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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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lang geschah nichts, dann auf einmal durchfuhr sie ein elektrischer Schlag. Felix war plötzlich doppelt so groß wie zuvor. Laura fühlte vier Hufe unter sich, ihr Blickwinkel verschob sich, alles fühlte sich fremd an. Ihr Bewusstsein reagierte mit Panik. Sie machte einen Satz in die Luft und trat mit den Hinterläufen aus. Felix machte einen Satz zur Seite, Spyridon und Yevgenji fluchten laut. Nur Naburo blieb ruhig stehen. Aus braunen Augen musterte er die anderen, seine langen Ohren stellten sich auf. Seine Wolle war so weiß, dass sie im Sonnenlicht zu leuchten schien.
    Er war ein Schaf. Sie alle waren Schafe.
    Die Desorientierung ließ nach, Laura beruhigte sich. Wie Arun angekündigt hatte, fühlte sie sich nicht wie ein Schaf, sie sah nur aus wie eines. Spyridon und Yevgenji trabten heran, blieben neben ihr stehen. Sie waren etwas größer als sie und hatten Hörner, ebenso wie der General.
    »So ein blödsinniger Plan«, sagte Naburo. Seine Stimme klang merkwürdig gepresst, fast so, als hätte er Helium eingeatmet.
    Felix prustete los. Laura drehte sich auf ihren vier Beinen ungeschickt um und sah, wie er sich krümmte und den Bauch hielt. Er lachte, bis ihm die Tränen über die Wangen liefen und sein Kopf rot anlief. Einige Male setzte er zu einer Erklärung an, aber es kamen keine Worte, nur Gelächter.
    »Ich kann nicht mehr«, stöhnte er nach einer Weile. »Ihr seht so bescheuert aus.«
    Spyridon und Yevgenji lachten nun ebenfalls. Der Klang ihrer gepressten Stimmen reichte aus, um selbst Laura die Fassung zu rauben. Nur Naburo stand ernst und reglos zwischen ihnen.
    »Der Zauber hält nicht ewig«, sagte er über das Gelächter hinweg. »Ich schlage vor, dass wir aufbrechen, wenn sich alle beruhigt haben.«
    Lauras Zwerchfell schmerzte. Sie versuchte, sich zusammenzureißen, aber ein Blick in die Schafsgesichter ihrer Begleiter ließ sie erneut losprusten. Es war eine Art Galgenhumor, das war ihr klar, die Hysterie vor einer Mission, deren Erfolgsaussichten alles andere als gut waren. Aber es schweißte die Gruppe auch zusammen, und, was ihr noch wichtiger erschien, das Gelächter nahm Felix die Nervosität.
    Irgendwann beruhigte sie sich, ebenso wie die anderen. »Dann los«, sagte sie, bevor Felix’ Selbstzweifel zurückkehren konnten. Unsicher wie ein Lämmchen stakste sie den Hügel hinab. Der Rest der kleinen Gruppe folgte ihr.
    Die gute Laune verflog, als sie sich dem Palast näherten. Felix ging nun hinter ihnen und trieb sie ab und zu mit kurzen Befehlen an. Die echsenköpfigen Soldaten hatten sie längst bemerkt, doch die meisten ignorierten das, was für sie wie ein Knecht mit einigen Schafen aussah, und konzentrierten sich auf ihre Schwertübungen. Nur die beiden Torwachen stützten sich auf ihre Speere und sahen ihnen entgegen.
    »Vergiss nicht, was du zu sagen hast«, flüsterte Naburo. Laura wäre ihm am liebsten über den Mund gefahren. Natürlich wusste Felix, was der Plan von ihm verlangte. Sie hatten alles mit ihm durchgesprochen.
    »Keine Sorge, das werde ich nicht.« Die Nervosität kroch in seine Stimme zurück.
    Laura wollte sich zu ihm umdrehen, um ihn zu beruhigen, aber sie waren den Wachen bereits zu nahe.
    »Halt!«, rief einer der Echsenköpfigen. Er klang gelangweilt. »Was willst du?«
    Felix blieb stehen. »Tribut zahlen, Herr. Bauer Iphemos schickt mich.«
    Er hielt sich mit einer Hand an seinem Stab fest, die andere zitterte so sehr, dass er sie zur Faust ballen und hinter dem Rücken verstecken musste.
    Die beiden Wachen sahen sich kurz an. Der Rechte, dem ein Auge fehlte, hob die Schultern. »Noch nie gehört.«
    »Er lebt einen halben Tagesmarsch südlich von hier in dem Dorf direkt am See. Ihr habt ihn bestimmt schon mal gesehen. Größer als ich, grauer Bart ...«
    Felix brach ab, als der Einäugige eine unwirsche Handbewegung machte. »Das interessiert mich nicht. Was ich wissen will, ist, wieso dieser Bauer unserem Herrscher Tribut zahlen will, obwohl der Steuereintreiber erst vor ein paar Wochen die Dörfer abgeritten hat.«
    Mist, dachte Laura. Das hatte Veda anscheinend nicht gewusst. Sie sah sich um, während sie den Kopf unten hielt und so tat, als würde sie grasen. Das große, zweigeteilte Tor war geschlossen, die Zinnen der Mauern und die Türme waren mit Bogenschützen bemannt, als erwarte Alberich jederzeit einen Angriff. Wenn die Wachen misstrauisch wurden, reichte ein Befehl von ihnen, um Felix, sie und die anderen zu töten. Pfeile flogen

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