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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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einiges heller und weniger furchteinflößend erscheinen lassen.
    Es war zweifellos eine kleine Herausforderung gewesen, nun die richtige Häsin zu finden. Zugleich aber hatte Graine von Anfang an die unerschütterliche Gewissheit in sich gespürt, dass sie das Tier irgendwann fände. Ohne die Bitte ihrer Mutter auch nur mit einer einzigen Gegenfrage zu erwidern, hatte Graine sich also aus dem Schlaf und den fremdartigen, verworrenen Träumen gelöst und sich lediglich schweigend etwas Wasser ins Gesicht gespritzt. Dann hatte sie ein paar Schlucke von dem gewürzten Getränk getrunken, wobei sie noch diverse andere Nuancen herausgeschmeckt hatte als lediglich die Holunderblüten, und hatte dann das feine Netz ihres Bewusstseins über das Land streifen lassen, bis sie eine junge, kräftige und trächtige Häsin fand. Anschließend war Graine auf genau dieses, bislang nur erspürte, aber noch nicht entdeckte Tier zumarschiert, war irgendwann auf allen vieren vorwärtsgekrochen und zum Schluss nur noch auf dem Bauch über das Gras gerutscht, bis sie die Häsin endlich fast erreicht hatte.
    Breaca hatte ein Fangnetz bei sich gehabt, das sie bereits über zwei kleine Haselnussäste mit weit auseinanderstehenden Zweigenden gespannt hatte. Auf diese Weise konnte das Netz leicht über die Beute geworfen werden und würde sich dann, sobald diese zu fliehen versuchte, sofort um sie herumwickeln. Graine allerdings hatte beschlossen, sich nicht allein auf das Netz verlassen zu wollen, und hatte darum den Weg bis zu dem Tier in ihrem Geiste deutlich markiert und robbte nun, genau an diesen imaginären Pfaden entlang, langsam durch das Gras.
    Doch nicht nur Graine spürte die Häsin, sondern das Tier erspürte auch Graine. Der Augenblick des Einfangens war dann nur noch eine rein physische Angelegenheit, war fast schon vergleichbar mit dem Wiederverknüpfen einer Art Nabelschnur, die sowohl Graine als auch die Häsin hatten wiederfinden wollen, nur dass bis zu diesem Augenblick keine von beiden so recht gewusst hatte, wie genau dies zu schaffen sei. Angst und Hoffnung prallten aufeinander. Die Angst des Tieres war auch Graines Angst, ihre Hoffnung war seine Hoffnung und schließlich die Gewissheit, sicher und geborgen zu sein. Mit klarem Singsang sandte Graine der Häsin im Geiste diese Nachricht, und mit silbrig hellen Noten antwortete das Tier, mit einer Stimme, die so rein war wie das Lied des Mondes.
    Dieser prangte unterdessen alt und scharf umrissen über ihnen am Himmel und wurde langsam immer blasser, war jedoch noch deutlich zu erkennen in seiner Flucht vor der Sonne. Jeder auf seine Weise und doch beide im Gleichklang miteinander tasteten die Häsin und das Kind Nemains nach diesem Gott am Himmel und schufen somit ein gedankliches Dreieck, das, einmal geknüpft, nicht mehr zerrissen werden durfte.
    Dicht presste der Hase, gefangen in seinem Netz, sich an den Boden, legte die Ohren an den Hinterkopf und sang mit feiner, nur im Geiste hörbarer Stimme. Auch Graine sang, kroch dabei stetig weiter vorwärts und nahm den Hasen auf. Fast schon wie ein Heiligtum drückte sie das warme Tier gegen ihre Haut, Herzschlag an Herzschlag, Atem an Atem, Seele an Seele. Nichts schien Mensch und Tier noch voneinander zu trennen - bis auf den Mond.
    Geraume Zeit später erhob Graine sich wieder und stapfte durch das trocknende Gras auf ihre Mutter zu, die stumm und mit würdevoller Haltung die Sonne in diesem Ritual symbolisierte. Dann befahl sie durch einen scharfen Pfiff Stone zu sich heran und führte Graine schließlich zurück in jenes Lager, wo Krieger, die im Augenblick noch nicht einmal erahnten, welcher geheimnisvolle Bund soeben geschlossen worden war, lauthals ihre Kampflieder sangen und sich das Haar flochten. Die rasselnden Schädeltrommeln der Bärinnenkrieger waren unterdessen endlich verhallt.
    Airmid erwartete sie bereits mit einem hirschledernen Beutel, in den die Häsin gesteckt wurde, und setzte sich dann gemeinsam mit Graine neben die letzten Holzkohlen von Braints Scheiterhaufen. Gemeinsam erzählten sie dem Tier in ihrem Lied von einer schon ewig zurückliegenden Schlacht zwischen den Ahnen und den Adlern. Einer Schlacht, die sich bereits ereignet hatte, als die Welt noch jung war.
    Irgendwann kam auch Bellos und hockte sich neben Graine. Sie brauchte ihm gar nichts zu erzählen von ihrem seltsamen Empfinden, mit einem Mal wie durch ein Paar neuer Augen zu schauen und bisher ungekannte Farben in der Welt entdeckt zu

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