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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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von ihnen versuchte, seine Nacktheit vor Graine zu verbergen, und sie stellte fest, dass sie dies auch nicht länger interessierte.
    Unmittelbar vor Graine tanzte Dubornos, erfüllt von einer Lebendigkeit, wie sie sie noch niemals zuvor bei ihm beobachtet hatte. Doch auch Graine schien vollkommen gefangen in jenem Ritual, das den Cornovii heiliger war als alles andere. Sie durchtanzte einen Lebenszyklus nach dem anderen. Sie erlebte das Wachstum jenes winzigen Wesens, das der Hirschbulle der Hirschkuh in den Bauch gepflanzt hatte, fühlte die rasche, glitschige Geburt und erahnte die ersten Schritte dieses Geschöpfes hinein in eine Welt, wo der gehörnte Gott alles neue Leben zum Heiligtum erhob.
    Gefolgt von Efnís, der mit geradezu glühenden Augen durch das Meer der Tanzenden wirbelte, erspürte sie immer wieder den wärmenden Atem der Hirschkuh, fühlte die erste Begegnung des Kalbes mit der Kälte, erahnte seine Empfindungen, als es das erste Mal die Angst kennenlernte, kostete den Geschmack der ersten Milch, der ersten grünen Pflanzen und der Baumrinde im Winter, wenn der Schnee den Waldboden verbarg.
    Dicht neben ihr wirbelte Bellos umher; trotz seiner Blindheit bewegte er sich mit der Trittsicherheit einer Bergziege.
    Graine tanzte und wurde zum Hirsch, erfuhr das Leben und beinahe auch den Tod eines Wesens, das frei war von jeglicher menschlicher Fürsorge, und ertastete damit erstmals ganz sacht das Bewusstsein, das mit einer solchen Existenz einherging.
    Doch Graine war nur eine von Hunderten, und sie alle sprangen und wirbelten in einem großen Kreis um den Mann in der Mitte, den Mann mit der Geweihkrone, jenen Mann, der Hawk war und zugleich auch nicht, und sie tanzten auch um die Frau herum, die Gunovar war und zugleich noch so viel mehr und die ihr Gesicht mit Hawks Blut bemalt hatte.
    Sie tanzten, und der Regen trocknete auf dem Gras, und die Sterne wirbelten regelrecht über das Firmament, fügten sich zu neuen Tierkreiszeichen zusammen, und ein jeder der Tänzer wurde getragen von der Magie der Trommeln und der Hornflöten, bis sie nicht mehr die Eceni waren und die Cornovii und jener einzelne Coritani - Todfeinde auf ewig -, sondern bis sie alle der gleiche Herzschlag zu durchwogen schien, der gleiche Puls, der gleiche Atem. Es war ein Tanz durch das Leben und bis an die Grenze des unausweichlichen Todes. Schließlich war nicht einer mehr unter ihnen, der noch gezögert hätte, sich in jenen Abgrund zu stürzen, den ihr Tanz heraufbeschworen hatte, um dann auf das Geheiß des bereits wartenden Gottes in dessen Arme zu sinken.
    Mit jedem Mal kamen sie diesem Abgrund ein Stückchen näher, wichen dann aber wieder zurück und begannen aufs Neue den Zyklus des Lebens, erlebten die Brunft und das Setzen der Saat und spürten, wie Neid in ihnen aufwallte. Neid auf jenen einen Mann im Zentrum des Kreises, der der Auserwählte war. Allein seine Saat würde bleiben, würde neues Leben hervorbringen, während er selbst in dem Augenblick seiner eigenen Vollendung zu dem Gott emporsteigen dürfte und dafür auch noch bis in alle Ewigkeit verehrt werden würde.
    Plötzlich stieß Graine sich den Zeh. Natürlich war dies keine große Sache, und es passierte auch nur, weil sie mit Abstand die Jüngste und Kleinste unter den Tänzern war. Außerdem war sie doch mittlerweile eine Hirschkuh geworden oder vielleicht auch ein junger Bock, und die Jagd hatte begonnen, sodass sie versuchte, besonders hoch zu springen, um den Hunden zu entkommen, höher noch als Efnís oder Dubornos. Dennoch passierte es während eines solchen Sprungs, dass sie mit leicht verdrehtem Fuß wieder auf dem Boden aufkam, sich dabei den großen Zeh verrenkte und ein stechender Schmerz sie durchzuckte. Humpelnd eilte sie weiter, verlor aber den Rhythmus der anderen und damit beinahe auch den Tanz als Ganzes.
    Und erst in diesem Moment, als sie fast aus dem Zyklus des Lebens hinausgestolpert wäre, erkannte sie voller Entsetzen, welch geradezu hypnotische Macht der Tanz auf sie alle ausübte. Zwar hielt Graine nun nicht einfach inne - damit wäre sie Gefahr gelaufen, von den anderen niedergetrampelt zu werden -, doch der salzige Schweiß auf ihren Lippen war plötzlich nicht mehr der salzige Geschmack der Geburt, und das pochende Herz in ihrer Brust klopfte lediglich vor Erschöpfung, nicht aber von der Anstrengung der Jagd oder der Brunft oder der Nähe des Todes, welche sie soeben noch erfahren hatte.
    Hastig ließ Graine den Blick in der

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