Die Kristallhexe
auszudiskutieren, was bereits feststand, hatten sie so sehr provoziert, dass sich all der Frust der letzten Zeit entladen hatte. Sie fühlte sich besser, wenn sie einmal von dem nagenden schlechten Gewissen absah. Wie es ihm ging, wollte sie lieber nicht wissen.
Die Sonne ging bereits unter, ihre Kabine lag im Halbdunkel. Laura zündete weder Öllampe noch Kerze an, sondern ließ sich angezogen auf ihre Koje fallen. Nur die Schuhe trat sie weg. Sie fielen polternd auf den Holzboden. Dann verschränkte sie die Arme hinter dem Kopf und starrte die Decke an.
Langsam begriff sie, wie gefährlich die Reise war, auf die sie sich begab. Selbst der sonst so optimistisch und gut gelaunt wirkende Arun hatte seine Besorgnis kaum verbergen können. Weshalb sonst hatte er darauf bestanden, dass sie gleich drei Krieger mitnahm? Dass Felix darauf bestanden hatte, mitzukommen, machte die Aufgabe nicht leichter, denn Laura wusste, dass sie alles tun würde, um zu verhindern, dass Luca und Sandra auch der Vater genommen wurde.
Wir wissen nicht, ob Angela tot ist, wies sie sich selbst zurecht. Denke nicht an sie, als ob sie es wäre.
Doch der Gedanke ließ sich nur schwer abschütteln. Für Alberich war nur sein Leben von Bedeutung. Alle anderen zählten nicht.
Es klopfte. Laura wusste, wer vor der Tür stand, noch bevor Milt fragte: »Kann ich reinkommen?«
Sie zögerte, sagte dann aber doch: »Ja.«
Er öffnete die Tür. Es war so dunkel, dass sie außer seinen Umrissen kaum etwas erkennen konnte. Milt blieb im Türrahmen stehen, wartete wohl, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. »Soll ich eine Lampe anmachen?«
»Nein, ich wollte schlafen.«
Er tastete sich vor. Es polterte, als er gegen einen ihrer Schuhe trat. Laura hätte beinahe gelacht, als sie ihn mit den Armen rudernd um sein Gleichgewicht kämpfen sah.
»Hast du hier Fallen aufgestellt?«, fragte er.
Sie konnte ihr Lachen nicht mehr länger zurückhalten. »Nein, aber da müsste noch ein zweiter Schuh liegen.«
»Den finde ich bestimmt.«
Er erreichte die Koje ohne weiteren Zwischenfall. Laura spürte seine Unsicherheit, als er davor stehen blieb. Sie stemmte sich auf die Ellenbogen. »Du kannst dich setzen, wenn du möchtest.«
»Kommt drauf an, wie die Unterhaltung läuft.«
Touché, dachte Laura. »Bestimmt besser als in der Hütte«, sagte sie. »Ich werde dich nicht erneut feige nennen, denn das bist du nicht.«
Sie wartete auf seine Antwort, aber er schwieg.
»Und was wirst du nicht noch einmal sagen?«, fragte sie nach einem Moment.
Milt kratzte sich am Kopf. »Um ehrlich zu sein, habe ich jedes Wort so gemeint.«
»Oh.«
Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Einen Moment lang wollte sie ihn rauswerfen, aber er kam ihr zuvor, in dem er sich auf den Kojenrand setzte.
»Du hast dich verändert«, sagte er. »In letzter Zeit bist du härter geworden. Du nimmst weniger Rücksicht auf andere ... auf mich.«
»Das stimmt nicht.«
»Wirklich nicht? Denk doch nur an den Aufstieg zur Festung der Assassinen. Als ich nicht mehr konnte, hast du mich einfach zurückgelassen und dein Ding durchgezogen.«
Nur die ruhige Art, mit der er sprach, hielt Laura davon ab, wütend zu werden. »Ich habe den Dolch zurückgeholt. Das war wichtiger, als auf dich zu warten.«
»Genau das meine ich. Du setzt dir ein Ziel, und wenn die, die mit dir auf die Reise gehen, zu schwach sind, es zu erreichen, gehst du eben allein weiter. Die Laura von früher wäre bei mir geblieben.«
Aber es ging um den Dolch, und dir drohte doch keine Gefahr, wollte sie entgegnen, schwieg dann jedoch. Was er sagte, stimmte. Sie hatte sich verändert, die Frage war nur, ob zum Besseren oder Schlechteren.
»Du hast recht«, sagte sie schließlich, »aber manche Veränderungen sind nötig, ob man sie will oder nicht.«
»Hast du sie gewollt?«
»Ich glaube schon. Es hat mir einfach gereicht, immer diejenige zu sein, die zurückstecken muss, die nicht erreicht, was sie sich vornimmt, weil sie auf andere hört, die grundsätzlich Pech hat, egal, was sie anfasst.« Sie setzte sich auf und ergriff Milts Hand. »Ich will das nicht mehr sein, und gerade hier kann ich es auch nicht mehr sein.«
Er strich mit seiner freien Hand über ihr Haar. »Das Schicksal von uns allen ruht nicht allein auf deinen Schultern. Ich bin hier und Jack, Finn, die Sucher, die ...«
»Ich weiß, wie verrückt sich das anhört, aber ich glaube, dass du unrecht hast. Es ruht auf meinen Schultern,
Weitere Kostenlose Bücher