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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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aufzustellen und mit entsprechenden Waffen auszurüsten; von dem Prokurator, der alle ihre Anstrengungen, alles, was sie bis dahin bewerkstelligt hatte, um ein Haar wieder zunichte gemacht hätte; von dem Kummer und dem Schmerz um Graine und Cygfa und Cunomar und ihrer Freude über Valerius; bis sie dann schließlich abermals, so wie stets, erneut von Graine zu sprechen begann.
    Der neue Morgen war bereits angebrochen, als die Harzfackel nach einem letzten kurzen Aufflackern schließlich verlöschte und Breaca endlich zur Ruhe kam. Erschöpft legte sie eine Hand über ihre Augen. Nach einer Weile, als ihr einfiel, dass sie ja nicht allein war, sagte sie: »Ich habe dich die ganze Nacht lang vom Schlafen abgehalten. Es tut mir leid.«
    »Das braucht dir nicht leid zu tun.« Theophilus kam näher, um sich vor ihr auf dem Boden niederzulassen. In der Zwischenzeit war der späte Mond aufgegangen und spendete genug Licht, damit sie einigermaßen sehen konnten. Behutsam umfasste Theophilus Breacas Gesicht, neigte es ein wenig dem Mond entgegen und blickte durch ihre Augen hindurch auf das, was in ihrem Inneren lag. »Wie fühlst du dich?«
    Sie fühlte sich noch genauso elend wie zuvor, nein, eigentlich sogar noch schlechter. Ihr Kopf war von einem dumpfen Schmerz erfüllt. Ihre Zunge war bleischwer vom vielen Sprechen. Die Zukunft erschien ihr noch immer ebenso grau, nichtssagend und trostlos wie zu jenem Zeitpunkt, als sie aus dem Fieber erwacht war.
    Krampfhaft bemüht, Theophilus eine Antwort auf seine Frage zu geben, sagte sie: »Ich fürchte mich inzwischen nicht mehr so sehr vor diesem Ort und habe etwas mehr Verständnis für den Mann, der hier zur letzten Ruhe gebettet wurde. Genau wie Eburovic war schließlich auch Cunobelin der Großvater meiner Kinder. Und diese Dinge sind wichtig.«
    Theophilus ergriff ihren Arm, drehte Breaca sanft in das blasse graue Licht des heraufdämmernden Tages und erforschte ihr Gesicht mit seinen Augen und ihren Rücken mit seinen behutsam tastenden Fingern. Anschließend schaute er ihre Zunge an, legte seine Fingerspitzen flach auf ihr Handgelenk und dann an ihren Hals, um das Lied ihres Pulsschlags zu hören. Am Ende der Untersuchung ließ er ihren Arm wieder sinken. Kummer und Enttäuschung ließen ihn mit einem Mal wie einen uralten Mann aussehen.
    Breaca stand verlassen am Eingang der Grabkammer. »Du hast mir doch gesagt, es würde sechs Monate dauern«, sagte sie.
    »Aber dieser Ort hier schien anders zu sein, als ob in seinem Inneren so viel von dem enthalten wäre, was in dir verloren war.« Theophilus trat einen Schritt zurück. »Es tut mir aufrichtig leid. Manchmal muss man alte Wunden wieder aufreißen, damit sie endlich sauber heilen können, aber ich hatte nun wirklich nicht die Absicht, solche Zerstörung in deinem Inneren anzurichten.«
    »Wenn etwas in mir zerstört ist, trage ich selbst die Schuld daran.« Breaca streckte die Arme aus, um den alten Mann zu umarmen, und stellte fest, dass er ebenso steif vor Kälte war wie sie. »Du hast getan, was du konntest. Wenn mir keine Heilung vergönnt ist, ist das nicht deine Schuld.« Sie schenkte Theophilus ein Lächeln, weil er es brauchte, und fügte dann mit aufgesetzter Munterkeit hinzu: »Wir sollten jetzt gehen und uns an den Feuern von Camulodunum wieder ein bisschen aufwärmen. Schließlich müssen wir heute noch einen Tempel erstürmen.«

XXIV
    Der Tote trieb mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Sein Haar wogte um seinen Kopf herum, als wären es die Tentakel einer Seeanemone. Die Farbe seines Schopfes erinnerte an ein schmutziges Gelb, an altes Stroh, was es aber nicht im Geringsten erleichterte, ihn zu identifizieren. Er hätte ein Silurer sein können, ein Freund, dessen Leichnam es verdiente, aus dem Wasser gefischt und dann mit allen ihm gebührenden Ehren in die Obhut Brigas übergeben zu werden. Vielleicht war er aber auch einer der batavischen Kavalleristen gewesen, einer jener strohblonden Römer, von denen es in der Zwanzigsten Legion nur so wimmelte und deren Haupthaar sich als Folge ihres generationenübergreifenden Aufenthalts in den nördlichen Ländern in ein unansehnliches Gelb verwandelt hatte. Auch in letzterem Fall hätte man den Toten aus dem Wasser holen und ihn, wenn schon nicht um seiner selbst willen, so doch aus Respektsbezeugung Corvus gegenüber, ordentlich bestatten müssen. Ließe man Corvus allerdings einmal für einen kurzen Augenblick außer Acht, sprach schließlich nichts mehr

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