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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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dann sind Gold oder die Eide gegenüber den Legionen so viel wie nichts dagegen. Auch mein Vorfahr war den Legionen eidlich verpflichtet. Er wird aber nicht als Verräter behandelt, wenn wir in unseren Winterunterkünften zusammensitzen und uns Geschichten erzählen, sondern als jemand, dem es gelang, die Römer zu überlisten. Ich bin alt. Ich habe einfach schon zu viele Schlachten mitgemacht. Jeden Winter fürchte ich mich vor dem Lungenfieber und dem Verlust weiterer Zähne und dem langsamen Zerfall eines Körpers, der schon zu lange überdauert hat. Seit den vergangenen fünf Jahren bete ich jedes Jahr zur Sommersonnenwende zu den Pferdegöttern, dass sie mir eine letzte ruhmreiche Schlacht schicken mögen, durch die mein Name in die Geschichte eingehen wird, auf dass man auch mich eines Tages einmal in einem Atemzuge mit den großen Helden nennen wird. Dieses Jahr nun haben sie mein Flehen endlich erhört. Sie haben mir dich geschickt.«
    Dicke Tränen standen in den Augen des alten Mannes, während er sprach. Mit einer außerordentlichen Würde sagte er zu Valerius: »Ich bitte dich hiermit aus dem tiefsten Grunde meines Herzens - lass mich mit dir kommen, damit ich mich an dem, was du planst, beteiligen kann.«
    Schweigend hob Valerius einen Strohhalm vom Boden auf, strich ihn glatt und faltete ihn dann wieder und wieder in der Mitte zusammen. Während er eingehend das Ergebnis betrachtete, statt den alten Mann ihm gegenüber anzusehen, erklärte er: »Ich bin nicht Arminius, und wir sind hier auch nicht am Rhein. Ich habe eine dringende Nachricht aus Camulodunum überbracht, in der eine bestimmte Marschroute empfohlen wird. Nähme der Legat diese Route, so könnte er die Stadt noch rechtzeitig erreichen, um sie zu befreien. Folglich werde ich, falls und wenn dies von mir verlangt wird, Petillius Cerialis und so viele Kohorten der Neunten, wie er derart kurzfristig aufbieten kann, den Steinernen Pfad der Ahnen hinunter zu dem Ort führen, wo vor zwei Nächten der Wachturm in Brand gesteckt wurde. Dieser Pfad verläuft ungefähr einen halben Tagesritt weit zwischen dem Wald und der Marsch. Wenn der Legat so dumm ist, seine Männer ohne adäquaten Schutz dort entlangmarschieren zu lassen, und wenn die Eceni-Krieger, verstärkt durch die Bärinnenkrieger und die frisch vereidigten Speerkämpfer, dort irgendwo auf der Lauer liegen, kann es in der Tat gut sein, dass die Neunte Legion auf die gleiche Weise vernichtet wird, wie der Cousin deines Urgroßvaters einst Augustus’ drei Legionen vernichtete.«
    Erst da hob Valerius den Blick, um den anderen Mann anzuschauen und das Bedauern in den grauen Augen seines Gegenübers zu sehen, das noch andere, komplexere Empfindungen überlagerte. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dafür zu sorgen, dass das geschieht. Schließlich steht die Zukunft dieses Landes auf dem Spiel und alles, was danach kommt, für alle Generationen. Deshalb kann und werde ich nicht zulassen, dass ein alter Mann - selbst einer, der mich zu Recht Bruder nennt - das Ganze in Gefahr bringt.«
    »Bin ich in Gefahr?«
    »Durchaus möglich. Wenn du mitkommst, wird auch der gesamte Flügel der Bataver mit dir kommen. Und was glaubst du, wie viele von denen dir wohl zustimmen werden in deiner Ansicht, dass ihr Schwur, den Legionen zu dienen, nichts ist im Vergleich zu einem ruhmreichen Tod in der Schlacht?«
    Es trat ein langer Moment des Schweigens ein, während Civilis sich die Worte des jüngeren Mannes durch den Kopf gehen ließ. Schließlich aber sagte er: »Folge mir.«
    Gelenke knackten, als der alte Mann sich mühsam von dem Wassertrog erhob und sich aufrichtete. Er ging an der langen Reihe von Pferden entlang zu jener Box, in der der weißbeinige Abkömmling von Krähe untergebracht war. Bei Civilis legte das Tier nicht schreckhaft die Ohren an, und es unternahm auch keinerlei Versuch, ihn zu beißen. Er nahm ein weiches Lederseil von einem Haken und verflocht es geschickt zu einem Halfter. Gehorsam senkte das Pferd den Kopf und ließ sich das Halfter von ihm über die Ohren streifen.
    Die Liebe, mit welcher der alte Mann mit seinen gichtverkrümmten Händen über den Kopf des Tieres strich, wurde ohne jede Scham offenbart.
    Nach einer Weile sagte er mit rauer, gepresst klingender Stimme: »Die batavischen Schwadronen werden in jedem Fall mit der Neunten reiten, ganz gleich, ob ich mich dir nun anschließe oder nicht. Du hast vollkommen recht, ich bin alt und sie verehren mich,

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