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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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schneller, als Menschen und Schafe laufen konnten.
    »Der Bauer sagte, Steuereintreiber Udon wisse schon Bescheid.« Felix fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die beiden Wachen warfen sich kurze Blicke zu.
    »Hat er das gesagt?«, entgegnete der Einäugige, aber es klang nicht wie eine Frage, eher wie eine Erkenntnis. Er trat einen Schritt vor. Felix wich unwillkürlich zurück und wäre beinahe gegen Spyridon geprallt.
    »Dann wirst du jetzt Udon etwas von mir ausrichten, von Haznet, dem Speerträger.« Das harte Schuppengesicht der Echse ließ keine Mimik zu. »Sag ihm, dass die Torwachen einen Anteil wollen von dem, was er an den Schatztruhen unseres gütigen Königs vorbeischmuggelt. Er soll heute Abend in mein Quartier kommen.«
    Felix duckte sich unter seinen Worten. »Ich bin nur ein einfacher Mann, Herr. Ich will keinen Ärger.«
    »Den Ärger kriegst du aber, wenn du nicht tust, was wir verlangen«, sagte nun der zweite Soldat. »Kannst dich bei deinem Bauern dafür bedanken, der so blöd ist, den Steuereintreiber unter unserer Nase bestechen zu wollen.«
    »Ohne uns etwas abzugeben«, fügte Haznet hinzu. Seine gespaltene Zunge schoss kurz aus seinem Mund, wahrscheinlich seine Art zu lächeln. Er trat zurück und hob den Speer. »Macht das kleine Tor auf!«, rief er den Schützen auf den Zinnen zu. Laura hörte, wie Riegel zurückgezogen und Schlösser geöffnet wurden, dann zog jemand eine Tür im Turm neben dem Haupttor auf.
    »Nun geh!«, sagte der Einäugige. »Und vergiss nicht, dass ich Haznet heiße.«
    »Ich denke daran, Herr. Danke, Herr.«
    Felix pfiff, als wolle er einen Hund zu sich befehlen, und seine Herde setzte sich in Bewegung. Laura ging als Erste durch die Tür, die anderen folgten ihr. Auf dem großen Hof sah sie weitere Soldaten, auch hier wurde für den Kampf geübt. Weder sie noch Felix waren zum ersten Mal im Palast Morgenröte, deshalb wussten sie, welche Richtung sie einschlagen mussten. Trotzdem hielt Felix an und fragte nach dem Weg zur Küche. Eine Echse ignorierte ihn, aber von der zweiten erhielt er eine Wegbeschreibung.
    »Sieht einfach besser aus«, sagte er leise, als sie an den exerzierenden Soldaten vorbeigingen. »Woher soll ein Knecht sich im Palast auskennen?«
    »Du hast verdammt gut improvisiert«, gab Laura ebenso leise zurück, ohne den Kopf zu heben. »Naburo hätte das nicht gekonnt.«
    Der General schnaubte wie ein Hammel. Felix beschleunigte seine Schritte. Obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte, war sie sich sicher, dass er lächelte.
    Die Küchen lagen im hinteren Teil des Hauptgebäudes. Je weiter sie sich vom Hof entfernten, desto weniger Soldaten sahen sie. Niemand beachtete den Schäfer mit seinen Tieren, die Echsen standen herum und redeten, die Diener und Sklaven eilten geduckt von einem Gebäude zum nächsten. Es roch nach Eintopf. Aus den Schornsteinen stieg heller Rauch in den Himmel. Anscheinend wurde das Essen für die Soldaten vorbereitet; das erklärte die Geschäftigkeit der Diener.
    Laura war das recht. Je mehr die Bewohner des Palastes zu tun hatten, desto weniger würde man auf einen Fremden achten. Nicht weit entfernt vom Zellentrakt stießen sie auf eine schmale, offene Tür. Laura sah den dunklen Gang, der dahinter lag, und ging vorsichtig einige Schritte hinein. Ihre Hinterläufe stolperten über den Absatz, das Laufen auf vier Beinen bereitete ihr nach wie vor Probleme. In dem Gang war es ruhig, nur aus einem Raum zu ihrer Rechten, dessen Tür angelehnt war, hörte sie das Klappern von Geschirr und plätscherndes Wasser. Anscheinend wurde dort gespült.
    Laura drehte den Kopf und nickte den anderen zu. Felix’ Mundwinkel zuckten gefährlich, so als könne er sich das Lachen kaum verbeißen, aber er riss sich zusammen. Naburo und die Ewigen Todfeinde folgten ihm.
    Ihre Hufe verhinderten, dass sie sich lautlos bewegen konnten, aber Laura hoffte, dass das Wasserplätschern alle anderen Geräusche übertönte. Und wenn nicht, würde Felix einen Ausweg finden. Er hatte sie mit seiner Geistesgegenwart überrascht. Vielleicht war er auf dieser Reise wirklich nicht der Ballast, den alle befürchtet hatten.
    Rasch liefen sie an der angelehnten Tür vorbei. Das Klappern setzte einen Moment aus, und Laura befürchtete schon, jemand würde den Kopf in den Gang strecken, aber dann ging es weiter. Sie atmete auf.
    Der Gang führte tiefer in den Palast hinein. Sie hörten keine Geräusche mehr und begegneten auch niemandem. Irgendwann blieb

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