anschließenden Rückkehr; von Tagos’ Tod und dem überraschenden Schmerz, den sie dabei empfunden hatte; von der unerbittlichen Notwendigkeit, ein Kriegsheer
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